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Ist Gentechnik friedensfähig ?
vonWenn ein Organ der Friedensbewegung Gentechnik-Kritiker um Stellungnahmen bittet, so ist es naheliegend, zunächst über Biowaffen zu sprechen. Waffen also, die es zwar schon länger gibt, die aber mit Hilfe der Gentechnik sehr stark verfeinert und erst im breiten Rahmen einsatzfähig gemacht werden könnten.
Tatsächlich werden entsprechende Forschungsanstrengungen vom Bundesverteidigungsministerium (BMVg) sowie den anderen Weltmächten, möglicherweise auch von weniger industrialisierten Ländern gefördert. Zwar ist es nach B-Waffen-Abkommen von 1972, dem die NATO- und die Warschauer-Pakt-Staaten beigetreten sind, verboten, biologische Waffen in größeren Mengen herzustellen. Die Forschung mit entsprechenden Agentien und die Herstellung von "defensiven" Ausrüstungen ist davon jedoch nicht tangiert. Auch fehlen in dem Abkommen Modalitäten für die Verifikation der Bestimmungen. Nach übereinstimmender Meinung aller Experten ist im Bereich der Biowaffen ohnehin kaum zwischen Produktion und Forschung sowie zwischen offensiver und defensiver militärischer Forschung zu unterscheiden. Schließlich sind auch die Grenzen zwischen militärischer und ziviler Forschung generell stark verwischt. So werden z.B. die meisten Forschungen des BMVg und des Pentagon in zivilen Einrichtungen unternommen.
Schärfer noch als bei der Atomtechnik ist bei der Gentechnik eine enorme Proliferationsgefahr vorhanden, die kaum zu kontrollieren sein wird. Zwar hat die BRD das B-Waffen-Abkommen 1983 formal in ein nationales Gesetz überführt, bisher aber keine ernstzunehmenden Anstrengungen unternommen, ein Wettforschen - gleichbedeutend einem Wettrüsten - auf diesem Gebiet zu verhindern. So sah sich die Bundesregierung auch nicht genötigt, weitergehende Bestimmungen wie z.B. ein Verbot der B-Waffen-Forschung in das am 13.5.1990 verabschiedete Gentechnik-Gesetz aufzunehmen, obwohl ihr entsprechende Schritte von der Enquete-Kommission des Bundestages nahegelegt worden waren. Vor allem die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS), in der fast ausschließlich Gentechnik-Betreiber versammelt sind, hat die Bundesregierung bei der Abfassung dieses Gesetzes beraten. Auch in den Jahren 1978 bis 1990, als die ZKBS die einzige Kontrolleinrichtung für die Gentechnik war, hat sie keinerlei Initiative in diese Richtung unternommen. Herr Starlinger, der in dieser Publikation die "Verantwortbarkeit" der Gentechnik darlegen soll, ist seit 1988 Vorsitzender dieser Einrichtung.
Alle potenten Angriffstechnologien entfalten ihren agressiven Charakter nicht erst in Kriegszeiten. Das weiß man spätestens seit der mißlungenen Unterscheidung zwischen dem kriegerischen und dem friedlichen Gebrauch der Atomenergie. Die Gentechnik stellt sich als eine Technik dar, mit der Leben der Tendenz nach herstellbar gemacht werden soll wie Autos oder Kühlschränke. Von der Logik her einem industriellen Produkt gleich, kann es dann nach Belieben vermehrt, ersetzt und verworfen werden. Hier drohen nicht nur ökologische und medizinische Katastrophen, etwa wenn Krankheitserreger, AIDS vergleichbar, zufällig oder absichtlich freigesetzt werden. Schwerwiegender erscheint der moralische "GAU", daß schließlich zwischen Maschinen, Tieren und Menschen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und damit im Handeln kein Unterschied mehr gemacht wird.
Erste Anzeichen werden schon heute sichtbar, wenn selbsternannte "Bioethiker" anhand von Definitionen, die dem biomedizinischen Maschinendenken entlehnt sind, das Lebensrecht von Behinderten in Frage stellen und mit dem Dasein von Tieren auf eine Stufe stellen. Die Thesen P.Singers, über die im letzten Jahr in der BRD heftig diskutiert wurde, stellen dabei nur die Spitze des Eisberges dar. Längst hat die "Bioethik", besonders in den USA, im Wunderland der Gentechnologie, im breiten Maße Fuß gefaßt. Die Entwicklung und Anwendung der Gentechnik unter den gegenwärtig weltweit herrschenden politischen Bedingungen bedeutet schon in Friedenszeiten Krieg gegen die sozial Schwachen und die menschliche wie außermenschliche Natur.
Diejenigen, die von den herrschenden Umständen am meisten profitieren, sind es auch, die "Freiheit" für Forschung, Entwicklung und Kommerzialisierung der Gentechnik fordern. Abstrakt ist es denkbar, eines Tages, unter anderen gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen und mit anderen Betreibern, über einige "an sich" positive Aspekte der Gentechnik anders zu diskutieren. Aber wahrscheinlich wird das nicht nötig sein, denn Technik ist kein abstraktes "An Sich" sondern ein geronnenes Sozialverhältnis, verdinglichte Herrschaftsgeschichte. Unter anderen sozialen und politischen Verhältnissen würden sich die Fragen zum gesellschaftlichen Naturverhältnis vermutlich anders stellen.