Bundeswehr

Neue Rüstungsprojekte

von Christine Schweitzer

Das Verteidigungsministerium soll unter dem Strich ab 2013 pro Jahr 2 Milliarden € einsparen, wobei derzeit die Sparvorschläge vom Verteidigungsminister zusammen mit einer Strukturkommission lediglich bis September „geprüft“ werden sollen. Konkretester Vorschlag derzeit: der Abbau von bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Der Verteidigungsminister muss darüber hinaus Möglichkeiten prüfen, wie sich im Nato-Bündnis durch eine bessere Arbeitsteilung zusätzliche Einsparpotenziale realisieren lassen. Doch schon, als Minister Schäuble im Mai seine RessortkollegInnen anschrieb und das Verteidigungsministerium aufforderte, von 2011 bis 2014 auf 4,4 Milliarden € gegenüber dem bisherigen Haushaltsansatz von rund 163 Mrd. €) zu verzichten (1), erklang sofort ein großes Wehgeschrei an: Deutschland könne schon bald seine internationalen Verpflichtungen in Afghanistan und anderswo nicht mehr ausreichend erfüllen, erklärte der Vorsitzender des Bundeswehrverbands, Oberst Ulrich Kirsch. „Mancher Soldat werde sich dann innerlich fragen, ob die Politiker nach dem Motto: ‚Lieber Blut als Geld’ mit seinem Leben nicht zu leichtfertig umgingen“, polemisierte Kirsch. (3)

Als ob er geahnt hätte, dass mit der Finanzkrise auch der Verteidigungsetat Federn würde lassen müssen, ist Generalinspekteur Schneiderhans Bundeswehrplan 2010 nur dürre 12 Seiten lang – sein Vorgänger 2009 umfasste noch 81 Seiten.(3) Der Plan wünschte sich für 2010 ein Budget von 32 Mrd. € – der Bundestag bewilligte 31,1 Mrd.. Trotzdem bleibt der Verteidigungsetat 2010 der drittgrößte Einzeletat des gesamten Bundeshaushalts 2010. Ungefähr die Hälfte der Kosten sind Personalausgaben. (4) Die Ausgaben für militärische Beschaffungen belaufen sich insgesamt auf 2,28 Mrd. Euro, davon sind allein 1,15 Mrd. für den Eurofighter vorgesehen. 317,6 Millionen Euro stehen für die Beschaffung von gepanzerten und Kampffahrzeugen zur Verfügung und 580 Millionen Euro für Investitionen in Schiffe und Marinegerät. Die Ausgaben für Flugzeuge und flugtechnisches Gerät sinken von 591,6 Millionen Euro auf 555 Millionen Euro.

Auslandseinsätze
Nicht berührt von den Kürzungen 2010 sind die Ausgaben für Auslandseinsätze: Dafür wurden für 2010 605 Mio Euro (zum Vergleich: 2009 waren es noch 580 Mio.) eingestellt. Dies sind aber nicht die Gesamtkosten der Auslandseinsätze, doch diese werden nirgendwo offiziell ausgewiesen. Die 605 Mio. € sind lediglich die sog. „einsatzbedingten Mehrkosten“.(5) Die Fraktion der LINKEN schätzt, dass ISAF, ATALANTA, EUFOR & Co in 2010 mehr als 1,2 Mrd. Euro kosten dürften, davon alleine 1 Milliarde für den Afghanistaneinsatz. Ihr zufolge „lagen die tatsächlichen Kosten für ISAF im Jahre 2009 bei 738 Millionen Euro, während die Plangröße 591 Millionen Euro betrug. Insgesamt wurde im Jahre 2009 mit 1,099 Mrd. Euro ca. 160 Millionen Euro mehr für die ‚Auslandseinsätze der Bundeswehr’ ausgegeben als ursprünglich veranschlagt.“(6)

Neue Rüstungsprojekte
Die Bundeswehr plant seit einigen Jahren schon eine Reihe neuer Beschaffungen, die allerdings zeitlich inzwischen etwas gestreckt wurden. Die teuersten davon sind folgende (7):

  • Das Militärtransportflugzeug Airbus A 400M, das die Transall ersetzen soll und dessen Kostensteigerung in Höhe von über 5 Mrd. (andere Quellen sprechen sogar von 10 Mrd.) gegenüber den ursprünglichen fest vereinbarten 20 Mrd. immer wieder für Schlagzeilen sorgte. Inzwischen haben die sieben Käuferländer (Deutschland mit 60 Maschinen, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Spanien und die Türkei) sich mit EADS geeinigt und sind bereit, sich mit 3,5 Mrd. € an den Mehrkosten zu beteiligen.
  • Zusätzlich wird überlegt, auch Boeing-Frachtmaschinen, die mehr Laderaum als der A 400M haben, zu kaufen oder zu chartern.
  • Das zweite Eurograb ist der Eurofighter, von dem ursprünglich 180 Stück angeschafft werden sollten. Er wird von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien gemeinsam entwickelt; bislang hat Deutschland 14,6 Mrd. € für ihn ausgegeben; nach der Bundeswehrplanung soll er insgesamt 21,7 Mrd. € kosten.
  • Von einem neuen mittelschweren Hubschrauber mit der Typenbezeichnung NH90, an dem u.a. Rheinmetall beteiligt ist, sollen 38 Stück im Wert von über 4 Mrd. € angeschafft werden.
  • 2,9 Mrd. € würde die angedachte Entwicklung und Anschaffung einer unbemannten Drohne (Talarion), die auch bewaffnet werden kann, kosten. Sie wird von EADS gebaut, das hofft, Deutschland, Frankreich und Spanien als Abnehmer zu gewinnen.
  • Aber auch Heer und Marine können sich auf neues Gerät freuen:
  • Der Schützenpanzer Puma, hergestellt von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, soll den veralteten Marder ersetzen. Es ist die Anschaffung von 405 Panzern im Wert von 3,1 Mrd. € geplant.
  • Die Marine kann sich auf vier neue Fregatten mit dem Namen F-125 freuen, die von einem Konsortium aus ThyssenKrupp und der Lürssen-Werft hergestellt werden und pro Schiff ca. 656 Mio € kosten sollen.

In der Entwicklung befindet sich eine neue Rakete, die feindliche Raketen abfangen können soll. Das Flugabwehrsystem Meads, das die US-Rakete Patriot ersetzen soll, hat bislang etwa 1,25 Mrd. € Entwicklungskosten verschlungen. Die Beschaffung des noch nicht einsatzfähigen Systems würde dann nochmals 2,85 Mrd. € kosten.

Last not least ist die Bundeswehr dabei, ein neues komplexes IT-Netzwerk mit dem Namen Herkules für ihre interne Verwaltung zu entwickeln. Siemens und IBM arbeiten zusammen mit dem Bund daran. Es soll insgesamt 7,1 Mrd. € kosten – im Bundeswehrplan 2010 wird das Projekt allerdings nicht mehr beziffert.

Nehmen wir doch mal an …
Vielleicht zum ersten Male in der deutschen Geschichte seit der Wiedervereinigung mögen alle diese Zahlen neben den Beträgen, die im Zusammenhang mit der Eurokrise verhandelt werden, verblassen. Geht es dort doch um Notkredite von bis zu 110 Milliarden für Griechenland, an denen sich Deutschland mit bis zu 22,4 Mrd. € beteiligen will, und um Maßnahmen zur Stabilisierung der Währungsunion mit einem Garantierahmen von 750 Milliarden, von denen Deutschland 123 Mrd. schultern will. Rein rechnerisch wäre dies mit einem sofortigen Verzicht auf alle Verteidigungsausgaben in den nächsten drei Jahren zu erreichen. Aber so einfach kann man natürlich nicht rechnen, denn selbst unter der utopischen Annahme, dass die Bundesregierung morgen beschließen würde, die Bundeswehr aufzulösen, würden die Konversion, die Ablöse für bestehende Verträge und der sozialverträgliche Abbau alles Militärischen natürlich auch Geld kosten. Aber nehmen wir doch mal an, dass wegen der Krise beschlossen würde, alle größeren Auslandseinsätze zu beenden, keine neuen Geräte zu kaufen, für die keine rechtsverbindlichen Verträge bestehen und die Zahl der Soldaten nicht nur um 40.000, sondern um die Hälfte zu reduzieren. Wäre das nicht ein sinnvoller Sparbeschluss, wenn denn schon gespart werden soll, anstatt durch Steuern die Einnahmeseite zu verbessern?

 

Anmerkungen
1) http://www.n-tv.de/politik/Minister-muessen-sparen-lernen-article878806....

Bundeswehrplan 2010, erlassen vom Generalinspekteur am 19. Juni 2009 (http://www.geopowers.com/Konzepte/Bw_2010__/Bundeswehrplan_2010.pdf)

2) Bundeswehrverband, 25.5.2010. http://www.dbwv.de/web/dbwv/extranet_dbwv_cb.nsf/vwContentByKey/W285SGHK...

3) Auch schon im Haushalt 2010 wurde gespart. Besonders betroffen von den Kürzungen war die Beschaffung des Großraumtransportflugzeuges A400M, aber auch Mittel für Nachwuchswerbung, für Mieten und Pachten, für die Absicherung ehemaliger Soldaten,  für „sonstigen Betrieb“ (z.B. Fahrzeuge, Kommunikation) und zur Erhaltung vorhandenen Geräts wurden leicht gekürzt.

4) Quellen für diese und die folgenden Zahlen:

Verteidigungsministerium, http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLd...

Bundestag: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/28977221_kw11_sp_hh_ve...

Bundeswehrplan 2010 a.a.O.

5) Siehe dazu auch Arno Neuber im Friedensforum 1/2009, S. 18f.

6) ttp://www.linksfraktion.de/thema_der_fraktion.php?artikel=1778879096

7) Siehe Arno Neuber 2009 a.a.O.;

Financial Times Deutschland vom 8.1.2010 (http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:bundeswehrvorhaben-welche-ruest...)

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Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.