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"Gorleben bebt" erfolgreich zu Ende gebracht
vonEine Idee entsteht...
Am 21.4., auf dem Gedelitzer Treffen, zu dem norddeutsche AtomkraftgegenerInnen regelmäßig zusammenkommen, stand es fest: Seit dem 12.4. sind für die Castortransporte (mit hochradioaktiven Brennelementen) alle gerichtlichen Hürden übersprungen, da das OVG Lüneburg die Einlagerungsgenehmigung erteilte hat. Es war klar: Die Situation ist so ernst wie nie zuvor: Grünes Licht für das Endlager, für die Pilotkonditionierungsanlage, die zum Zerschneiden und zur endlagerungsfähigen Verpackung bestimmt ist, und die fast täglich rollenden Faßtransporte ins Zwischenlager ergänzen das Bild. Doch bis der Castor kommt, könnte es evt. (glücklicherweise) noch Wochen dauern. Um nicht immer nur zu reagieren und schon damals sofort unseren Widerstand zu artikulieren, entstand das Blockadekonzept:" Eskalierende Blockade - Gorleben bebt". Der Begriff "eskalierend" schuf zuerst Unruhe unter denjenigen Gruppen, die um Unterstützung gebeten wurden. Doch klärten sich die Unstimmigkeiten auf, als wir es schafften deutlich zu machen, daß es um eine Neubewertung des Begriffs geht: Mit Eskalation war eine immer größer werdende Anzahl von Gruppen gemeint und nicht eine Steigerung in der Wahl der Mittel, mit denen wir uns zur Wehr setzen wollten.
Wir wollten versuchen, Gruppen aus der gesamten BRD und DDR anzusprechen, die bisher nicht am Thema "Atom", dafür aber an anderen politischen Themen gearbeitet haben. Menschen, die auf Grund ihrer beruflichen/familiären oder geographischen Situation nicht in eine Telefonkette eingebunden waren. Wir wollten diese "neuen" Gruppen dazu bewegen, Teile ihres Alltages vor den Atomanlagen darzustellen. "AkrobatInnen, Zauberer Hexen verwandeln das Zwischenlager in ein Märchenschloss", hieß es in unserem Flugblatt. Das ist uns leider nicht gelungen, doch haben sich seit der Auftaktblockade am 7.5. bis zum 5.9.90 ca. 2000 Menschen, die in mehr als 25 Gruppen organsiert waren, an den Blockaden beteiligt. Darunter HandwerkerInnen, Holzfäller, klassische MusikerInnen der "Lebenslaute", Quäker, DDR-BürgerInnen, Anti-Atomgruppen aus Göttingen, Brokdorf, Heidelberg, japanische MusikerInnen, Biobauern Familien aus Tschernobyl und dem Wendland, die Ini 60 (eine Gruppe von Seniorinnen), sowie viele Leute aus dem Wendland.
Abschluß der eskalierenden Blockade
Nachdem wir 16 Montage erfolgreich das Zwischenlager und die Einfahrt zur PKA blockiert hatten, war es an der Zeit, diese Aktion zu einem Abschluß zu bringen. Wir nahmen den 7. Jahrestag der erfolgreichen Verhinderung der Castor-Transporte zum Anlaß, vom 3.-5.9. täglich von 6-18 Uhr zu blockieren. Zu dieser Blockade reisten noch einmal 50 AtomkraftgegnerInnen an, die an einem Widerstandcamp in Gedelitz teilnahmen. Dazu kam wendländische Unterstützung, so daß wir meist zwischen 75 und 100 Menschen waren. Weniger als erwartet, doch trotzdem genug, um beide Tore dicht zu machen.
Presseecho
Die Presseresonanz in der lokalen Elbe-Jeetzel-Zeitung bewegte sich zwischen einem verharmlosenden: "Die Störer störten kaum" (1. Blockade), über "Familienblockade mit Spiel und Gesang", "Kammermusik gegen Kernkraft" bis zu "Unterrichtsstunde vor dem Zwischenlager". Die überregionale Presse, wie Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung, wiesen in Abständen in kurzen Meldungen auf "Gorleben bebt" hin, Radio "ffn" und der "NDR" bringen montags kurze Meldungen; besonders interessiert zeigt sich "Radio Dreyeckland" und dpa. Während der Abschlußblockade filmten ZDF und RTL.
Aktuelle Situation in Gorleben
Während unserer Blockademontage hat sich einiges geändert: Rot-Grün ist in Hannover angetreten, mit dem hohen Ziel des Ausstiegs aus Gorleben. Chancen gibt es nur für den Stop des Endlager, da dies unter Bergbaurecht genehmigt worden ist, das unter Landesautorität und nicht wie das Atomgesetz unter Bundesrecht fällt. Deutlich wird auch, daß ein möglicher Castortransport mit weniger brutaler Gewalt der Polizei durchgesetzt werden wird, wenn er denn wirklich durchgeführt wird. Seit einiger Zeit gibt es nur seltene Faßtransporte in das Zwischenlager.
Für die Zeit nach dem 24. September ist der Abtransport von Fässern aus dem Transnuklear-Skandal geplant. Diese 1290 Fässer sollen zur GNS nach Duisburg, wo die Fässer geprüft und umkonditioniert werden sollen,
Fortsetzung Artikel Tempel
oder zur Kernforschungsanlage nach Jülich oder Karlsruhe, wo insbesondere die 302 Mol-Fässer behandelt werden.
Diesem Atommülltourismus werden die örtlichen Initiativen nicht tatenlos zusehen. Deswegen sind für die Zeit der Transporte viele Menschen bereit, mit Blockaden Widerstand zu leisten.