Versöhnung

von Christine Schweitzer

Versöhnung - auf den ersten Blick ein so vertrautes Wort - gehört zu der Kategorie jener Begriffe, die beim näheren Hinschauen immer problematischer werden. Sie ist eine Herausforderung für fast alle Gesellschaften. Sie ist nicht die Aufgabe von "denen da unten, die Krieg führen", ist kein Problem einzigartig für die Konfliktnachsorge nach der Beendigung sogenannter "Neuer Kriege". Wie einige Beiträge in diesem Schwerpunkt deutlich erläutern, spielt sie eine genauso große Rolle für die Aufarbeitung der eigenen deutschen Geschichte.

In der westlichen Hemisphäre ist der Begriff der Versöhnung eng mit dem Christentum verbunden, was sich auch in einigen Beiträgen dieses Schwerpunktes niedergeschlagen hat. Aber es handelt sich nicht um ein ausschließlich christliches Konzept: Fast alle Gesellschaften der Welt und alle Weltreligionen kennen Mechanismen des Frieden-Schließens, der Wiederherstellung normaler Beziehungen und der Vergebung.

Dennoch ist Versöhnung auch kein unproblematisches Konzept, denn oftmals wird schnell Versöhnung gepredigt, doch der Aspekt der Aufarbeitung der Vergangenheit und der Gerechtigkeit darüber vergessen. Der amerikanische Friedensaktivist und -forscher John Paul Lederach hat als Antwort auf dieses Dilemma Versöhnung einmal als einen Platz bezeichnet, auf dem sich Gerechtigkeit, Friede, Vergebung und Wahrheit treffen. Nur wenn alle vier Gehör finden, kann eine Beziehung der Versöhnung hergestellt werden.
 

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Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.