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Nahost
Kein "Jahrhundert-Deal", sondern eine Katastrophe
von
Donald Trumps „Jahrhundert-Deal“ für einen Frieden zwischen Israelis ist kein Deal und er wird keinen Frieden bringen, sondern im Gegenteil eine Friedenslösung erheblich erschweren. In Trumps Deal mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu sind die Palästinenser nirgends eingebunden Es ist ein Deal zwischen zwei angeschlagenen Machthabern, die in ihren jeweiligen Ländern Prozesse und Wahlniederlagen fürchten und sich gegenseitig stützen möchten.
Für eine Friedenslösung zwischen Israelis und Palästinenser*innen gab und gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche bis gegensätzliche Ansätze, und beide werden kontrovers diskutiert.
Der bekannteste und von der UNO und den meisten Regierungen, auch der Bundesregierung, bevorzugte Ansatz ist der der Zwei-Staaten-Lösung. Dieser Ansatz müsste zu einem souveränen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967, also in den nach dem Sechs-Tage-Krieg von Israel besetzten Gebieten der Westbank und des Gazastreifens führen. Dass für eine solche Lösung legitime Sicherheitsinteressen Israels berücksichtigt und auch ein realistischer Umgang mit den großen Siedlungsblöcken in unmittelbarer Nachbarschaft von Jerusalem {etwa durch gemeinsam vereinbarten Gebietsaustausch) gefunden werden müsste, war immer wieder Gegenstand ernsthafter Gespräche zwischen Israelis und Palästinenser*innen. Auch für Jerusalem, die äußerst sensible heilige Stadt dreier Religionen, müsste eine Lösung unterschiedliche legitime Interessen berücksichtigen. Realistische Lösungsmodelle dafür liegen seit vielen Jahren auf dem Tisch und könnten bei entsprechendem politischen Willen relativ kurzfristig umgesetzt werden.
Der zweite immer wieder in die Diskussion eingebrachte Vorschlag ist der der Ein-Staaten-Lösung, also eines gemeinsamen Staates von jüdischen Israelis und Palästinenser*innen zwischen Mittelmeer und Jordan. Vor allem ältere israelische Friedensaktivist*innen wie der verstorbene Uri Avnery hielten und halten einen solchen Ansatz für illusionär und konfliktträchtig. Obendrein würde er als Friedenslösung gleiche Rechte für alle Staatsbürger*innen voraussetzen, was womöglich auf Perspektive die jüdische Bevölkerungsgruppe in eine Minderheitenposition bringen würde.
Israelische Rechtsextremist*innen, die in den letzten Jahren auch in der Regierung vertreten sind, wünschen sich diesen einen Staat, aber auf keinen Fall mit gleichen Rechten für alle Bürger*innen. Sie tun sich ohnehin schwer damit, die 20-Prozent-Minderheit der palästinensischen israelischen Staatsbürger*innen als gleichberechtigt zu akzeptieren und möchten ihr diese Rechte lieber heute als morgen aberkennen. Ihre Pläne laufen auf einen rassistischen Staat hinaus, der von der internationalen Gemeinschaft niemals akzeptiert werden könnte.
Hier setzt Trumps Plan an: Danach soll es einerseits eine formale Zwei-Staaten-Lösung geben, mit der sich das Problem gleicher Rechte umschiffen ließe, zum anderen soll es aber auch keinen palästinensischen Staat geben, der die üblichen Rechte von Staaten genießt. Auch soll dieser „Staat“ der Ausbreitung israelischen Staatsgebiets bis an den Jordan nicht im Wege stehen. Was als palästinensischer Staat übrig bliebe, wären einige Reservate, deren Bewohner*innen nicht die Rechte israelischer Staatsbürger*innen hätten.
Die bekannte israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem benutzt denn auch in ihrer ersten Stellungnahme zum Trump-Plan für diese Gebiete den Begriff „Bantustan“. Er erinnert an den vergeblichen Versuch des südafrikanischen Rassistenregimes, mit der Einrichtung solcher pseudosouveränen Gebiete dem Vorwurf der Rassenherrschaft zu entgehen.
Ayman Odeh, der Fraktionsvorsitzende der Vereinigten Liste der arabischen Parteien im israelischen Parlament, der Knesset, befürchtet sogar, dass Trumps Plan noch eine weitere Tücke beinhalten könnte. Danach wäre es möglich, größere israelische Städte mit palästinensischer Mehrheit wie Nazareth in Galiläa einem palästinensischen Pseudostaat zuzuschlagen und so hunderttausende Palästinenser*innen ihrer israelischen Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Rechten zu berauben.
Die UNO hat gegenüber Trumps Plan klar und deutlich Position bezogen. Sie verweist auf geltendes Völkerrecht und die bestehenden UNO-Resolutionen, die eine Zwei-Staaten-Lösung mit anerkannten Grenzen auf der Basis der bis 1967 geltenden Linie anstreben. Doch wie will die UNO das Völkerrecht durchsetzen?
Auch die Bundesregierung hatte sich bisher immer eindeutig für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen, eine diplomatische Anerkennung Palästinas in den Grenzen von 1967, wie sie noch vor wenigen Wochen Luxemburgs Außenminister forderte, jedoch verweigert.
Sie muss jetzt Farbe bekennen, welche Position sie glaubwürdig vertreten will.
Dieser Beitrag wurde Ende Januar 2020 verfasst.