Aktion zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung

Stoppt die Sklaverei in Eritrea

von Rudi Friedrich

Seit 1985 wird weltweit jeweils zum 15. Mai auf die Situation von Männern und Frauen hingewiesen, die in den verschiedensten Ländern den Kriegsdienst verweigern und zum Teil schärfste Repressionen, Haft und Folter erleiden müssen. Auch in Eritrea ist das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung unbekannt. Seit 1994 sitzen dort KriegsdienstverweigerInnen in Haft. Die Zeugen Jehovas, die einige der Fälle verfolgen, kommen auf 16 Personen allein aus ihrer Glaubensgemeinschaft, eine Frau und 15 Männer, die unter diesen Bedingungen inhaftiert sind, drei von ihnen nunmehr seit 25 Jahren.

Das war ein Grund, warum wir in diesem Jahr gemeinsam von Connection e.V., dem Eritreischen Verein für Demokratie, Kultur und voneinander Lernen e.V., United4Eritrea, Pax Christi Gruppe Bonn, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Gruppe Bonn-Rhein-Sieg und Landesverband Nordrhein-Westfalen am 17. Mai 2019 in Bonn eine Aktion durchführten und das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung einforderten.

Es gab aber noch einen weiteren Grund, der in Zusammenhang steht mit einem Straßenbauprojekt, das die Europäische Kommission in Eritrea durchführt. In der Projektbeschreibung steht, dass im Rahmen der Arbeiten auch Militärdienstleistende eingesetzt werden sollen. Und das Projekt ist bereits im Gang, wie Somaliland Standard am 22. April 2019 berichtet: „Eritreische Truppen und schwere Maschinen arbeiten sieben Tage die Woche, um die Strecken auszubauen“.

Die Tragweite wurde uns sehr schnell klar: Was in Eritrea als Nationaldienst bezeichnet wird, ist in der Tat ein praktisch lebenslanger Dienst für den Staat, unter der Kontrolle des Militärs. Männer und Frauen sind wehrpflichtig. Wer einmal beim Militär gelandet ist, wird nicht wieder entlassen. Es gibt Wehrpflichtige, die nun bereits seit 20 Jahren Dienst leisten müssen. Als Dienstleistende werden sie häufig auch in Wirtschaftsbetrieben des Militärs eingesetzt. Sie befinden sich in einem militärischen Dienstverhältnis und erhalten nur einen kümmerlichen Sold. Die Vorgesetzten üben die absolute Befehlsgewalt aus, mit Willkür und Folter. Frauen sind häufig sexuellen Übergriffen bis hin zur Vergewaltigung ausgesetzt. Die UN und auch das Europäische Parlament sehen das als Zwangsarbeit und eine Form der Sklaverei an. The Global Slavery Index gibt für 2018 an, dass in Eritrea 451.000 Personen diesen Bedingungen unterworfen sind, fast 10% der Bevölkerung.

Diese Situation sorgt dafür, dass sich viele dem Dienst entziehen oder desertieren. Dann jedoch droht ihnen Haft und Folter, in unterirdischen Gefängnissen, ohne Strafverfahren, ohne Richter, ohne jedes Recht. Kein Wunder, dass nach wie vor jeden Monat mehrere Tausend aus dem Land fliehen.

In seinem Beitrag auf der Kundgebung machte Dr. Kessete Awet vom Eritreischen Verein deutlich, was er von dieser Projektförderung hält: „Es ist ein Skandal, dass durch die Projektförderung der Europäischen Union Menschenrechtsverbrechen des eritreischen Regimes vertuscht und übertüncht werden sollen. Mit diesem Vorgehen werden die Gefühle, Sorgen und Ängste der eritreischen Flüchtlinge in aller Öffentlichkeit mit Füßen getreten.“ Und er betont: „Das eritreische Regime steht für zahllose Menschenrechtsverletzungen: Lebenslanger Militärdienst unter sklavereiähnlichen Bedingungen, willkürliche Verhaftungen, Vergewaltigungen, Folterungen, Erschießungen, Menschenhandel, Korruption, keine Presse-, Meinungs-, Versammlungs- oder Religionsfreiheit. Der Friedensschluss mit Äthiopien hat an diesen Tatsachen leider nichts verändert.“ So sei das Straßenbauprojekt als Unterstützung der Diktatur zu sehen und als Förderung und Legitimierung von international geächteter Zwangsarbeit.
Wir waren an diesem Freitag zwar nicht viele, die sich auf dem Friedensplatz in Bonn trafen, aber wir waren gut vorbereitet, mit Schildern, auf denen all unsere Forderungen deutlich sichtbar waren. So konnten wir mit wenigen Dutzend Aktiven relativ großen Eindruck machen und mit unseren kurzen Beiträgen auch die PassantInnen zur besten Rush-Hour-Zeit erreichen.

Zugleich verbanden wir unsere Aktion mit einer Petition, die wir als Organisationen der Europäischen Kommission kurz vor der Aktion übergeben konnten. Wir forderten darin nicht nur, das Projekt einzustellen, sondern wiesen auch deutlich auf die Lage der Flüchtlinge hin: „Wir fordern die Europäische Kommission auf, sicherzustellen, dass eritreische Flüchtlinge ohne jede Einschränkung Zugang zu Asylverfahren erhalten, um den notwendigen asylrechtlichen Schutz einfordern zu können. Dazu gehört auch, dass die Politik der Abschottung gegen Flüchtlinge, die gerade im Mittelmeer zu Tausenden von Toten führt, beendet wird.“ Und wir machten auch unsere Forderung deutlich, dass es nicht um die Unterstützung eines totalitären Regimes gehen kann, sondern dass „Organisationen und Initiativen der eritreischen Diaspora gefördert werden müssen, die sich auf verschiedenste Weise für die Durchsetzung der Menschenrechte und die Umsetzung der Demokratie in Eritrea einsetzen. Dies würde auch gegenüber der eritreischen Regierung ein klares politisches Signal setzen.“ Eine Antwort der Europäischen Kommission steht noch aus.

Weitere Informationen auch zum Hintergrund finden sich unter https://de.connection-ev.org/view.php?rs=Eritrea%202019

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Friedensbewegung international