US-Friedensbewegung gegen Krieg

von Felix Kolb

Nachstehend dokumentieren wir einen Beitrag von Felix Kolb aus der resist-Zeitung gegen den Krieg (vgl. Materialhinweis), den dieser über die letzten Aktionen der US-Friedensbewegung verfasst hat. Die US-Friedensbewegung sammelt auch Unterschriften zu einer Selbstverpflichtung zum Widerstand. Den Text dieser Verpflichtung zitierte Janelle Flory (Brethren Volunteer Service), die zurzeit beim Versöhnungsbund arbeitet und den Text im Rahmen eines Redebeitrages bei der Demonstration vor der US-Air-Base in Frankfurt am 14.12.02 zitierte. Ihr vollständiger Redebeitrag zur Demonstration kann beim Netzwerk Friedenskooperative angefordert werden. (Die Redaktion)

Nicht nur in den USA, sondern weltweit werden die Proteste der Friedensbewegung stärker.
Am Samstag, den 26. Oktober 2002 fanden in den USA die größten Friedensdemonstrationen seit dem Vietnam-Krieg statt: 150.000 gingen in Washington, DC, 45.000 in San Francisco und viele Zehntausende mehr in anderen Städten überall in den USA auf die Straßen. Das Ausmaß dieser Proteste hat BeobachterInnen auf beiden Seiten des Atlantiks überrascht und in aller Deutlichkeit vor Augen geführt, dass der Kriegskurs der Bush-Administration auch in den USA heftig umstritten ist. Bereits in den Monaten zuvor fanden täglich Mahnwachen, Aktionen und Teach-Ins statt, gab es Wochen, in denen fast täglich ganzseitige Anzeigen in der New York Times gegen den Irak-Krieg erschienen waren. Getragen werden diese Aktivitäten von einer äußerst vielfältigen Friedensbewegung, die in zahllosen regionalen und nationalen Bündnissen und Allianzen organisiert ist. Anders als in Deutschland sind in den USA auch zentrale Organisationen anderer sozialer Bewegungen Teil der Friedensbewegung - darunter die National Organization of Women (NOW), der Sierra Club, der Gewerkschaftsdachverband AFLCIO und die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP). Und nicht zuletzt ist es nicht unerheblich, dass Prominente aus dem Kulturbusiness wie Oliver Stone, Sean Penn, Michael J. Fox, Larry Hagman oder John le Carre` öffentlich ihre Ablehnung gegen George W. Bush und seine Politik bekunden.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es im Kern die Friedensbewegung in den USA und die dortige öffentliche Meinung sind, die über Krieg und Frieden im Nahen Osten entscheiden werden. Um so ermutigender sind die frühen Erfolge, die die Friedensbewegung gegen die scheinbar übermächtige Kriegslobby erzielen konnte. Entgegen seiner ursprünglichen Absicht war George W. Bush gezwungen, sowohl den amerikanischen Kongress als auch die UNO um Zustimmung für einem Angriff gegen den Irak zu bitten. Hintergrund dieser Eingeständnisse ist die Tatsache, dass es den Strategen im Weißen Haus trotz einer mit Lügen gespickten Propaganda-Kampagne nicht gelungen ist, die Mehrheit der US-Amerikaner von einem präventiven und unilateralen Angriffskrieg zu überzeugen. Solange die UN Waffeninspektoren keine eindeutigen Hinweise dafür liefern werden, dass der Irak Massenvernichtungswaffenbesitzt, wird es Bush schwer fallen, die notwendige öffentliche Unterstützung für einen Angriff zu mobilisieren.

Von der herausragenden Bedeutung der US-Friedensbewegung darauf zu schließen, dass die Friedensbewegungen in anderen Staaten unbedeutend sein könnten, ist natürlich trotzdem falsch. Selbst wenn durch die engen Filter der US-Massenmedien sehr wenig von der beinahe weltweiten Ablehnung eines Irak-Krieges in die amerikanischen Wohnzimmer dringt, wirkungslos bleibt diese Botschaft trotzdem nicht. Zum einen verleiht diese der amerikanischen Friedensbewegung zusätzliche Legitimität. Zum anderen hält sie die Ablehnung eines unilateralen Vorgehens der USA am Leben, was wiederum selbst der Bush-Regierung Schranken auferlegt. Die Frage, ob und wie sich andere Staaten aktiv an einem Angriff beteiligen, ist zwar militärisch betrachtet nahezu unbedeutend, kann aber auf die öffentliche Meinung in den USA einen entscheidenden Einfluss haben. Deshalb ist es weit mehr als eine symbolische Frage, ob deutsche Soldaten in AWACS-Flugzeugen Bomben auf Bagdad lenken oder ob Deutschland auf einer zweiten UN-Resolution besteht und dann gegen diese stimmt. Beides zusammen würde es George W. Bush real erschweren, in den Krieg zu ziehen. Die Friedensbewegung in Deutschland sollte alles tun, dass es für die rot-grüne Bundesregierung kostspieliger ist den Krieg zu unterstützen als ihn abzulehnen.

Felix Kolb ist Politikwissenschaftler, zurzeit Visiting Scholar am Institute for European Studies an der Cornell University/USA.

Auszüge aus der Rede von Janelle Flory:
Auch Gruppen in den USA die sehr patriotisch sind organisieren gegen den Krieg_z.B. gibt es eine gewerkschaftliche Bewegung, Veteranen gegen den Krieg, angeführt von Golfkriegsveteranen, Geschäftsleute, Angehörige von Opfern des 11. September und Einwanderergruppen gegen den Krieg, Gruppen von Afro-Amerikanern, Spanischsprechende-Amerikanern und Studentengruppen gegen den Krieg.

Ihre Beweggründe sind verschieden, aber das Ziel ist überall das selbe.

Seit dem 23. März arbeiten viele von diesen Gruppen unter dem Motto "Nicht in unserem Namen" und nehmen "Das Versprechen des Widerstandes" ab. So lautet es:

Das Versprechen des Widerstandes
Wir als Menschen, die in den Vereinigten Staaten leben, glauben, dass es unsere Pflicht ist, uns den Ungerechtigkeiten zu widersetzen, die von unserer Regierung - in unserem Namen - begangen wurden.

Nicht in unserem Namen wirst Du endlosen Krieg führen, darf es noch mehr Tode geben, und weiteres Eintauschen von Blut gegen Öl.

Nicht in unserem Namen wirst Du in Länder einfallen, Zivilisten zerfetzen, noch mehr Kinder ermorden, die Geschichte über die Gräber der Namenlosen hinweg schreiben lassen.

Nicht in unserem Namen wirst Du all die Freiheiten zerfressen, für die zu kämpfen Du versprachst.

Nicht mit unseren Händen werden wir Dir Waffen und Kapital abliefern; für die Vernichtung von Familien in weiter Ferne.

Nicht mit unseren Mündern wird uns die Angst verstummen lassen.

Nicht mit unseren Herzen werden wir erlauben, dass ganze Völker oder Länder zum Bösen erklärt werden.

Nicht mit unserem Willen. Und nicht in unserem Namen. Wir geloben Widerstand.

Wir geloben ein Bündnis mit all denen, die angegriffen wurden, weil sie dem Krieg widersprachen, oder wegen ihrer Religion oder ihrer Zugehörigkeit.

Wir versprechen, gemeinsam mit den Menschen auf der ganzen Welt Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden zu schaffen.

Wir können eine andere Welt erreichen. Und wir versprechen, sie möglich zu machen.

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