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Kritische Aktionäre 1990 - eine Bilanz
vonKritische Aktionäre sind auf den Hauptversammlungen bundesdeutscher, aber auch österreichischer, schweizer, niederländischer und US-amerikanischer Konzerne längst keine Seltenheit mehr. Sie stellen kritische Fragen zur Geschäftspolitik und fordern die Beachtung ethischer Grundsätze.
In diesem Jahr mußten sich u.a. die Deutsche, Commerz-, und Dresdner Bank, Bayer, BASF und Daimler - Benz unserer Kritik stellen.
Wir, die Kritischen Aktionäre, hatten angesichts der deutschen Besoffenheit und wachsender Ostphantasien einen schweren Stand:
Von Umweltgefahren, Verschuldung und Ausbeutung der Dritten Welt, Rüstungsfinanzierung oder -produktion oder Geschäften mit Südafrika wollten die Vorstände einfach nichts mehr hören und ließen es uns Kritiker spüren.
Zwar mußten sie unsere Gegenanträge - wie es das Aktiengesetz vorschreibt - allen ihren Aktionären zusenden, aber in der Jahreshauptversammlung zeigten sie sich weniger konziliant als vor Jahren. Kritischen Rednern wurde z.T. einfach das Mikrofon abgedreht und viele ihrer Fragen -die vom Vorstand eigentlich beantwortet werden müssen- blieben offen.
Stattdessen präsentierte dieser den Aktionären und der Presse in Siegerlaune die wieder mal satten Profite.
Dabei war viel Kritisches anzumerken: Dank der massiven Proteste der letzten Jahre zeigten sich die Banken inzwischen zum Schuldenerlaß für die Dritte Welt bereit, fordern von den Ländern aber nach wie vor den ruinösen Gang zum IWF. Andererseits gewährten sie 1989 großzügig eine Umschuldung für Südafrika - ohne irgendwelche Bedingungen zu stellen.
Hatte sich Daimler-Benz in den vergangenen Jahren munter ein Rüstungsimperium aufgebaut, und sich dabei viel Kritik zugezogen, so wiegelte der Vorstand nun ab: Man produziere im wesentlichen Autos und der Schwerpunkt der Produktion habe nie bei Rüstungsgütern gelegen. Wir befürchten dagegen eher, daß Daimler, falls sich der Beschaffungsbedarf der NATO oder der Bundeswehr verringern sollte, nun in andere Teile der Welt Waffen oder Rüstungsgüter exportieren will.
Gelungen war in diesem Jahr die internationale Vernetzung unserer Arbeit: Vertreter aus den Philippinen, Italien, Türkei, Südafrika, ôsterreich und der DDR sprachen über die Folgen der Geschäfte dieser Konzerne in ihren Ländern.
Unbefriedigend war für uns allerdings die Berichterstattung in den Medien. Auch sehen wir deutlich die Gefahr, daß sich die Aktionsform "Kritische Aktionäre" ritualisiert. Wir müssen überlegen, ob nicht weitere Ansatzpunkte für eine kritische Auseinandersetzung mit bundesdeutschen Konzernen aufgenommen werden müssten. Auch sind wir uns klar darüber, daß wir mit unserer Arbeit höchstens Nuancen der Geschäftspolitik der Konzerne verändern können, mehr nicht.
Wie sieht die Zukunft aus? Was uns fehlt, so meine ich, sind professionellere Strukturen. Es ist einfach nicht möglich, ehrenamtlich gegen die Geschäfte eines Konzerns anzugehen. Wir müssen die europäischen und internationalen Kontakte weiter ausbauen, den Kontakt zu den Gewerkschaften verstärken, unsere Recherchen verbessern und die laufende Presse systematischer verfolgen. Wenn uns diese Professionalisierung nicht gelingt, werden wir den kommenden Aufgaben kaum gewachsen sein.