Militärsteuerverweigerung

Herausforderung an unsere politische Kultur

von Martin Arnold
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Buchbesprechung von Martin Arnold

 

Keine bequemen Antworten bietet die erste umfassendere Auseinan­dersetzung mit Fragen der Militärsteuerverweigerung. Das For­schungsinstitut der Ev. Kirchen legte ein gründliches Gutachten mit ei­nem theologisch-ethischen, einem wirtschafts­wissen­schaftlichen und einem juristischen Teil vor, mit einer lesbaren Zusammenfassung. Die Anliegen und Motive der Militär­steuer­verweige­rerInnen werden dabei richtig wahrgenommen und bewertet..

Der Theologe und Ethiker Reuter zeigt wichtige Zusammenhänge auf: Militär­steuerverweigerung ist vom christlichen Glauben und der Theorie des Gewissens her legitim. Anschließend argumentiert er allerdings gegen eine gesetzliche An­erkennung, denn es gebe kein "starkes" (d.h. Menschen-) Recht darauf; dies leitet er aus der Erörterung der Steuer­pflicht her; - kritische Anfrage zu dieser Methode: Kann je ein Verweigerungs­recht begründet sein in der entgegenste­henden Pflicht?? Auch gebe es kein "schwaches", d.h. kein Recht, das der Staat durch Gesetz schaffen sollte; Be­gründung: dieses hätte unerwünschte Konsequenzen; - bei der sehr spekulati­ven Konsequenzen-Abschätzung vergisst Reuter leider, nach den Vorteilen zu fragen. Er folgert schließlich: "... der pazifistische Steuerboykott (ist) als ethisch gerechtfertigter ziviler Ungehor­sam zu verstehen. Er sollte ... prakti­ziert, von der Mehrheit beachtet und ... als Element der demokratischen politi­schen Kultur begriffen werden." Und: "Der pazifistische Steuerboykott hat be­sonders starke ethische Rechtferti­gungsgründe auf seiner Seite..." (S. 81f) Der Staat sollte wegen der Gewissens­belastung Ausnahmen zugestehen. Pazi­fistInnen ermutigt Reuter zum Zivilen Ungehorsam. Die Kirchen "müssen ... nach Möglichkeiten des aktiven Bei­stands für die Betroffenen suchen" (wie bei Kriegsdienstverweigerern) und "die auf Entmilitarisierung, Abrüstung und Rüstungskonversion und Rüstungsex­portverbote zielenden friedenspoliti­schen Forderungen der Militärsteuer­verweigerer" "öffentlich verstärken" (S. 212), sie sollten als Arbeitgeber ihre rechtliche Stellung "voll ausschöpfen" und evtl. selbst Zivilen Ungehorsam lei­sten (S. 91f). - Einige kirchliche Stellen haben begonnen, über die Studie und ihre für Kirchen beachtlichen Vor­schläge zu beraten.

Volkswirtschaftlich gesehen "müssten sich über eine Million Steuerpflichtige der Aktion anschließen ..., um einen Einnahmeausfall von 1 % (des Bundes­haushalts) zu erreichen." (S. 120)

Im dritten Teil will der Jurist Bock "... zwischen dem Schutz des Gewissens ... und dem Gebot der Normbefolgung staatlichen Rechts ... eine Grenze ... zie­hen." (S. 144) Vorhersehbares Ergebnis: "... das Grundrecht der Gewissensfrei­heit (umfasst) zwar die Freiheit der Ge­wissensbildung im Falle der Militär­steuerverweigerung, nicht aber die Frei­heit zur Gewissensverwirklichung." (S. 191) Gewissensschutz gehört allerdings zum Gebot staatlichen Rechts, und Bocks Aufgabe wäre daher gewesen, nicht nach Abgrenzung, sondern nach Möglichkeiten der Vereinbarkeit zu su­chen (wie es Tiedemann in seinem Buch "Das Recht der Steuerverweigerung aus Gewissensgründen" mit Erfolg tut). Diese Aufgabe hat Bock leider nicht gelöst.

Fazit für Friedensbewegte: Das Gut­achten zur Diskussion in Gremien und Organisationen nutzen. Dabei nicht auf andere warten, sondern durch Militär­steuerverweigerung die politische Kul­tur pflegen: Kein Geld für Krieg!

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