Zwei Nachrufe

Trauer und Dank an Horst-Eberhard Richter

von Mani StennerAndreas BuroKooperation für den Frieden

Manfred Stenner:
Mit Horst-Eberhard Richter verliert die Friedensbewegung einen großen Mitstreiter. Er war unermüdlicher Mahner gegen Atomwaffen und Kriege, friedenspolitischer Vordenker für ganze Generationen von Engagierten und auch Initiator und Antreiber für viele Friedensaktionen.

Oft klingelte das Telefon, wenn sich ein Krieg zusammenbraute und viele noch zögerlich auf die Entwicklung schauten. Horst-Eberhard verlangte, die Organisationen zusammenzurufen und dringend eine Großdemonstration vorzubereiten. Natürlich geschah das dann, und er behielt Recht: Die Demonstration wurde groß.

Sein Friedensengagement verband sich logisch mit lokalen Projekten wie z.B. einem sozialen Treffpunkt in seiner Heimatstadt Gießen, den er und seine Frau Bergrun Richter ins Leben gerufen haben. Der Psychoanalytiker und Familientherapeut betrieb Networking im besten Sinne, bevor das Wort erfunden war. Dazu gehörte auch die Begründung der deutschen Sektion der Ärzteorganisation IPPNW, die bis heute in Deutschland und weltweit zu den wichtigsten Friedensorganisationen gehört.

Ich durfte Horst-Eberhard Richter auch privat als intellektuell scharfen wie warmherzigen und sensiblen Menschen erleben. Ich habe einen Freund verloren.

Meine Gedanken sind bei Bergrun.

Mani Stenner ist Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative.

Die Kooperation für den Frieden mit den Worten von Andreas Buro:
Lieber Horst,

wir sind traurig, dass Du uns verlassen hast und wir sind dankbar für viele Jahre friedensbewegter Zusammenarbeit mit Dir.

Du stehst für uns in der Reihe der Menschen, die für die deutsche Friedensbewegung von großer Bedeutung waren und sie nach außen repräsentiert haben: wie Martin Niemöller, Robert Jungk, Helmut Gollwitzer und Dorothee Sölle.

Wir hören Dich noch auf unseren Protest-Versammlungen und Märschen sprechen, mit Deiner Stimme, die Entschiedenheit ausdrückte, aber doch immer fragend war.

Wir erinnern uns an gemeinsame Sitzblockaden, ebenso wie an differenzierte Diskussionen über Gewalt und Moral.

Wir lauschen noch Deinen Berichten von Treffen mit Gorbatschow, bei denen es um Perestroika und eine Welt der Abrüstung ging, aber auch um das Schicksal der Gefangenen und Misshandelten.

Wir beraten noch mit Dir über die nächsten Schritte, wie militärischer Wahnsinn in zivile Bearbeitung von Konflikten zu wenden sei.

Bei allen ernsten Gesprächen lachen wir noch mit Dir und bewundern die vielen schönen Steine, die Du im Gebirge sammeltest, oder die Sandsteinrosen aus hessischen Landen.

Wir bewundern Dich, weil Du auch gegenüber den Mächtigen, mit denen Du sprechen konntest, nicht eingelenkt hast. Nein, Du hast Dich nicht angepasst bei aller Konzilianz.

Du konntest ganz schön sarkastisch sein. Das kommt in Deinem Buch über die hohe Kunst der Korruption zum Ausdruck. Das hat uns gefreut, ebenso wie Dein Versuch einer paradoxen Intervention „Alle reden vom Frieden“. Ganz schön frech, aber das haben viele gehört.

In Deinen Büchern hast Du uns immer wieder Mut gemacht, nicht zu verzagen. Lernen sollten wir,  mit unserer Angst umzugehen und der Anpassung an den Mainstream zu widerstehen.

Manche von uns sind mit Dir auf Deinen himmlischen Krisengipfel gestiegen und trafen dort Platon, Augustinus, Descartes, Marx, Freud und Einstein auf der Sünderbank. Letzterer wusste angeblich nicht mehr weiter. An dieser Stelle schiebst Du ein Kapitel ein mit dem Titel: „Rettung durch die Frauen?“. Daran arbeiten wir noch.

Du, Horst, hast uns in Deinen Schriften und Überlegungen ein großes Erbe hinterlassen. Wir werden versuchen, dem gerecht zu werden. Wir hätten Dich auch gerne noch zu dem einen oder anderen befragt. Jetzt müssen wir selbst damit zurecht kommen. Doch Du hast uns dazu sehr ermutigt. Danke, Horst!

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Hintergrund
Die Kooperation für den Frieden (KoopFrieden) ist ein Zusammenschluss von mehr als 50 Initiativen und Organisationen aus der Friedensbewegung. Seit 2003 setzt sie sich dafür ein, dass kriegerische Gewalt als Mittel der Politik geächtet wird und stattdessen Methoden und Strategien der Krisenprävention und der zivilen Konfliktbearbeitung ausgebaut werden.