Leserbrief: Einige Anmerkungen zu Martin Singes Artikel

"Resist - Ziviler Ungehorsam gegen den Irak - Krieg"

von Ernst-Ludwig Iskenius

Zweifellos habe ich von Anfang an das Personenbündnis "Resist" und die Kampagne zum zivilen Ungehorsam gegen den Irak-Krieg begrüßt, unterschrieben und auch mitgemacht. Allerdings habe ich im Gegensatz zu Martin Singe die Blockade-Aktionen nicht als weiterführende massenhafte Widerstandsaktion erlebt, sondern als sehr begrenzte Protestaktion an einigen "Hot-Spots" der Kriegsmaschinerie. Vor allem ist durch diese Aktionen nicht rübergekommen, dass die Bundesrepublik und die Regierung aktiv am Golfkrieg beteiligt waren entgegen den Beteuerungen, die sie verbal von sich gaben. Deswegen war auch das Spektrum der Beteiligung (zumindest außerhalb von Frankfurt) auf den harten Kern von Friedensaktivisten beschränkt.

Sand im Getriebe der Militärmaschinerie ist wirklich zu hoch gegriffen. Nichts brachte unsere Hilflosigkeit stärker zum Ausdruck, als der schwere Flugzeugtransporter über unsere Köpfe in Richtung Irak schwebte, sicherlich voll mit allerlei Kriegsspielzeug für die Soldaten.

Auch wenn wir uns widerrechtlich vor das Haupttor der US-Airbase gesetzt hatten (sei es in Frankfurt oder Stuttgart - zwei Aktionen, an denen ich mich beteiligte), war das höchstens verschärfter Protest, aber kein Widerstand im Sinne, die Militärmaschinerie gestört zu haben, geschweige denn, deren Legitimation ernsthaft in Gefahr gebracht zu haben. Dazu waren wir zu wenig, außerdem kaum über die gesellschaftliche Schranke des spezifischen Spektrums gesprungen. Diese Aktionen waren nichts anderes als Protest, wie er sich in diesen Wochen in vielen Städten und Gemeinden abgespielt hat, so wurde er auch von den Medien aufgegriffen.

Das Spektrum, für zivilen Ungehorsam bereit zu sein, hat sich auf keinen Fall erweitert und fällt numerisch hinter die AKW-Aktivitäten im Wendland noch zurück. Es war auch kaum jemand von weiterher zu mobilisieren, selbst Leute, die solche Aktionen schon mitgemacht haben, anders als z. B. nach Berlin.

Ich denke, es ist überzeugender und richtiger, die realistischen Kräfte- und Bewusstseinseinschätzung vorzunehmen als sich durch "Luftschlösser" selbst etwas vorzumachen.

Ich will damit nicht unbedingt diese Aktionen abtun oder madig machen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir von einer massenhaften Widerstandskultur noch weit entfernt sind, sondern weiterhin selbst innerhalb der Friedensbewegung eine verschwindend kleine Minderheit sind. Das realistisch sich immer wieder vor Augen halten, hilft auch Erwartungen und Enttäuschungen vorzubeugen.

Das heißt nicht, dass wir weiterhin versuchen sollten, solche Aktionen zu initiieren und auch durchzuführen. Resist muss mehr bedeuten als nur gegen den Irakkrieg. Resist muss auch mehr bedeuten als nur für die andere Seite kalkulierbare Blockaden vor Haupttoren, die leicht für die Militärmaschinerie umgangen werden können. Resist muss "bunter" werden, in seinem äußeren Ausdruck (Art der Aktionen) wie auch an mehr Orten, wo Militarisierung und Aufrüstung zum Ausdruck kommen. Ich denke an Waffen- und Rüstungsfabriken, deutsche Militäreinrichtungen, insbesondere für Krisenreaktionskräfte ("Unsere Interessen werden am Hindukusch verteidigt"), Bombenübungsplätze, Planungsstäbe etc. Aufrufe zur Desertation, Verweigerung, Inspektionen etc. vergrößern die Bandbreite und lassen mehr lokale Initiativen wachsen.

Herzliche Grüße, Ernst-Ludwig Iskenius

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Ernst-Ludwig Iskenius ist Mitglied in der IPPNW.