Friedenspolitisches Symposium

In Erinnerung an Andreas Buro

von Matthias Jochheim
(c) Netzwerk Friedenskooperative

Um strategische Konzepte und praktische Initiativen zu erörtern, die mit der Arbeit unseres Freundes und Vordenkers Andreas Buro verbunden sind und über seinen Tod hinaus fortwirken, kamen in Frankfurt am 19.6.16 etwa 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Symposion zusammen.

Dr. Volker Böge ließ in seinem einleitenden Vortrag die biographischen Linien von Buros lebenslanger Arbeit deutlich werden, von den für so viele seiner Altersgenossen tödlichen Erfahrungen als jugendlicher Flak-Helfer im zweiten Weltkrieg über den Kampf gegen die Remilitarisierung Deutschlands und die damit verbundene bewaffnete Blockkonfrontation, gegen die in Deutschland stationierten Atomwaffen wie auch gegen die kriegerischen Interventionen der deutschen Regierung nach der Wiedervereinigung 1990. Andreas Buro war dabei nicht im „gegen“ stehen geblieben, sondern hat z.B. schon im jugoslawischen Bürgerkrieg Konzepte für friedliche Konfliktbearbeitung entworfen, und konkrete Hilfsaktionen für die zivilen Opfer mit organisiert. Böge erinnerte an die „…Bedeutung, die Buro langwierigen Prozessen des Bewusstseinswandels in der Bevölkerung beimaß, bei denen die „Verschränkung von Persönlichem und Politischem“ wichtig ist.

Prof. Hanne-Margret Birckenbach trug Erfahrungen vor, die sie bei der Implementierung der Ideen Ziviler Konfliktbearbeitung machen konnte: die Gefahr der “Kaperung“ der Zivilen Konfliktbearbeitung (ZKB) zur Ergänzung von Militäreinsätzen, im Sinne einer „zivil-militärischen Zusammenarbeit“ (CIMIC), wie dies in Afghanistan gerade auch von der Bundeswehr versucht wurde.

Susanne Grabenhorst (IPPNW) brachte ihr entschiedenes Votum für ein praktisches, lösungsorientiertes Handeln der Friedensbewegung im Sinne der ZKB ein.

Das Panel zum Nah-/Mittelostkonflikt befasste sich mit der Lage und den friedenspolitischen Handlungsmöglichkeiten in dieser Region, mit der sich Buro intensiv befasst hat, u.a. im Rahmen seines „Monitoring“-Projekts.

Prof. Werner Ruf gab einen analytischen Einstieg zur Lage in der Region, die von zwei Konflikten besonders geprägt sei: dem Palästina-Konflikt und dem Kurdistan-Konflikt. Diese Konflikte würden als religiöse präsentiert, eine Konfessionalisierung der Politik, die von den USA im Irak nach 2003 systematisch betrieben wurde. Diese Politik muss als doppelbödig bezeichnet werden, da hinter dem Vorwand des Kampfes gegen Diktaturen massiv eigene Interessen verfolgt und islamistische Gewaltakteure unterstützt werden. Zu dieser Doppelbödigkeit zählt auch, dass zwar ein Abkommen zum Verzicht Irans auf Atomwaffen durchgesetzt wurde, aber keine Vereinbarung über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten angestrebt wird. Der syrische Krieg sei durch massive externe Interventionen gekennzeichnet, nicht nur durch Russland und USA/GB/Frankreich/BRD/Israel, sondern auch durch die Regionalmächte, allen voran die Türkei, Saudi-Arabien und Katar. Zudem kämpfen im Irak, aber auch in Syrien Spezialeinheiten aus dem Iran gegen den „Islamischen Staat“. Würden diese Vorstellungen (der konfessionellen Aufspaltung der nahöstlichen Staaten) umgesetzt, dürfte die bisherige Massenflucht allenfalls ein Vorgeschmack dessen sein, was im Zuge kommender ethnischer und konfessioneller Säuberungen noch kommen mag. Als unsere Handlungsmöglichkeiten fasste Ruf zusammen:

  • An die Medien herantreten, unser Recht auf umfassende Information einfordern
  • Rüstungsexporten wie Panzerlieferungen nach Algerien und Saudi-Arabien entgegentreten
  • Die Aufhebung des PKK-Verbots fordern, diese kurdische Organisation von der Terror-Liste streichen.

Memo Sahin, mit Buro gemeinsam Gründer des Dialog-Kreis „Die Zeit ist reif für eine politische Lösung im Konflikt zwischen Türken und Kurden“, machte deutlich, in welch dramatischer Lage die Bevölkerung im mehrheitlich kurdisch bewohnten Landesteil der Türkei aktuell lebt. Zehn der Städte in diesem Landesteil seien von der türkischen Armee weitgehend zerstört worden, ca. 1 Million Menschen seien dort auf der Flucht.

Gisela Penteker (IPPNW) war erst in diesem März wieder in der Ost-Türkei, und musste die verzweifelte Lage der Menschen dort angesichts der eskalierenden Repression und der Beendigung des hoffnungsvollen Verhandlungsprozess mit der kurdischen PKK wahrnehmen.

Martin Singe dankte abschließend den Teilnehmenden für eine Tagung, die wichtige Aspekte der Arbeit von Andreas Buro reflektiert habe und zur engagierten Fortsetzung seines Werks ermutigen möge.

 

Dies ist eine gekürzte Fassung eines Textes, der unter www.friedenskooperative.de abgerufen werden kann. Zu den Motiven deutscher Militäreinsätze gibt es bei Youtube eine Rede von Andreas Buro von 2011: https://www.youtube.com/watch?v=mV8bIb3LFPU

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Matthias Jochheim ist ist Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeut und wirkt im AK Süd / Nord der IPPNW mit.