Friedensmarsch in Kanada

„Walking Together for Peace"

von Rajagopal P.V.

Der indische Gandhi-Schüler und Aktivist der Gewaltfreiheit Rajagopal P.V. berichtet vom Friedensmarsch in Kanada gegen Militarisierung und Atomwaffen sowie von möglichen Friedensaufgaben.

Viele Menschen weltweit haben große Angst vor dem möglichen Ausbruch eines Atomkriegs. Dieser könnte in den nuklearen Winter führen, in dem Millionen von Menschen in kurzer Zeit ihr Leben verlieren würden. Wir haben noch immer die Ereignisse in Hiroshima und Nagasaki aus dem Jahr 1945 vor Augen. Wir wissen, was in Tschernobyl während der nuklearen Katastrophe geschehen ist. Friedensaktivist*innen weltweit zeigen sich zutiefst besorgt angesichts der Gefahr eines Atomkriegs.

Leider liegt die Macht in vielen Ländern in den Händen von Kriegstreibern. Diese sprechen weiterhin eine Sprache der Zerstörung. Unser Traum einer gerechten und friedlichen Welt wird damit tagtäglich von einigen der Menschen an der Macht in Frage gestellt. Wie wir alle nur zu gut wissen, ist die Kriegsindustrie am profitabelsten, und viele Unternehmen und Länder machen damit riesige Gewinne. Die große Sorge vor Krieg und Gewalt ist damit ein guter erster Schritt, aber er reicht nicht aus, um das Problem zu lösen. Diejenigen, die beunruhigt sind, müssen aktiv werden und handeln. Sie müssen sich gegen den Wahnsinn von Krieg und Gewalt stellen, der das Leben auf diesem Planeten zerstören könnte.

Friedensmarsch in Kanada gegen Militarisierung und Atomwaffen

Im September 2024 haben eine Reihe engagierter Einzelpersonen und Organisationen in Kanada beschlossen, einen Friedensmarsch zu organisieren. Sie wollten auf die Gefahren von Militarisierung und Atomwaffen hinweisen. Etwa 25 Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt trafen sich am 8. September in einem Dorf mit dem Namen Pugwash und liefen 215 km nach Halifax. Auf dem Weg besuchten sie viele Städte und Dörfer, und es kam zu interessanten Gesprächen mit Schüler*innen, afro-kanadischen Gruppen, Angehörigen indigener Völker, mit Kirchengemeinden und der breiten Öffentlichkeit. Viele Aktivist*innen, Sozialarbeiter*innen und Friedensorganisationen aus ganz Kanada unterstützten die Initiative. Für viele in Kanada war dies eine neue Erfahrung. Es war das erste Mal, dass sie zu Fuß von Ort zu Ort gehend für ein Anliegen eintraten. In Indien ist es üblich, für eine Sache zu marschieren, aber in Kanada war dies neu und eine Attraktion für die Zuschauer*innen.

Als Teilnehmer konnte ich während des Marschs die Multikulturalität Kanadas erleben. Ich betrachte mich als Anhänger der Philosophie Gandhis und freue mich immer, wenn ich sehe, wie Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Kultur und Sprache ohne große Konflikte zusammenleben. Viele Jahre lang war Indien stolz auf seinen Multikulturalismus. Heute muss die indische Bevölkerung große Anstrengungen unternehmen, damit dies so bleibt. Es gibt immer noch Orte, an denen wir viel mehr tun können, um Adivasi, Dalits und Minderheitengemeinschaften zu integrieren und ihnen das Gefühl zu geben, Teil einer größeren Familie namens Indien zu sein [Adivasi ist ein Oberbegriff für indigene Bevölkerungen in Indien, mit Dalits werden in Indien die ‚Unberührbaren‘ oder ‚Kastenlosen‘ bezeichnet, d. Red.]. Ich denke, das Kanada von heute zeigt, dass Multikulturalismus eine reale Möglichkeit ist – und das in einer Welt, in der Unterschiede oft zu Hass und Spaltung führen. Es ist wichtig, dass einige Länder vorangehen und zeigen, dass Unterschieden eine Schönheit innewohnt – wie in einem Blumengarten mit Blüten in allen Farben. Dies kann nur von Menschen mit großen Herzen getan werden, und ich wünsche mir, dass mehr Menschen und Länder den Beweis antreten, dass Einheit in der Vielfalt möglich ist.

Friedensgruppe P7 als Gegengewicht zur G7

Am Ende des Marsches kamen einige von uns zusammen, um über die Einrichtung eines Friedensfonds zu diskutieren, der verschiedene Friedensaktivitäten unterstützen könnte. Wir sprachen außerdem über die Gründung der Friedensgruppe der Sieben (Peace Seven – P7): Einzelpersonen und Organisationen in sieben Ländern – für den Anfang –, die sich gemeinsam für den Frieden einsetzen. Wenn es eine Gruppe der Sieben (G7) geben kann, warum sollte es dann nicht auch eine P7 geben? Natürlich sollten wir mit der Zeit über Sieben hinausgehen und alle Länder einbeziehen, die sich für den Frieden einsetzen wollen.

Die dritte Idee, über die wir beraten haben, war die der Friedensstipendien. Wir müssen junge Menschen weltweit unterstützen, die ihre Zeit dem Frieden und dem harmonischen Zusammenleben widmen wollen. Wenn wir wirklich an Frieden interessiert sind, müssen Friedensforen, Friedensmärsche, Friedenskonferenzen und viele andere Aktivitäten gefördert werden. Wenn die Menschheit diese Welt mit Gewalt und Krieg überziehen kann, heißt das auch, dass die Menschheit in der Lage ist, Liebe und Frieden zu leben.

Der Artikel wurde der Website https://gewaltfreieaktion.de/rajagopal-p-v-friedensarbeit-heute/ entnommen.

Rajagopal P.V. ist ein indischer Friedensaktivist in der Tradition Gandhis und kommt ursprünglich aus dem Bundesstaat Kerala. Er ist Gründer und Präsident von Ekta Parishad, einer indischen Graswurzelbewegung, die sich für die Rechte der unterdrückten Landbevölkerung, der Landlosen und der indigenen Bevölkerung Indiens, der Adivasi, einsetzt. Internationale Bekanntheit erreichte er über die Organisation großer Protestmärsche über weite Distanzen in Indien, bei denen bis zu 100.000 Menschen mobilisiert wurden. Siehe auch den Dokumentarfilm „Millions Can Walk“.

Rubrik

Friedensbewegung international