Ein Konzern findet sein Gedächtnis wieder

Mit Mannesmann schneller zum Atomkrieg!

von Wolfgang Hüning
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Der Auftrag
Seit Juli 1989 produziert die Mannesmann AG in Düsseldorf als Subunternehmer des amerikanischen Konzerns Bechtel "Atomwaffengrüfte" (Nuclear Weapon Storage Vaults). Die Produktionsstätten sind Mannesmann Anlagenbau in Düsseldorf und Mannesmann-DEMAG in Duisburg. Mit diesem System sollen, nach einem Protokoll des amerikanischen Kongresses, 25 Luft-waffenstützpunkte in Westeuropa und einer in Südkorea ausgerüstet werden.

Die Atomwaffengrüfte
Die Atomwaffengrüfte sind Minibunker mit einer Art Hebebühne, die im Hangar direkt unter Kampfflugzeugen eingebaut werden. Bestückt werden sie mit Atombomben und nuklearen Missiles. Diese sind dann innerhalb weniger Minuten einsetzbar. Bisher lagern die Atomwaffen in Sonderdepots, oft Kilometer vom Flugplatz entfernt, und müssen von dort aus mit Hubschrauben oder LKW-Konvois zu den Kampf- und Bomberflugzeugen transportiert werden.
Die Arbeit der G.A. DÜNE
Seit Ende 1989 sammeln wir, die Gewaltfreie Aktionsgruppe DÜNE, Informationen über diesen Auftrag. Mehrfach haben wir vor Mannesmann-Werkstoren und auch vor dem Hauptverwaltungsgebäude der Mannesmann AG in Düsseldorf Flugblätter verteilt und so die Mit-arbeiterInnen informiert. Vor den Toren der Hauptversammlung 1990 wurden von uns auch die AktionärInnen auf den Auftrag aufmerksam gemacht. Der Vorstand schwieg allerdings konsequent über die Atomwaffengrüfte. Eine Unterschriftenaktion wurde begonnen und zu Protestbriefen aufgerufen.

Hauptversammlung 1991
Auf der Mannesmann-Hauptversammlung am 5. Juli 1991 habe ich dem Vorstand in meiner Eigenschaft als Mannesmannaktionär einige Fragen gestellt. Uns interessierte insbesondere, wo und wie viel dieser Atomwaffengrüfte gebaut werden, wann die Aufträge auslaufen und ob es Nachfolgeaufträge geben wird; des Weiteren, welchen Umfang die Rüstungsproduktion im Konzern hat.

Interessant ist die "Beantwortung" meiner Fragen durch den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Werner Dieter. So stellte er fest, daß es sich um einfache Stahlbehälter handele, die jedes Stahlwerk herstellen könne und somit die Produktionsorte unerheblich seien. Außerdem wisse er nicht, ob darin Atomwaffen gelagert werden sollen ("Nuclear Weapon Storage Vaults"). Des Weiteren sagte Herr Dieter, das genaue Auftragsvolumen sei ihm nicht bekannt, aber es werde ja auch nicht so eine große Rolle spielen. Über den Produktionsschluß äußerte er sich gar nicht, und Nachfolgeaufträge hingen von "zukünftigen Entwicklungen" ab. Als ich nun wiederholt meine Fragen für nicht beantwortet erklärte, zog sich Herr Dieter mit merklich schärferem Ton auf die Vertraulichkeit solcher Angaben zurück. Kurzum, die Konzernleitung hütet die Angaben wie militärische Geheimnisse vor den eigenen AktionärInnen.

Rüstung verhüten
Am 2. Dezember 1991 gaben wir dem Mannesmann-Vorstand eine weitere Gelegenheit, endlich eine inhaltliche Stellungnahme abzugeben. Vor der Mannesmann-Hauptverwaltung haben wir gemeinsam mit befreundeten Gruppen und Personen das Modell einer Atomrakete aus einer "Gruft" steigen lassen. Neben Flugblättern verteilten wir auch Karten mit einem Kondom und dem Text: "Den Krieg verhütet es nicht" Mannesmänner: Stoppt die Rüstungsproduktion!". Damit wollten wir den Zusammenhang zwischen Rüstung und männlichem Gewaltmonopol darstellen. Männer besetzen Schlüsselpositionen in Wirtschaft, Industrie und Militär; ihr Wissensdurst, ihre Technikgläubigkeit und ihr Wille zu herrschen und zu unterwerfen erzeugen Rüstung, Raketen und Krieg.

Gleichzeitig bemühten wir uns im Gebäude um ein Gespräch mit der Konzernleitung. Die Pförtner riefen jedoch zunächst den Werkschutz herbei, der dann die Aufzüge und den Treppenaufgang mit Wachposten besetzte. Ob Mannesmann mit einer aggressiven Invasion gerechnet hat?

Statt des Vorstands kam die Polizei
Als uns der Werkschutz aus dem Haus wies, erklärten wir erneut den Zweck unseres Besuchs. An Stelle von Herrn Dieter kam dann aber die Polizei. Die Polizeibeamten waren sehr viel schneller in der Lage, unser Anliegen zu begreifen, sahen sich letztendlich allerdings gezwungen, uns unter Androhung einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs aus dem Gebäude zu weisen. Schließlich ist Mannesmann ein Privatunternehmen und somit die Produktion von Atomwaffengrüften eine Privatangelegenheit. Am gleichen Tag haben wir diese Aktion bei der Mannesmann-Handel fortgesetzt, wo zu dem Zeitpunkt eine Vorstandssitzung begann. Wiederum wurde die Polizei zu unserem Gesprächspartner.
An beiden Orten fielen hinter uns die Türen ins Schloß, die Eingänge wurden verriegelt und durch Werkschutz besetzt.

Das wiedergefundene Gedächtnis
Größeres Interesse als der Mannesmann-Vorstand zeigten jedoch Presse und Rundfunk, die über unser Bemühen berichteten. Daraufhin fiel dem Konzern plötzlich und unerwartet ein, daß die Atomwaffengrüfte gar nicht mehr produziert werden. Jetzt war der Vorstand auch zu Angaben bereit, die fünf Monate vorher, auf der Hauptversammlung, gegenüber den AktionärInnen militäri-sche Geheimnisse betrafen.

Wünschen wir Herrn Dieter und seinen Mannesmannen, daß jetzt das Gedächtnis erhalten bleibt.

Kontaktadresse: Gewaltfreie Aktionsgruppe DÜNE, Detlef Beck, Heike Huschauer, Neuenbaumer Str. 17 a, 4040 Neuss 21, 02137/7 08 71

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