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Kurdistan-Delegation

Der hier in Auszügen wiedergegebene Brief wurde einer bundesdeutschen Wahlbeobachtungsdelgation am 22. März 1994 in Van zugesteckt:
"Verehrte Menschenrechtsvertreter, hilfsbereite und friedliebende Menschen!
Wir sind hilflos. Im Namen der Menschlichkeit bitten wir Sie um Hilfe und flüchten uns zu Ihnen. Wir haben kein Publikationsorgan, das unsere Stimme zu Gehör bringen könnte. Wir können unsere Stimme, unsere Sorgen, die erlebten Repressionen, Folterungen und Morde nicht zum Ausdruck bringen. Helft uns, Ihr, die Ihr zivilisierte Menschen seid, Ihr, die Ihr mit allem ausgestattet seid ...
Wir bitten Euch um Hilfe, aber leider können wir unsere Sorgen nicht verständlich machen. Ihr versteht uns nicht genug, denn wir sind nicht nahe genug. Wir haben keine Kommunikationsmittel. Euch werden ständig falsche Informationen gegeben. Wenn Ihr doch ein paar Monate mit uns gemeinsam leben könntet, dann würdet Ihr sehen, wie wir leben, und wissen, unter welchen Schwierigkeiten, welcher Folter und welcher Angst wir stehen. Ihr seid heute hier und morgen wieder weg. Ihr geht nur in den ruhigsten und schönsten Teilen der Stadt umher. Geht einmal in die ländlichen Gegenden und in die Randbezirke ... Ihr werdet über unsere Lage weinen: Hungrige und durstige Menschen im Elend, ohne Kleidung, ohne Wohnung und Zuflucht, Menschen, die sich nach allem sehnen, die sich aus Angst, getötet zu werden, vor ihrem eigenen Schatten fürchten. Habt Ihr so etwas je gehört? Und wenn Ihr mit uns wie normale Kurden leben würdet, was würdet Ihr nicht alles sehen. In diesem Land herrscht eine Doppelmoral. Alles ist Lug und Trug, Unterdrückung, Beleidigung und Beschimpfung. Ebenso sehen Menschenrechte und Demokratie in der Türkei aus. Die Menschen sind hier weniger Wert als der Müll ... Die Polizei hat sich vom Todesengel die Erlaubnis zum Töten geholt. Sie kann töten, wie auch immer sie will ... Und während es in der Türkei eben so aussieht, heißt es: Wo ist ein Beweis für Folter, wo ist Ungerechtigkeit, bringt Beweise dafür. Wie sollen wir, die Menschen, die sich vor ihrem eigenen Schatten fürchten, denn aufdecken und Beweise anbringen, mit welchem Mut, da sich nicht einmal der für Menschenrechte zuständige Minister traut, ein Wort dazu zu sagen? ...
In der türkischen Republik werden heute Kurden dazu gebracht, Kurden zu töten. Sie werden gegeneinander aufgehetzt. Es sind politische Formen entwickelt worden, die jedem kurdischen Menschen unbegreiflich sind. Einerseits werden Kurden gegeneinander aufgehetzt, anderseits stehen sie von beiden Seiten unter Beschuss. Agenten spezieller Geheimdienste und des MIT mischen sich unter das kurdische Volk und stacheln es zum Aufstand an, dann tun sie so, als seien sie PKK-Aktivisten und töten die kurdische Bevölkerung ohne einen Unterschied zwischen Jung und Alt, zwischen Männern und Frauen, zu machen. Sie verüben Anschläge und flüchten sofort. Später ziehen sie andere Kleidung an und kommen so an den Tatort zurück. Nun fotografieren und filmen sie und sagen, oh, wie konnte so etwas nur passieren, bringen die Sachen in die Zeitungen und ins Fernsehen und schieben sie der PKK in die Schuhe. Ihr Zweck ist es, das kurdische Volk schlecht zu machen und es zu vernichten. Sie ziehen die Kleidung von Peshmergas an, gehen in die Dörfer, vergewaltigen Frauen und Mädchen und tun unvorstellbare Dinge. Dies ist ein meisterhaft geführter Völkermord gegen die Kurden. Das ist es, was in den Dörfern und Grenzgebieten geschieht. Und in den Städten herrschen Folter und Unterdrückung: Kurdische Jugendliche werden mit Strom gefoltert, an den sogenannten "Palästinenserhaken" gehängt, den jungen Männern werden Stöcke in den After gesteckt, ihre Hoden werden gequetscht, ihre Augen werden geschlossen und sie werden durch Sandsäcke geschlagen, sie werden auf elektrische Bänke geschnallt. Das wird im gesamten Osten und Südosten in den Gefängnissen, in den Polizei- und Gendarmeriestationen praktiziert ... Ihr habt ein wenig mit den Leuten gesprochen. Sie konnten die Wahrheit nicht erzählen. Denn die Mehrheit unter den Leuten sind MIT-Angehörige und Zivilpolizisten. Ihr konntet sie nicht erkennen, aber wir kennen sie gut...
Wir danken Ihnen und ihren Völkern, daß Sie alle möglichen Schwierigkeiten auf sich genommen haben und in das besetzte Kurdistan gekommen sind ... Über Sie rufen wir die Weltöffentlichkeit auf, der Stimme des kurdischen Volkes Gehör zu leihen und sensibel zu sein. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und sprechen Ihnen freundliche Grüße des kurdischen Volkes aus."