Katholikentag von unten: Was schaut Ihr nach oben?

Zum Abschluß des Katholikentages in Berlin haben die VeranstalterInnen des seit 10 Jahren parallel verlaufeden "Katholikentags von unten" die Amtskirche und das Zentralkomitee der Katholiken scharf kritisiert. Die Kirche lebe zwar durch die Beiträge von unten, habe sich aber als saturierter Betonkopf vom Leitbild Jesu, vom Geist der Solidarität und von den Sorgen und Nöten der Menschen entfernt und verwende ihren Reichtum, Macht und Einfluß nicht in deren Sinne. Sie mache sich selbst schuldig, wenn sie nicht die Moral in der Politik einklage z.B. in der Abrüstung, der Umweltzerstörung und der internationalen Schuldenkrise, heißt es in der vom Kirchentag von unten verabschiedeten "Berliner Erklärung".
Beim Katholikentag von unten waren in über 90 Veranstaltungen mit insgesamt mehr als 35.000 TeilnehmerInnen Machtmißbrauch, Unterdrückung von Minderheiten und progressiver Lehren wie der "Theologie der Befreiung" in den lateinamerikanischen Ländern thematisiert worden. Schwule, verheiratete Priester und Frauen im Priesteramt sollen nach Meinung der Initiative Kirche von unten in Zukunft voll am kirchlichen Leben teilhaben dürfen.
Es sei an der Zeit, daß sowohl "das letzte ZK auf deutschem Boden" wie auch die Kirche eine umfassende Erneuerung erfahre. Ein Wandel sei aber offenbar nicht ohne Konflikte mit dem Machtapparat und innerhalb der Kirche zu haben. Diesen konstruktiven Streit müßten die Christinnen und Christen in die Gemeinden tragen, damit die Umkehr zu einer Moral der internationalen Solidarität jetzt beginne. Dabei hätten die Christen geradezu eine "Pflicht zum Ungehorsam". Initiativgruppen und Basisgemein¬schaften könnten berechtigten Anliegen in der Kirche zum Durchbruch verhelfen, meint die IKvu. "Katholikinnen und Katholiken wollen weltweit einen tiefgreifenden Wandel der Kirche. Sie und wir wollen eine neue menschliche Kirche im Geist der befreienden Botschaft des Jesus von Nazareth".
Der "Katholikentag von unten" ist am Samstagabend mit einer liturgischen Feier und einem internationalen Fest zu Ende gegangen. Verlauf, Inhalte und die Aussparung kritischer Themen und Geister beim offiziellen Katholikentag hätten wieder deutlich gemacht, daß dem Katholikentag insgesamt die Bedeutungslosigkeit drohe, wenn er sich weiterhin als unfähig erweise, die Impulse von unten aufzunehmen.
Die IKvu wird deswegen auch beim Katholikentag 1992 in Karlsruhe präsent sein. Das Zentralkomitee ist auf¬gefordert, dann endlich einen Teil der von der öffentlichen Hand finanzier¬ten Strukturen dem Katholikentag von unten zur Verfügung zu stellen und ein unzensiertes Programm zuzulassen.
IKvu, Tom Schmidt

 

Ausgabe

Rubrik

Initiativen