U-Boote an Angola

von Emanuel Matondo

Im Februar 2009 kam der angolanische Präsident Dos Santos auf Einladung der Bundesregierung nach Deutschland. Es winkten Großaufträge für deutsche Firmen, insbesondere für Kriegsschiffe. Kein Thema war jedoch die Hegemonialpolitik des im Südwesten Afrikas gelegenen Angolas oder die Korruption im Land.

Fast alle Regierungen Europas oder des Westens sprechen von einer „strategischen Partnerschaft“ mit den Ländern Afrikas und fordern den Ausbau der Beziehungen. Der Westen braucht neue Ölquellen, die Autokraten Afrikas Rüstungsgüter, um ihre instabilen Regime zu stützen. Die angolanische Regierung unter dem Präsidenten Dos Santos sieht das als „Win-Win-Situation“.

Angola – ein „strategischer Partner“ Deutschlands
Die Bundesregierung hatte im Jahre 2005 Angola zu „dem strategischen Partner Deutschlands“ erkoren. Trotz Diktatur, Repression und struktureller Gewalt gegen die eigene Bevölkerung und obwohl die Zentralregierung Angolas weiterhin Krieg gegen Separatisten unter starker und überproportionaler Militärpräsenz in der erdölreichen Exklave Cabinda führt, gilt das Land für viele Amtsträger und Wirtschaftsbosse als „sozial und politisch stabil“. Deshalb wurden keine Bedenken für die Lieferung von Waffen und sonstigen Kriegsmaterialen nach Angola gesehen.

Es scheint wohl, dass die Wirtschaftsverbände die Angola-Politik der Bundesregierung bestimmen und ihre Lobbyisten die Geschäftsfelder festlegen. Waffenhandel und Lieferung von Kriegsmaterialen sind lukrativ, neben der Ausbeutung von Erdöl und sonstiger Ressourcen sowie der Beteiligung an Mammutprojekten, wie dem Wiederaufbau der Eisenbahnlinien Benguela und Moçamedes.

Eine lange Geschichte
Schon während des Kalten Krieges hatte Angola gute Beziehungen mit dem ideologischen Bruderland DDR unterhalten, von dem das Regime jahrzehntelang Rüstungsgüter im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar bezog und Militärberater ins Land holte. Nach dem Mauerfall, als die neue Bundesrepublik noch zögerte, die Geschäftspartnerschaft mit Angola zu starten, wurden Deutsche Bank, Commerzbank, Dresdner Bank und Bayerische Hypovereinsbank zu den besten privaten Kreditgebern und finanziellen Förderern der korrupten Regierung Angolas.

Seit 2005 ist bekannt, dass sich hochrangige Mitglieder der angolanischen Armee-Führung und Manager deutscher Rüstungsfirmen gegenseitig besuchen und über Verträge in Milliardenhöhe diskutieren. Nach vertraulichen Quellen wurde 2006 in Hamburg über den Kauf von Korvetten mit den Managern der Firma „Blohm & Voss“ verhandelt, einer Tochtergesellschaft des deutschen Waffenproduzenten Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS). Später im Jahr folgte ein Gegenbesuch in Angola, wo dem Chef des Militärbüros des angolanischen Präsidialamtes, General Manuel Hélder Vieira Dias, ein Angebot für den Verkauf von Korvetten im Wert von über 700 Millionen US-Dollar unterbreitet wurde.

Dieser General ist in Angola unter dem Kriegsnamen „Kopelipa“ bekannt. Er gilt als mächtigster Mann hinter dem Präsidenten und ist nicht nur Chefeinkäufer von allen Rüstungsgütern der angolanischen Armee, sondern auch Leiter der „Abteilung für den Nationalen Wiederaufbau Angolas“. Niemand, der in Angola ins Geschäft kommen will, kommt an ihm vorbei.

Als im Zuge von Ermittlungen über die Lieferung von vier Korvetten von TKMS an die südafrikanische Marine auch die Verhandlungen zwischen dieser Firma und Angola durchleuchtet wurden, kamen die Manager der Firma und die Einkäufer aus Angola auch in das Visier der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Es gäbe einen Anfangsverdacht auf Korruption bei dem Verkaufsangebot. Das ist keine Neuigkeit!

Neue Einkäufe
Trotz der Ermittlungen ist Angola weiter an Rüstungsgütern aus Deutschland interessiert, so auch bei der Bremer Lürssen-Werft. Nach gesicherten Informationen aus Luanda soll die Werft ein Angebot für die Lieferung von vier Fregatten und drei Korvetten im Wert von 800 Millionen US-Dollar unterbreitet haben. Andere Quellen sprechen von einem Milliardenbetrag für die Anschaffung der High-Tech Kriegsschiffe. Dies war wohl auch einer der Gründe dafür, dass Präsident Dos Santos Ende Februar 2009 auf Initiative des inzwischen ausgeschiedenen Wirtschaftsministers Michael Glos (CSU) nach Berlin kam. Er war von der Bundesregierung unter Mitwirkung von Rüstungslobbyisten und zwei Wirtschaftsverbänden eingeladen worden. Mit dem Besuch war beabsichtigt, „offene Fragen zum Abschluss von Verträgen sowohl für die Lieferung von vier Fregatten als auch für die Aufnahme neuer Kredite zu klären und Hindernisse auszuräumen“.

Kein Wort war in diesem Zusammenhang zu hören über Angolas regionale Machtansprüche im südlichen Afrika. Kein Wort zur Besatzung von Teilen der Demokratischen Republik Kongo. Kein Wort davon, dass Angola an der Küste der Demokratischen Republik Kongo bei der Stadt Moanda illegal Öl fördert.

Angola brauche schwere Waffen, um die erdölreichen Gewässer auch mit Gewalt zu schützen, so lassen es ideologische Fundamentalisten des angolanischen Systems verlauten. Mit einer Modernisierung der Marine durch deutsche Fregatten könnte man dem besser gerecht werden, da sind sich Autokraten wie Rüstungseinkäufer Angolas einig.

Von deutscher Seite gab es keine Bedenken gegen die Rüstungsgeschäfte. Es wurden Verträge über die „strategische Partnerschaft“ geschlossen, für einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und zur Eröffnung eines „Goethe-Instituts“ in der Hauptstadt Luanda. Zudem gab es Abschlüsse mit der BHK-Bank und der Commerzbank „über die Finanzierung von Exportkrediten mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euros“. Auch wenn der Vertragsabschluss mit der Bremer Lürssen-Werft zunächst vertagt wurde, irgendwann wird er diskret abgeschlossen werden.

Um den Großeinkauf von Waffen finanzieren zu können, wurde der Haushalt für Militärausgaben im Jahre 2010 um über 17% erhöht und zugleich die Ausgaben für Soziales kräftig reduziert. Erforderlich wäre jedoch eine ganz andere Verteilung. Angola ist immer noch ein „unterentwickeltes Land“. Dringend notwendig wären Investitionen in lebenswichtige Bereiche, in das marode Gesundheitssystem, für Bildung sowie Landwirtschaft und letztlich zur Sicherung der Versorgung von massenhaft vor Hunger sterbenden Kindern.

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Emanuel Matondo ist angolanischer Kriegsdienstverweigerer und Gründer der Angolanischen Antimilitaristischen Menschenrechtsinitiative (IAADH). Seit zehn Jahren arbeitet die Gruppe gegen Krieg und Unterdrückung, gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen in Angola. Er lebt in Deutschland.