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HCA: Woher die Waffen kommen
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Der Nachschub an Waffen scheint in Ex-Jugoslawien ein viel geringeres Problem als die Versorgung mit Lebensmitteln und Heizmaterial zu sein. Zumindest in Kroatien scheint Deutschland fleißig mitzurüsten, wenngleich Belege für offizielle Waffenverkäufe weiterhin fehlen.
Jugoslawische Quellen
Titos Jugoslawien hatte lange Zeit eine Militärdoktrine, die auf den Guerilla-Erfahrungen der kommunistischen Partisanen beruhte. Dieser Doktrine entsprechend, hätte sich die Jugoslawische Volksarmee in dem Falle eines Angriffs auf Jugoslawien in die zentrale jugoslawische Republik Bosnien-Herzegowina zurückgezogen, um dort einen Guerilla-Krieg zu führen. Daher befindet sich ein Großteil (60-70%) der Militärindustrie und die Mehrzahl der militärischen Ausrüstung und Lager in den Berggegenden Bosnien-Herzegowinas; gewöhnlich in Naturhöhlen oder Tunneln. Dies geschah eher nach Maßgabe der natürlichen Bedingungen des Terrains als nach dem ethnischen Prinzip, da die kommunistischen Generäle an ihren eigenen Slogan "Brüderschaft und Einheit" glaubten.
Im heutigen Bosnien-Herzegowina, wo drei Seiten einander bekämpfen, stellte es sich heraus, daß die Waffenlager mit fertigen Waffen, Munition und Öl in den ländlichen Gebieten liegen, die hauptsächlich durch Serben und Kroaten kontrolliert werden, während die Rüstungsindustrie in den kleinen Bergstädten liegt, die meist durch die Moslems kontrolliert werden.
Hauptquellen für Waffen und anderen militärischen Nachschub in Bosnien-Herzegowina sind zum einen diese Waffenlager, die aus der immer noch arbeitenden Rüstungsindustrie gefüllt werden, und zum anderen Armeeausrüstung, die von der Jugoslawischen Volksarmee zurückgelassen oder erobert wurde, als sich diese offiziell nach Serbien und Montenegro zurückzog.
Ausländische Quellen
Viele Waffen kommen nach Bosnien-Herzegowina von benachbarten ex-jugoslawischen Republiken (Serbien, Kroatien, Montenegro und Slowenien) durch serbische oder kroatisch / moslemische Korridore.
Kroatien bewaffnet in erster Linie die HVO ("Kroatisches Verteidigungskomitee") und HOS ("Kroatische Befreiungskräfte"- Ustasha, d.Red.)- Truppen in Bosnien-Herzegowina, aber auch, wenn sie es für nötig halten, die moslemischen Einheiten, mit denen sie zusammenarbeiten. Daneben hat Kroatien ungefähr 40-50.000 Mann seiner regulären Truppen mit moderner westdeutscher Ausrüstung (einschließlich Panther-1, Armbrust-Antipanzergeschütze, Stinger-Luftabwehrraketen, 205 mm Howitzers etc.) ausgerüstet. Es ist bekannt, daß diese Waffen nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina entweder durch Österreich und Ungarn oder per See nach Rijeka, Split und Ploce gelangten.
Die Serbische Republik in Bosnien-Herzegowina besitzt ziemlich viele Waffen, einschließlich T-55 Panzern, weitreichender Artillerie, ballistischen Geschossen mittlerer und langer Reichweite, Luftabwehrgeschützen, Hubschraubern und ein paar Flugzeuge einschließlich, vermutlich, MIG 21, die ihnen von der Jugoslawischen Volksarmee zurückgelassen wurden. Es wird angenommen, daß die bosnischen Serben genug Waffenvorräte haben, so daß nur Öl oder Ersatzteile durch den serbischen Korridor ins Land gebracht werden müssen.
Die moslemischen Einheiten sind die am schlechtesten ausgerüsteten. Aber dies ändert sich schnell, teilweise weil Waffen aus islamischen Ländern (Türkei, Golf-Emirate, Saudi Arabien, Iran, Pakistan etc.) über die kroatischen Häfen Split und Ploce ins Land und dann durch Korridore durch das kroatische Herceg-Bosna (der kroatisch kontrollierte Teil Bosnien-Herzegowinas, die Red.) transportiert werden.
Wie die Waffen verteilt sind
Alle drei nationalen Parteien (die moslemische SDA, die serbische SDS und die kroatische HDZ) haben sich in Bosnien-Herzegowina auf diesen Krieg vorbereitet. In diesem Rahmen wurde "verlässlichen Personen" (sprich: eifrigen Nationalisten) automatische Gewehre, Handgranaten, Pistolen, Messer, Scharfschützengewehre, Anti-Panzer-Waffen, Sprengstoff etc. gegeben, bevor der Krieg begonnen hatte. In dem Falle der bosnischen Serben hat die Jugoslawische Volksarmee all jene serbischen Offiziere und Soldaten der 2. Armee mit Teilen ihrer regulären Ausrüstung in Bosnien gelassen, die aus diesem Staat kommen.
Obwohl zu Beginn des Konfliktes die Waffen umsonst verteilt wurden, fanden es in jüngerer Zeit viele der "Nachschublieferanten" es einträglich, Waffen an bedrohte Dörfer auf allen Seiten zu verkaufen. So gibt es neben den "War Lords" in Bosnien-Herzegowina eine Vielzahl von ausländischen wie einheimischen Kriegsgewinnlern, die in wenigen Monaten reich werden.
Es wird angenommen, daß es genügend automatische Gewehre und andere Infanteriewaffen für alle männlichen Erwachsenen in Bosnien-Herzegowina gibt (abzüglich der Flüchtlinge). Aber die kriegführenden Seiten brauchen immer noch schwere militärische Ausrüstung.
Aus einem Papier, das der Ohrider Friedenskonferenz vom 5.-8.November 92, vorgelegt wurde. Übersetzung: cs