Reaktionen in der Bundesrepublik

von Mani Stenner
Hintergrund
Hintergrund

Die Regierungskoalition hat die völkerrechtswidrige Bombardierung des Irak faktisch mitgetragen: "Die SPD-Bundestagsfraktion ist sich mit der Bundesregierung einig, dass die militärischen Maßnahmen gegenüber dem Irak bedauerlich, aber notwendig waren". Die Fraktion B90/Die Grünen sieht zwar "die Gefahr, dass die UNO so auf ein Abstellgleis befördert wird". Allerdings: "Die brutale und skrupellose Diktatur Saddam Husseins hat durch die ungenügende Erfüllung der UNO-Resolutionen die Hauptverantwortung für die fortbestehenden Konflikte". Gruppen der Friedensbewegung protestierten heftig - bei den verschiedenen Demonstrationen und Mahnwachen war der Zulauf allerdings gering.

"Kein Krieg am Golf - die Waffen nieder!" Die Positionen der Friedensbewegung waren schon im Februar in einer gemeinsamen Erklärung zusammengefasst worden, als der Militärschlag durch die Mission Kofi Annans zunächst noch abgewendet wurde. Darin hieß es: Der von den USA und Großbritannien angedrohte Militärschlag gegen den Irak wäre völkerrechtswidrig und inhuman." Und: "Diktator Saddam Hussein ginge politisch gestärkt daraus hervor ... Frieden am Golf kann nicht militärisch, sondern nur zivil gewonnen werden." Die Organisationen sahen die Provokationen Saddam Husseins gegen die UNSCOM als Versuch, die Aufhebung der Sanktionen wieder ins Gespräch zu bringen und dem Irak die Stellung als Regionalmacht in der Ölregion zu sichern, während umgekehrt die USA (anders als vor Jahren) gerade diese Machtstellung jetzt brechen wollen. Es geht immer noch um Öl. Die Friedensorganisationen forderten Beendigung der Kriegsdrohungen, vom Irak die Freigabe der Anlagen für die Inspekteure, Vermittlung durch die UN, Veränderung des Embargos zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung und die Aussicht der Aufhebung des Embargos nach Erfüllung der UN-Resolutionen. Schließlich müssten "endlich Initiativen ergriffen werden, dass alle Staaten ihre atomaren, chemischen und biologischen Waffenproduktionen und Arsenale zerstören und alle Massenvernichtungsmittel weltweit geächtet werden".
 

Diese Positionen spiegelten sich auch in den Erklärungen verschiedener Friedensorganisationen gegen das "Wüstenfuchs"-Bombardement im Dezember wider. Die IALANA nimmt Bezug auf die UN-Charta und urteilt eineindeutig: "Es handelt sich um eine völkerrechtswidrige Aggression". Friedenskooperative wie IPPNW, BSV, Naturwissenschaftler-Initiative und Komitee für Grundrechte sahen anlässlich des Impeachment-Verfahrens gegen Clinton auch große innenpolitische Motivationen für den Zeitpunkt des Angriffs. Betont wurde auch, wie sehr der unauthorisierte Kriegsakt das Völkerrecht und die Vereinten Nationen beschädigt hat. Das Rüstungsinformationsbüro BaWü und die Kampagne gegen Rüstungsexport erinnerten die Bundesregierung auch daran, sich die verhängnisvolle Rolle Deutschlands bei der Aufrüstung von Saddam Hussein z.B. mit dem gegen die Kurden eingesetzten Giftgas vor Augen zu führen und sich gerade deshalb intensiv für eine nicht-militärische Lösung einzusetzen. Der Bundesausschuss Friedensratschlag formuliert: "Faustrecht mit High-Tech-Waffen". Pax Christi stellt fest: "Die Regierungen in Washington und London sind damit Gefangene ihrer eigenen Drohpolitik gegenüber dem Irak geworden. Diese Demonstration militärischer Stärke wird nämlich den Weg für weitere internationale Waffenkontrollen im Irak auf unbestimmte Zeit verbauen." Auch die Jusos verurteilen den Militärschlag: "Die Irak-Krise kann nur politisch gelöst werden. Dafür muss ein Plan zur friedlichen Rückkehr Iraks in die Völkergemeinschaft und zur Entwicklung des Landes erarbeitet werden". Das Komitee für Grundrechte fragt: "Muss man das rot-grüne Bündnis ... bereits bei der ersten großen Herausforderung friedenspolitisch abschreiben?" und weist auf die Folgerungen für die Zukunft hin: "Die durch den Bombenangriff auf den Irak gezeigte Selbstherrlichkeit der USA und Großbritanniens sind die Vorwegnahme dessen, was gegenwärtig als neue NATO-Strategie beschlossen werden soll: die eigenen Interessen ohne Rücksicht auf internationales Recht und die Vereinten Nationen durchzusetzen."

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