Ja. Ja. Ja. Werbefeldzug der Bundeswehr

von Thomas Perop
Hintergrund
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Ständig steigende Verweigerer-Zahlen, knapper gewordene Finanzen, kaum zu vermittelnder Sinn des Militärs - die Bundeswehr muß drin­gend ihr Image aufpolieren. Seit Herbst 1993 ist sie noch intensiver da­bei. Seitdem läuft ein neuer Werbefeldzug, genannt: "Informationsarbeit Bundeswehr 2000".

Erstmals läßt das Bundesverteidigungs­ministerium (BMVg) mit der "Informa­tionsarbeit Bundeswehr 2000" die Teil­bereiche Öffentlichkeitsarbeit, Nach­wuchswerbung, direkte Kommuni­ka­tion, Presse und Truppeninformation zu einer "konzertierten" Aktion antreten. Nach innen wie nach außen soll das heute noch widersprüchliche Bild der Armee zurechtgerückt werden. Insge­samt fünf Jahre lang soll die Aktion lau­fen, ausgestattet mit jährlich 12 Mio. DM.

Illustration: Anzeige "Ja, Menschlichkeit"

Der erste Durchlauf mit insgesamt 28 TV-Spots in den Privatsendern RTL plus und SAT 1 sowie Anzeigen in 14 Tageszeitungen wird von den Werbefrit­zen im Informationsstab des BMVg be­geistert gefeiert. Noch nie habe eine Werbekampagne mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz so hohe Wir­kung erzielt. Freudestrahlend präsentiert ein neuer Fernsehspot die Ergebnisse ei­ner EMNID-Publikumsbe­fragung: Von den be­fragten 1.500 Zuschau­erIn­nen und 312 Lese­rInnen beurteilten je­weils mehr als 80 Pro­zent die Werbung als "interessant", "glaub­würdig", "verständ­lich" und "informativ".

Aber was besagt das? Die Toyota-Wer­bung mit den sprechenden Tieren emp­finden viele Menschen als "origi­nell", "lustig", "anspre­chend". Daran gemes­sen müsste der ja­panische Autoherstel­ler dank seines hohen Ansehens bei den Kon­sumenten glänzende Verkaufser­fol­ge haben. Die vergleichsweise guten Verkaufszahlen deutscher Hersteller wie VW und Opel sprechen jedoch dafür, daß noch so ansprechende (Image-) Werbung auf das Kaufverhalten nur be­grenzten Einfluss hat. Das läßt sich auf die Militärwerbung übertragen.

Hinzu kommt die schwache Aussage­kraft von Wertungen wie "glaubwür­dig", "informativ", "interessant" oder "verständlich". Man kann die Informa­tion über die jährliche Hungerkur des Kanzlers "interessant" und Details sei­nes Diätplans "verständlich" finden. Das sagt nichts darüber, für wie willens­schwach man den Herrn hält, der seine Pfunde regelmäßig wieder zulegt. Mit anderen Worten: Solange keine kritische Wirkungsforschung vorliegt, ist der Ju­bel der Werbemacher auf der Hardthöhe nur eine wenig begründete Hoffnung auf eine Imageverbesserung.

Einer Tischvorlage des Informationssta­bes des BMVg zur Präsentation des Dachkonzeptes vom 1.3.94 zufolge ist die Zielsetzung der Werbung, sie solle "die Ambivalenten überzeugen, die Pro-Gruppe bestätigen und mobilisieren und darüber hinaus die Kontra-Gruppe be­eindrucken" (Tischvorlage, S. 2, her­vorh. im Original). Besonders angetan sind die Offiziere im Informationsstab  von der Leitaussage "Wir sind da. Bun­deswehr": "Dieser Slogan ist 'aufladbar'  für konkrete Inhalte, signalisiert Prä­senz, Stärke, Selbstbewusstsein, charak­terisiert das Selbstverständnis der An­ge­hörigen der Bundeswehr." (Tischvorla­ge, S. 3)

Soviel Stolz auf eine derart dröge for­mulierte Plattheit ist kaum verständlich. "Wir sind da" klingt wie: Bitte seht uns, bitte beachtet uns, bitte akzeptiert uns. Man vergleiche diesen Slogan mit po­pu­lären Werbesprüchen der Wirtschaft, die in die Alltagssprache eingegangen sind: Im Falle eines Falles, die Bundes­wehr macht alles. Wisch und weg. Nicht im­mer, aber immer öfter. Gut ist uns nicht gut genug. Made in Paradise.

Vielleicht ist den Verfassern ein Schreibfehler unterlaufen, und sie mei­nen das militärisch knappe, keinen Wi­derspruch duldende "Ja", das in allen Anzeigen auftaucht: Angefangen mit "Ja, Dienen", "Ja, Tapferkeit" und "Ja, Chancen" über "Ja, Einheit" und "Ja, Si­cherheit" bis hin zu "Ja, Solidarität", "Ja, Helfen" und "Ja, Menschlichkeit". Das charakterisiert das Selbstverständ­nis von Ja-Sagern und zeugt von fast überbordendem Selbstbewusstsein. Ein Manko ist jedoch, daß das "Ja" bisher nicht mit den wirklich zentralen militä­rischen Inhalten aufgeladen wird. Zu denken ist beispielsweise an "Ja, Töten", "Ja, Gehorchen" oder "Ja, Waffen".

Stattdessen erscheint die deutsche Ar­mee in der Werbung als lang ersehnter Freund und Helfer in aller Welt. Die Kritik von Hilfsorganisationen an der geringen Effizienz und der Stümperhaf­tigkeit militärischer Hilfseinsätze hat da natürlich keinen Platz. Aber die Lüge mit Halbwahrheiten ist ja keine unge­wöhnliche Erscheinung in der Werbung. Warum sollte die Bundeswehr eine Aus­nahme machen?

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Thomas Perop arbeitet als freier Journalist in Bonn.