Maastricht - So nicht!

von Sylvia-Yvonne Kaufmann
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Im Juni führte der Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen (BAKJ) den Kongreß "Alp-Traum Europa?" in Freiburg durch, um insbesondere den Maastrichter Vertrag kritisch unter die Lupe zu nehmen. Das "Nej" der BürgerInnen Dänemarks hatte dem Konferenzthema zusätzliche ak­tuelle Brisanz verliehen. Und so folgten zwölf Organisationen aus dem linken, grünen und alternativen Spektrum der BAKJ-Einladung nach Freiburg, um ein Aktionsbündnis von KritikerInnen des Vertrages zu gründen. Das Motto für die inhaltliche Plattform "Maastricht -- so nicht! -- Volksentscheid für ein demokratisches Europa" war recht schnell ge­funden. Im Grunde bringt es bereits unsere wesentlichen Positionen zum Ausdruck.

Erstens lehnen wir das Vertragswerk aus verschiedenen Gründen ab. Statt das Demokratiedefizit in der EG zu verrin­gern, sollen noch mehr Machtbefugnisse auf Regierungen und EG-Kommissio­nen übertragen werden. Der Ausbau des Zentralismus ist vorprogrammiert. Eine soziale EG, in der grundlegende Men­schen- und Bürgerrechte gesichert sind, hat im Konzept der geplanten Wirt­schafts- und Währungsunion faktisch keinen Platz. Die Diskriminierung von Frauen wird nicht beseitigt. Die "Europäische Union" ist allein westeu­ropäisch und läßt somit den halben Kontinent vor der Tür. Sie wird vom Primat der Ökonomie beherrscht, schiebt dem notwendigen sozialen und ökologischen Umbau der Industriege­sellschaften einen Riegel vor. Sie ver­schärft damit den Nord-Süd-Konflikt und blockiert die Schaffung einer ge­rechten Weltwirtschaftsordnung. In der vorgesehenen Bildung einer europäi­schen Polizei (Europol) und der ge­planten Gleichschaltung der Asyl- und Flüchtlingspolitik sehen wir den Ver­such des Aufbaus eines neuen eisernen Vorhangs, der Westeuropa vor den Pro­blemen des "Restes der Welt" abschot­ten soll. Die mit Maastricht beabsich­tigte "Europäisierung" der Sicherheits­politik wird einer demokratischen Kon­trolle entzogen, im Grunde soll der Weg zu einer europäischen Militärmacht be­reitet werden.

Zweitens wollen wir auch in Deutsch­land einen Volksentscheid über den Vertrag von Maastricht, der hierzulande ja noch immer unbekannt ist. Aber ein Vertrag wie dieser, der in so gravieren­dem Maße alle Lebensbereiche der Bür­gerInnen berührt, darf nicht über die Köpfe der Menschen hinweg nur in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Deshalb will das Aktionsbündnis, dem sich inzwischen sieben weitere Organi­sationen angeschlossen haben, drittens Aufklärungsarbeit leisten und für eine breite öffentliche Debatte über die Zu­kunft der EG und dieses Kontinents wirken. Wichtige Aktivitäten unserer vor kurzem beschlossenen Kampagne sind die Herausgabe einer Maastricht-kritischen Informationsbroschüre und die Durchführung eines alternativen Eu­ropa-Kongresses im Herbst diesen Jah­res. Dort soll nicht nur in erster Linie das "So nicht!", sondern vor allem das alternative "Wie dann?" diskutiert wer­den. Denn wir sind der Meinung, das Thema Europa sollte nicht den Herr­schenden überlassen bleiben, schließlich geht Maastricht uns alle an.

 

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Sylvia-Yvonne Kaufmann ist eine der SprecherInnen des Aktionsbündnisses Antirassistische Aktionskonferenz Thüringen.