Zur Ukraine

Leserbrief

von Bernhard Trautvetter

Bernhard Clasen hat im Friedensforum 4/2021 einen langen Artikel zur Ukraine geschrieben, der einerseits differenzierte Einschätzungen z.B. über die Kritik an der Sprachenpolitik der Kiewer Regierung beinhaltet und andererseits zu besorgniserregenden Verwirrungen in der Friedensbewegung beitragen kann: Unter der Zwischenüberschrift „Die Ursachen des Konflikts" schreibt er: „Russland heizt den Konflikt weiter an, mit Truppen und medial." Herr Clasen übergeht wie die NATO Fakten, ohne die man die Ursachen des Konflikts nicht erfassen kann. Und er stellt die russische Verwicklung ins Kampfgeschehen so unumstößlich als gegeben dar, wie das die transatlantischen Medien nicht tun. Aufgrund der vielfältigen Verbindungen der Bevölkerung der Ostukraine mit Russland ist eine Verbindung russischer Kämpfer plausibel, Sie können auch irgendwie von Russland unterstützt werden. Das ist allerdings nicht das Gleiche wie eine Kampfbeteiligung der russischen Armee auf ukrainischem Gebiet. Ließe diese sich beweisen, dann wäre die NATO sofort zur Stelle, immerhin gab es wiederholt NATO-Manöver mit teils federführender Beteiligung der Kiewer Regierung. Aber es kommt noch schlimmer im Text von Herrn Clasen: Er isoliert die Krim-Krise von ihrer Vorgeschichte, so, wie das auch die NATO tut. Halbwahrheiten sind beim Bemühen um die Regulation von Konflikten bei der Kriegsverhinderung brandgefährlich. Ehe es zur Krimkrise kam, erfolgte die ebenfalls rechtswidrige Absetzung der Janukowitsch-Regierung, da das verfassungsgemäße Quorum für diesen Akt verfehlt wurde. Die dann erfolgte Installierung einer pro-westlichen sog. „Übergangsregierung" war entsprechend verfassungswidrig. Das ist juristisch ein Staatsstreich. Daraufhin erfolgte die Krim-Krise. Sie war mitnichten, wie es die NATO gebetsmühlenartig behauptet, der Wendepunkt im „Sicherheitsumfeld", sie war Resultat von westlich unterstützten illegalen Umorientierungen der Ukraine hin zum Westen. Seither wird die Hochrüstung, sogar die Installierung noch "einsatzfreudigerer" nuklearer Arsenale auch in Büchel mit russischen Rechtsbrüchen verteidigt. Grüne, Sozialdemokrat*innen und andere (teils) transatlantische Kräfte mögen dieses Himmelfahrtskommando argumentativ stützen, das wäre nichts Neues. Aber die Friedensbewegung hat die Aufgabe, den Frieden, das Leben und die Zukunft gegen die Propaganda zu verteidigen, mit der der Militarismus versucht, unsere Gehirne zu vergiften, zu lähmen und zu gewinnen.  
 

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Rubrik

Krisen und Kriege
Bernhard Trautvetter, Mitglied im Essener Friedensforum und Gründungsmitglied von Schule ohne Bundeswehr NRW, friedenspädagogisch und -politisch auch in der GEW NRW aktiv, Lehrer an einem Berufskolleg im Ruhrgebiet, Beiträge zu unterschiedlichen Themen u.a. in Zeitschriften wie neue deutsche schule, Friedensforum; eigene Website: www.fotolyrikart.eu.