Eine junge, lokale Friedensinitiative

Neuss Steht Für Frieden

NEUSS STEHT FÜR FRIEDEN (NESFF) gründete sich während des anhaltenden Syrienkrieges im Oktober 2015 und bereits am 4. Adventssonntag 2015 fand unsere erste öffentlichkeitswirksame Aktion auf dem Weihnachtsmarkt in Neuss statt, bei dem wir mit eigenen Info-Flyern und Kreidespray-Graffitis auf uns aufmerksam machten und prompt in der örtlichen Presse punkten konnten.

 

Fünf nicht mehr ganz so junge Mitstreiter*innen - die bisher bei attac, Greenpeace, Sea Shepherd oder dem Grundrechtekomitee Mitglied und aktiv waren - fanden sich zusammen, um dem weltweiten Militarismus auch in Neuss die Stirn zu bieten. Unser Ziel war eine außerparlamentarische Sammlungsbewegung, bei der jede und jeder mitmachen kann, die oder der friedensstiftend und völkerverbindend wirken will, und die gleichzeitig einen jugendlicheren Touch haben sollte. Denn eins war von Anfang an klar, die Friedensbewegung, wie wir sie wahrnehmen, war zu alt und leider auch zu altbacken. Also wollten wir mit einem modernen Logo, professionellem Banner und auffälligen Flyern im Corporate-Design etwas frischen Wind in die Friedensdebatte bringen.

NESFF sollte zudem möglichst weit in die bürgerliche Mitte der Gesellschaft hineinreichen und eben nicht eine weitere, typisch „strammlinke“ Gruppierung werden. Zum einen, weil man damit erfahrungsgemäß nicht die Masse erreicht und mehr schlecht als recht in der eigenen Echokammer rumdümpelt. Zum anderen war die Friedensbewegung in den 1980er Jahren schon breit aufgestellt und konnte damit große Erfolge verbuchen.

So haben wir dann im weiteren Verlauf das bürgerliche Leben in einer der ältesten Städte Deutschlands mit ein wenig Kreativität „aufgepeppt“ und zum Antikriegstag, dem run4peace-Spendenlauf 2016 und 2017, dem alljährlichen „Rock Gegen Rechts“-Festival in Düsseldorf sowie unseren Ostermärschen immer wieder bunte Aktionen veranstaltet. Waren es 2016 lediglich knapp 30 Personen, konnten wir die Teilnehmer*innenzahl bei den folgenden Ostermärchen verdoppeln, bis 2018 schließlich gut 130 Personen teilnahmen. Was an sich immer noch viel zu wenig ist, aber aus mittlerweile Tradition ziehen wir nach dem Neusser Ostermarsch weiter nach Düsseldorf und verschönern dort den offiziellen Rhein Ruhr-Ostermarsch mit unserem Banner. Und genau dieses ist immer gerne gesehen. Neben Fotos in der Stadtpresse schaffte es unser Banner in die aktuelle Stunde des WDR und sogar bis die 20-Uhr-Tagesschau.

Mit wechselnden Konstellationen und Unterstützer*innen haben wir uns an den alljährlichen Demonstrationen in Essen, Kalkar und Ramstein sowie den letzten „Fridays For Future“-Streiks beteiligt und unterschiedliche Aktionen und Veranstaltungen alleine oder im Bündnis (z.B.: bei einem Flüchtlingscamp gegen Waffenlieferungen vor Rheinmetall-Konzernzentrale in Düsseldorf) durchgeführt. Im Rahmen der Einweihung eines Friedenglockenspiels in der belgischen Stadt Leuven (die im Ersten Weltkrieg von einem Neusser Landsturmbataillon in Brand gesteckt wurde) haben wir zur Wiedergutmachung mit den Repräsentant*innen der Stadt Neuss eine völkerverbindende Reise in unser Nachbarland unternommen und viele tolle Menschen der „Leuvense Fredesbeweging“ kennengelernt. Unsere aufwändigsten Aktionen waren bei Weitem die „Kaperung“ der Website des „Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V.“, die wir 2018 als Aprilscherz für einen Monat kurzerhand in „Bundesverband der Deutschen Sozialfriedens- und Verantwortungsorganisationen e.V.“ umbenannten und mit Hilfe eines Webdesigners und Grafikers professionell mit allerhand friedlichem und informativem Inhalt fütterten. Sowie der Bau einer beweglichen Großfackel (ähnlich der Wagen zum Kölner Karneval) mit einer überdimensionalen Friedentaube als Aufbau, um die Friedensmessage auch beim größten Schützenfest am Rhein in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Mit all diesen Aktionen wollten wir eine friedliche Welt mit selbstbestimmter Demokratie, kultureller Vielfalt und Menschenrechten für alle mitgestalten.

Letztlich müssen wir nach über vier Jahren Friedensarbeit jedoch festhalten: Der schlimmste Krieg, der momentan und seit Jahrzehnten tobt, ist der Krieg gegen unsere eigene Lebensgrundlage. Die drastischen Konsequenzen des Klimawandels werden immer mehr zu einem existenziellen und gesamtgesellschaftlichen Problem. Durch die Zunahme von Naturkatastrophen und neuen Ressourcenkämpfen sowie klimabedingten Migrationsbewegungen könnten - wie die Geschichte zeigt - immer mehr autoritäre Maßnahmen folgen. Daher sollte uns nicht die Sorge vor einer Ökodiktatur lähmen, sondern weit mehr die Entstehung einer postökologischen Autokratie Angst machen! Die Friedensbewegung muss wesentlich „unfriedlicher“, soll heißen, viel bestimmter in ihren Aktionen. werden, als Ostermärsche oder Mahnwachen abzuhalten. Da kann sie sich definitiv noch viel bei der Umweltbewegung abschauen! Deshalb wird es Zeit, sich endlich zusammenzutun und Diskrepanzen niederzulegen, die im Angesicht des drohenden Klimakollaps und seine Folgen lächerlich erscheinen werden. Es geht um nicht weniger als unsere Existenz! PEACE!

Der Autor möchte ungenannt bleiben. Sein Name ist der Redaktion bekannt. Die Initiative ist auf Facebook: www.facebook.com/neussfrieden

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