Andreas Buros Wirkungskreise

Gründung der Weltfriedensbrigade

von Helga Tempel

Im Sommer des Jahres 1961 kam beim Triennial der War Resisters' International die Idee auf, die Gründung einer Weltfriedensbrigade anzustreben, um gewaltfrei in Konflikte durch persönliche Präsenz und Vermittlung eingreifen zu können. Andreas Buro und ich, damals beide noch sehr jung, aber doch bereits erfahren im Bereich der deutschen und internationalen Friedensarbeit, wurden zu der mehrtägigen Gründungskonferenz Ende des Jahres 1961 nach Beirut delegiert. Durch die internationale Zusammensetzung erhielt die fröhliche Feier zum Jahreswechsel einen besonderen Charakter und war geprägt von Hoffnung und Aufbruchstimmung.

Die Initiative zu der Gründungsversammlung ging vor allem vom A.J. Muste, dem amerikanischen Quäker und hochgeachteten Friedensarbeiter aus. Im Ringen um Struktur  und  konkrete Projekte der neuen Organisation lernten Andreas und ich  weitere führende Persönlichkeiten der weltweiten gewaltfreien Bewegung  kennen – und waren beeindruckt. Etwa 60 Delegierte, darunter nur sehr wenige Frauen, waren der Einladung gefolgt. Andreas und ich gehörten zu den jüngsten Teilnehmern; dennoch fanden wir mit unseren oft kritischen Nachfragen oder gar Einwänden Gehör im Plenum und in den Arbeitsgruppen. Wir waren uns meist einig in dem, was uns wichtig war – und dem, was nicht sein sollte, wie etwa hierarchische Strukturen oder Abhängigkeit von Regierungen. 

In den ersten Tagen des neuen Jahres 1962 wurde dann die „World Peace Brigade for Non-Violent Action“ gegründet. Einer Leitungsgruppe, bestehend aus A.J. Muste, Michael Scott  und Narayan Desai, wurde ein Internationaler Rat an die Seite gestellt, dem ich angehörte. Dass hier Menschen die Verantwortung übertragen bekamen, die bereits im eigenen Land in hervorgehobener Weise in Friedensorganisationen tätig waren, erwies sich nachträglich als erschwerend für die Weiterarbeit.  Die praktische Projektarbeit kam daher aus Mangel an finanziellen und personellen Resourcen niemals recht zum Tragen. Erst 2o Jahre später wurde dann mit der Gründung der Peace Brigades International ein neuer, diesmal erfolgreicher Versuch gestartet.

Ich erinnere an diese Zeit zusammen mit Andreas nicht nur wegen der Konferenztage, in denen wir kooperativ an der Diskussion mitwirkten, sondern weil wir anschließend die Schönheiten und Besonderheiten des damals noch weitgehend friedlichen Nahen Ostens miteinander erleben konnten. In erinnere mich an ein abendliches Meze-Essen, den Besuch in den Tempeln von Baalbek und der Großen Moschee von Damaskus, vor allem aber an die Besichtigung der biblischen Stätten wie Jericho oder Bethlehem. Ich erlebte sein Interesse und seine Freude an der einmaligen Kultur und Geschichte der besuchten Orte und freute mich an seiner Offenheit in persönlichen Gesprächen.

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