Erklärung des 27. Richterratschlages in Weißenhaus vom 4. November 2001

Stoppt den Krieg in Afghanistan!

Schwerpunkt
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Als BürgerInnen und RichterInnen sind wir beunruhigt, dass es wieder Krieg gibt und deutsche Soldaten für ihren Einsatz vorbereitet werden. Als RichterInnen sind wir mit der Beilegung von Konflikten täglich beschäftigt. Wir fühlen uns verpflichtet, nach der völkerrechtlichen Legitimation zu fragen. Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta verbietet für alle Staaten verbindlich die Anwendung von Gewalt. Daran haben die terroristischen Anschläge vom 11.09.2001 auf die USA nichts geändert. Nach unserer Auffassung sind die andauernden kriegerischen Handlungen der USA von dem Selbstverteidigungsrecht der UN-Charta (Art. 51) nicht gedeckt.

Als Akt der Selbstverteidigung wäre nach der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes ein Angriff auf Afghanistan oder andere der Terrorismusbekämpfung verdächtige Staaten nur zulässig, wenn die Angriffe auf die USA von diesen Staaten durch Entsendung bewaffneter Gruppen veranlasst worden sind. Das behaupten selbst die USA nicht.

Darüber hinaus ist militärische Verteidigung nur zulässig durch Mittel, die zur Abwehr der akuten Gefahr auch geeignet sind. Es ist ein elementarer Rechtsgrundsatz, dass Notwehr stets nur ausgeübt werden darf, wenn die Mittel dafür verhältnismäßig sind. Sie sind unverhältnismäßig, weil sie zu erheblichen Opfern in der Zivilbevölkerung führen, sie sind ungeeignet weil sie das staatenübergreifende Netzwerk des Internationalen Terrorismus nicht zu beseitigen vermögen. Wir befürchten vielmehr, dass gerade militärische Aktionen zu weiterem Zulauf für die Terroristen führen.

Für einen Angriff auf Afghanistan mit dem Ziel, die Regierung der Taliban zu stürzen, fehlt jede völkerrechtliche Legitimation.

Aus dem NATO-Vertag und dem Grundgesetz ergeben sich keine anderen Rechtsfolgen. Der NATO-Vertrag verpflichtet die Mitglieder in Art. 7, die UN-Charta einzuhalten. Nach Art. 25 GG hat die deutsche Regierung die Regeln des Völkerrechtes zu befolgen. Deutschland darf sich nicht an einem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligen.
 

Wir verlangen die sofortige Beendigung des Krieges gegen Afghanistan. Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, die Gewaltspirale durch strikte Einhaltung des Rechts zu durchbrechen. Terrorismus als Problem weltweiter Kriminalität ist von der Staatengemeinschaft nur unter Beachtung rechtsförmiger Verfahren erfolgreich und nachhaltig zu bekämpfen. Dazu ist die Einrichtung eines internationalen Strafgerichtshofes unabdingbar.

Politisch kann der Kampf gegen den internationalen Terrorismus nur Erfolg haben, wenn dessen vielfältige Ursachen wie Armut und Unterentwicklung, die ungleiche Nutzung weltweiter Ressourcen, das wirtschaftliche Hegemonialstreben der Industriestaaten und der Nahostkonflikt behoben werden. Religiöser Fanatismus wird dadurch begünstigt.

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