Kriminalisierung

Kann man ein Gefechtsübungszentrum beleidigen?

von DFG-VK - Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Mit erneuter polizeilicher Kriminalisierung von Widerstand gegen Krieg und Kriegsvorbereitung sieht sich der Politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Monty Schädel, konfrontiert. Gleich zweimal erhielt er Ende September Post von der Polizei, die ihn über gegen ihn laufende Ermittlungen informierte und Auskunft haben wollte.

Während sich das erste Verfahren der Polizei in Stuttgart bereits seit wenigen Wochen u.a. dadurch ankündigte, dass Beamte in der DFG-VK-Bundesgeschäftsstelle persönlich vorstellig wurden und Auskunft zu persönlichen Daten des Politischen Geschäftsführers aus der Mitgliederdatei des Verbandes haben wollten, überraschte die Polizei in Sachsen-Anhalt mit einem Verfahren „wegen Beleidigung zum Nachteil des Gefechtsübungszentrum Heer Gardelegen“.

Beide Verfahren machen für Monty Schädel deutlich, dass Protest gegen den Krieg im Allgemeinen und die Beteiligung der Bundeswehr daran im Besonderen in der Bundesrepublik Deutschland auch weiterhin der staatlichen Kriminalisierung unterliegt. Während durch die Bundesregierung und andere Teile der Politik sowie des Militärs der seit einem Jahrzehnt permanent andauernde Krieg unter Beteiligung der Bundeswehr kolonialistisch als Schutzmaßnahme verharmlost wird oder gar humanitäre Anstriche bekommt, werden KriegsgegnerInnen in ihren Grundrechten eingeschränkt, verfolgt und kriminalisiert.                                         

Ordnungswidrigkeit Aufkleber
Im Ermittlungsverfahren der Polizei Stuttgart wird Schädel vorgeworfen, „nicht verhindert zu haben, dass in Stuttgart-Bad Cannstatt verbotswidrig selbstklebende Aufkleber angebracht worden sind“, für deren Inhalt er als DFG-VK-Geschäftsführer verantwortlich sei. Dabei handelt es sich um einen seit fünf Jahren vertriebenen Aufkleber "Truppen raus aus Afghanistan" in der Größe einer Zigarettenschachtel. „Es ist schon interessant, woran sich die Polizei in Zeiten stört, während bundesweit die Städte und Dörfer mit Selbstdarstellungen von PolitikerInnen zu Wahlkampfzwecken zugeklebt werden, und Bundeswehrsoldaten Lufteinsätze in Afghanistan anfordern“ kommentierte Monty Schädel. Während kommerzielle Werbung überall im Stadtgebiet präsent sei, Konzerne für Zigarettenkippen genausowenig belangt werden wie Verlage für umherfliegende Zeitungsblätter, sollen Kriegsgegner Aufkleber abmachen, die sie nachweislich gar nicht geklebt haben. Nach Ansicht der DFG-VK sollen mit diesem Verfahren Kritik am Krieg und eine Organisation aktiver KriegsgegnerInnen kriminalisiert werden.

Beleidigung des Gefechtsübungszentrum Altmark
Im Ermittlungsverfahren der „Beleidigung zum Nachteil des Gefechtsübungszentrum Herr Gardelegen“ werden Monty Schädel nach jetzigem Erkenntnisstand Aussagen einer Pressemitteilung der DFG-VK vom 24.07.2013 vorgeworfen. Zu dem Zeitpunkt hatten ca. 250 KriegsgegnerInnen aus mehreren Ländern ein Camp in unmittelbarer Nähe des von der Bundeswehr und anderen Armeen genutzten Gefechtsübungszentrums aufgebaut. Zu den Aktiven gehörte auch die DFG-VK. Mit dem WAR-STARTS-HERE-CAMP wollten die KriegsgegnerInnen darauf aufmerksam machen, dass auf Europas modernstem Truppenübungsplatz in der Altmark der Krieg trainiert und vorbereitet wird. Allein aus diesem Grund wird eine ganze Stadt namens Schnöggersburg mit der dazugehörigen Infrastruktur errichtet. SoldatInnen sollen dort auf den Häuser- und Straßenkampf vorbereitet werden.

Monty Schädel hatte damals vor dem Hintergrund, dass ein Großaufgebot der Polizei die Grundrechte auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit versuchte einzuschränken, gefordert, dass die Polizei nicht gegen KriegsgegnerInnen, sondern gegen die NutzerInnen des Truppenübungsplatzes vorgehen sollte. Wörtlich sagte er damals und bekräftigt es heute: „Anstatt KriegsgegnerInnen zu kriminalisieren, sollte die Polizei vielmehr das Training zum Mord und Totschlag auf dem GÜZ unterbinden und die Krieg treibenden SoldatInnen verfolgen. Nicht die KriegsgegnerInnen sind das Problem, sondern diejenigen, die den Krieg trainieren, und diejenigen, die dies unter Aushebelung von Grundrechten durchsetzen.“ Das nun angestrengte Verfahren kommentierte der DFG-VK-Aktivist dahingehend, dass nunmehr die „Bundeswehr oder eine ihr nahstehende Person den Beweis antreten wollten, dass auf dem Gefechtsübungszentrum durch die Militärs nicht das Morden und Totschlagen gelehrt und gelernt wird.“ Er freue sich bereits darauf, diese Argumentationslinie des „Soldatenhandwerks“ kennen zu lernen, „bei der das mörderische Handwerk von Soldaten als Wohltat für die Menschheit dargestellt und das Erlernen des Töten von Menschen sowie die Zerstörung von Infrastruktur und natürlichen Lebensgrundlagen glorifiziert wird.“ Wie sich darüber hinaus neuerdings auch ein Truppenübungsplatz beleidigt fühlen kann, wird das Verfahren dann sicher auch noch zeigen.

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