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Ja. Ja. Ja. Werbefeldzug der Bundeswehr
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Ständig steigende Verweigerer-Zahlen, knapper gewordene Finanzen, kaum zu vermittelnder Sinn des Militärs - die Bundeswehr muß dringend ihr Image aufpolieren. Seit Herbst 1993 ist sie noch intensiver dabei. Seitdem läuft ein neuer Werbefeldzug, genannt: "Informationsarbeit Bundeswehr 2000".
Erstmals läßt das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) mit der "Informationsarbeit Bundeswehr 2000" die Teilbereiche Öffentlichkeitsarbeit, Nachwuchswerbung, direkte Kommunikation, Presse und Truppeninformation zu einer "konzertierten" Aktion antreten. Nach innen wie nach außen soll das heute noch widersprüchliche Bild der Armee zurechtgerückt werden. Insgesamt fünf Jahre lang soll die Aktion laufen, ausgestattet mit jährlich 12 Mio. DM.
Illustration: Anzeige "Ja, Menschlichkeit"
Der erste Durchlauf mit insgesamt 28 TV-Spots in den Privatsendern RTL plus und SAT 1 sowie Anzeigen in 14 Tageszeitungen wird von den Werbefritzen im Informationsstab des BMVg begeistert gefeiert. Noch nie habe eine Werbekampagne mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz so hohe Wirkung erzielt. Freudestrahlend präsentiert ein neuer Fernsehspot die Ergebnisse einer EMNID-Publikumsbefragung: Von den befragten 1.500 ZuschauerInnen und 312 LeserInnen beurteilten jeweils mehr als 80 Prozent die Werbung als "interessant", "glaubwürdig", "verständlich" und "informativ".
Aber was besagt das? Die Toyota-Werbung mit den sprechenden Tieren empfinden viele Menschen als "originell", "lustig", "ansprechend". Daran gemessen müsste der japanische Autohersteller dank seines hohen Ansehens bei den Konsumenten glänzende Verkaufserfolge haben. Die vergleichsweise guten Verkaufszahlen deutscher Hersteller wie VW und Opel sprechen jedoch dafür, daß noch so ansprechende (Image-) Werbung auf das Kaufverhalten nur begrenzten Einfluss hat. Das läßt sich auf die Militärwerbung übertragen.
Hinzu kommt die schwache Aussagekraft von Wertungen wie "glaubwürdig", "informativ", "interessant" oder "verständlich". Man kann die Information über die jährliche Hungerkur des Kanzlers "interessant" und Details seines Diätplans "verständlich" finden. Das sagt nichts darüber, für wie willensschwach man den Herrn hält, der seine Pfunde regelmäßig wieder zulegt. Mit anderen Worten: Solange keine kritische Wirkungsforschung vorliegt, ist der Jubel der Werbemacher auf der Hardthöhe nur eine wenig begründete Hoffnung auf eine Imageverbesserung.
Einer Tischvorlage des Informationsstabes des BMVg zur Präsentation des Dachkonzeptes vom 1.3.94 zufolge ist die Zielsetzung der Werbung, sie solle "die Ambivalenten überzeugen, die Pro-Gruppe bestätigen und mobilisieren und darüber hinaus die Kontra-Gruppe beeindrucken" (Tischvorlage, S. 2, hervorh. im Original). Besonders angetan sind die Offiziere im Informationsstab von der Leitaussage "Wir sind da. Bundeswehr": "Dieser Slogan ist 'aufladbar' für konkrete Inhalte, signalisiert Präsenz, Stärke, Selbstbewusstsein, charakterisiert das Selbstverständnis der Angehörigen der Bundeswehr." (Tischvorlage, S. 3)
Soviel Stolz auf eine derart dröge formulierte Plattheit ist kaum verständlich. "Wir sind da" klingt wie: Bitte seht uns, bitte beachtet uns, bitte akzeptiert uns. Man vergleiche diesen Slogan mit populären Werbesprüchen der Wirtschaft, die in die Alltagssprache eingegangen sind: Im Falle eines Falles, die Bundeswehr macht alles. Wisch und weg. Nicht immer, aber immer öfter. Gut ist uns nicht gut genug. Made in Paradise.
Vielleicht ist den Verfassern ein Schreibfehler unterlaufen, und sie meinen das militärisch knappe, keinen Widerspruch duldende "Ja", das in allen Anzeigen auftaucht: Angefangen mit "Ja, Dienen", "Ja, Tapferkeit" und "Ja, Chancen" über "Ja, Einheit" und "Ja, Sicherheit" bis hin zu "Ja, Solidarität", "Ja, Helfen" und "Ja, Menschlichkeit". Das charakterisiert das Selbstverständnis von Ja-Sagern und zeugt von fast überbordendem Selbstbewusstsein. Ein Manko ist jedoch, daß das "Ja" bisher nicht mit den wirklich zentralen militärischen Inhalten aufgeladen wird. Zu denken ist beispielsweise an "Ja, Töten", "Ja, Gehorchen" oder "Ja, Waffen".
Stattdessen erscheint die deutsche Armee in der Werbung als lang ersehnter Freund und Helfer in aller Welt. Die Kritik von Hilfsorganisationen an der geringen Effizienz und der Stümperhaftigkeit militärischer Hilfseinsätze hat da natürlich keinen Platz. Aber die Lüge mit Halbwahrheiten ist ja keine ungewöhnliche Erscheinung in der Werbung. Warum sollte die Bundeswehr eine Ausnahme machen?