Informationsnetz Aktivitäten zu den 50. Jahrestagen der Befreiung von Faschismus und Krieg und dem 8. Mai 1995

Nie wieder!

von Mani Stenner
Initiativen
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Im Jahr 1995 jährt sich die Befreiung von Faschismus und Krieg zum fünfzigsten Mal. Die Bundesregierung wird vermutlich in den Vorder­grund stellen, wie die Bevölkerung selbst leidend das Kriegsende erlebt hat. In dieser Sichtweise werden dann alle Deutschen zu Opfern. Ein großer Medienverbund wird die öffentliche Wahrnehmung in den Vor­monaten mitprägen. Aber auch viele Initiativen werden sich an der poli­tischen Diskussion um die Bedeutung des 8. Mai durch lokale und re­gionale Aktivitäten "von unten" beteiligen.

Die Diskussion um die Bedeutung der Befreiung von Hitlerfaschismus und Krieg wird gegen regierungsamtlichen Geschichtsrevisionismus, von oben ge­predigtem neuen deutschen Nationalge­fühl und einer massiven Militarisierung der Außenpolitik auch ein Kristallisati­onspunkt der politischen Auseinander­setzung, welche Republik wir wollen.

Das offizielle Gedenken und Feierlich­keiten zum 8. Mai 1995 unter Kanzler Kohl werden ein Bild des Kriegsendes und der neuen Rolle der Bundesrepublik zu vermitteln suchen, das die Unter­schiede zwischen Tätern und Opfern verwischt, neuen Nationalismus ver­stärkt und das Ver­mächtnis des antifa­schistischen Wider­stands und den Frie­dens- und Demokra­tisierungsauftrag des Tags der Befreiung unberücksichtigt läßt. In der Bun­desregierung ist der 8. Mai 95 zur Chefsache erklärt worden.

Viele Initiativen und Organisationen der antifaschistischen, bürger- und men­schenrechtlichen und Friedensbewegung bereiten lokale und regionale Veran­staltungen zu den Jahrestagen der Be­freiung von Städten, Konzentrationsla­gern und zum Kriegsende am 8./9. Mai vor. Viele Gruppen werden ihre Aktio­nen mit den wichtigen Themen der Ge­genwart verbinden, dem Umgang mit Flüchtlingen und Menschenrechten heute und dem Kampf gegen Rassismus und Neofaschismus. Für viele friedens­politisch orientierte Gruppen gilt es, die Debatte um den Friedensauftrag des 8. Mai 45 offensiv aufzunehmen. So plant das Komitee für Grundrechte und De­mokratie eine Stellungnahme im Tenor "Die militärisch-kriegerische Befreiung Deutschlands ist kein Argument für mi­litärische Konfliktlösungen, wie sie heute wieder verstärkt akzeptiert werden und der zunehmenden Militarisierung Deutschlands entsprechen. Aus diesen Erfahrungen sind - statt militärische - konsequent pazifistische Konsequenzen zu ziehen". Und das Friedensnetz Ba­den-Württemberg, ORL u.a. überschrei­ben ihren Aufruf zur Karlsruher Demo "Frieden schließen - statt weltweit schießen".

50 Jahre nach Kriegsende und der Ka­pitulation des Hitlerfaschismus wird aber auch die geschichtliche Diskussion um Täter und Opfer, um die Rolle der Wehrmacht als Teil der nationalsoziali­stischen Vernichtungsmaschinerie und die Forderung nach Rehabilitierung und Wiedergutmachung für vergessene Op­fergruppen, Roma und Sinti, Homose­xuelle, Deserteure (und deren Schutz heute)  und andere Opfer der Wehr­machtsjustiz eine große Rolle spielen. Regionale Spurensuche z.B. zu Depor­tationen, Schicksal von Zwangsarbeite­rInnen u.ä. sind generell wichtig. Die VVN hat in einer Broschüre auch schon herausgestellt, daß noch immer 30 Bun­deswehr-Kasernen nach Nazi-Generälen benannt sind. Dazu gibt es jede Menge nach Militaristen benannte Straßen. Auch hier liegen Aktionsmöglichkeiten vor Ort.

Beim Beratungstreffen in Frankfurt (16.11.) haben wir den Aufbau eines In­formationsnetzes dazu als Service für Initiativen und Presse verabredet, damit die vielen Aktivitäten in ihrer gemein­samen politischen Absicht sich besser behaupten und "rüberkommen" können. Die Servicearbeit werden in enger Ab­stimmung die Büros des Netzwerks Frie­denskooperative, der VVN-BdA Hessen in Frankfurt und das noch zu bestim­mende Organisationsbüro der Berliner Kundgebung leisten. Für die erste Hälfte Januar 95 ist ein weiteres Beratungstref­fen geplant. Ein erstes 6seitiges Info mit ausführlicheren Beschreibungen von Vorschlägen und Überlegungen von Gruppen ist im Netzwerk-Büro gegen Portokosten erhältlich, einige feste Ter­mine sind schon beim Terminüberblick auf Seite 43 berücksichtigt.

 

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