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Die von unterschiedlichen Ansätzen betriebene Kampagne "Bundesrepublik ohne Armee" (BoA) hat erneut viele Fragen aufgeworfen. Sind nicht zuvörderst die Militärpakte aufzulösen, oder werden nicht gerade diese Pakte benötigt, um das deutsche Militär in Schach zu halten? Andere befürchten, eine Neutralisierung der deutschen Staaten oder ihr Austritt aus den Pakten führe zu einer Re-Nationalisierung. Kontrovers wird diskutiert, ob BoA nicht zu kurz griffe, es ginge schließlich um die Entmilitarisierung des gesamten Gebietes von BRD und DDR.
Freilich gibt es auch die Sorge, eine Defensivierung könne eine neue Runde der Aufrüstung einleiten. Diskutiert wird auch, ob das vereinte Deutschland nicht aus der EG ausscheiden solle, was allerdings wieder die Frage der Re-Nationalisierung deutscher Politik aufwürfe, oder ob nicht die EG nach Osten auszuweiten sei, um schließlich Europa bis zu den Grenzen der UdSSR zu umfassen.
Solche Kontroversen beruhen zum Teil auf unterschiedlichen Einschätzungen der gegenwärtigen Situation und Tendenzen. Ich will deshalb zunächst meine Situationsbeurteilung vorstellen, ehe ich auf Forderungen eingehe und Vorschläge unterbreite.
Einschätzungen zur historischen Situation und ihrer Tendenzen
Einige Forderungen und ihre Folgen
Die Forderung nach Auflösung der NATO oder nach Austritt hat ihre Brisanz verloren. Der westeuropäische Militäraufbau würde nur beschleunigt werden.
Wir können aber auch nicht dafür eintreten, daß US- und sowjetische Truppen stationiert bleiben, um militärische Alleingänge der Deutschen zu unterbinden. Das wäre die Verlängerung der Nachkriegszeit und könnte zu deftigen nationalistischen Ressentiments führen.
Sollte die BRD aus der EG austreten, so schickte man die Deutschen auf einen Sonderweg der Re-Nationalisierung und Remilitarisierung, selbst wenn Deutschland neutral würde.
Ich kann keine Kraft erkennen, welche die westeuropäische Integrationsdynamik lahmlegen könnte. Opposition von links wird sich deshalb auf die Gestaltung dieses Prozesses konzentrieren müssen. Friedensarbeit muß sich nicht zuletzt auf positiven Frieden beziehen, ohne dabei den Sicherheitsaspekt außer acht zu lassen. Sie muß jedoch politische Sicherheitslösungen anstreben. Eine solche könnte die Installierung eines supranationalen Regimes für Gemeinsame Sicherheit in Europa unter Beteiligung aller KSZE-Staaten mit Einschluß der UdSSR und der USA sein. Das von ihm zu entwickelnde System kollektiver Sicherheit müßte den europäischen Entmilitarisierungsprozeß organisieren. Truppen, die zur Abrüstung vorgesehen sind, könnten ihm sogleich unterstellt und auf diese Weise aus dem Zusammenhang der Militärpakte herausgelöst werden.
Dabei kann das Konzept der strukturellen Angriffsunfähigkeit eine wichtige Rolle als Prinzip des Vorgehens bei Abrüstungsschritten spielen. Zuerst wären demgemäß die bedrohlichsten, weil angriffsfähigsten Militärformationen aufzulösen.
Ein weiteres KSZE-Regime wäre für die ständige Konfliktbearbeitung und die Auslotung von Kooperationsmöglichkeiten in Europa anzustreben. Die Vereinbarung von Verhaltensregeln, die Durchsetzung von Gleichberechtigung der ja nicht gleich starken Staaten und ökonomischen Potentiale, die Entwicklung von europäisch gemeinsamen Projekten, z.B. im Umweltschutz, wären von hier auf den Weg zu bringen.
Zu hoffen ist, daß die KSZE-Regime einen Gegenpart zu der so überaus starken EG sein können, sind doch in ihnen auch viele Nicht-EG-Staaten vertreten, die ihre besonderen Interessen gewahrt sehen möchten.
Solche Institutionen werden allerdings nur wirksam, soweit anti-hegemoniale Kräfte in den KSZE-Ländern für zivile, demokratisierende Ziele mobilisieren. An diesem Punkt hat die Kampagne BoA ihren politischen Stellenwert. Es geht darum, der stärksten Macht Europas die militärische Komponente zu entziehen. Dabei ist nicht allein mit anti-hegemonialen Argumenten zu arbeiten, sondern auch mit anti-militaristischen. Sie weisen bereits über die deutsche Militärfrage hinaus auf die westeuropäische. Die BoA-Kampagne, die von Beginn an mit anti-militaristischen Kampagnen und Bemühungen in anderen europäischen Ländern verbunden war, ist gleichzeitig als ein Ansatz gegen die westeuropäische Militärmacht zu verstehen. Gelänge es, nicht zuletzt mit Hilfe der Befürchtungen vor deutscher Vorherrschaft in ganz Europa, den deutschen Militärbaustein herauszubrechen, so wäre damit ein gewichtiger Baustein für ein ziviles oder doch wesentlich zivileres Europa gewonnen. Dies zu erreichen, wäre nicht alles, was die sozialen Bewegungen wünschen, aber es wäre sicher sehr viel.