Wege zur Sozialen Verteidigung

von Kurt Südmersen

Vom 10. - 12. März 1989 haben rund 160 Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland, West- Berlin und dem benachbarten Ausland in Minden den "Bund für Soziale Verteidigung" gegründet.

Die Gründungsversammlung war die konsequente Weiterentwicklung von Anfragen und Aufgaben, die sich aus dem Kongreß "Wege zur Sozialen Verteidigung" im Juni 1988 ergaben. "Der Bund für Soziale Verteidigung ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich darin einig sind, daß es an der Zeit ist, gewaltfreie Formen und Methoden der Konfliktbewältigung durchzusetzen, Gewaltverhältnisse abzuschaffen und eine entmilitarisierte, ökologisch verantwortbare und gerechte Gesellschaft aufzubauen", heißt es in der "Mindener Erklärung" vom 12. März 1989.
Zu den Trägerorganisationen des "Bundes" gehören u.a. Pax Christi, die Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen, Ohne Rüstung Leben, Die Grünen und die Gruppe Schweiz ohne Armee. Mit diesem Zusammenschluß hat sich ein Großteil des gewaltfreien Spektrums der bundesrepublikanischen Friedensbewegung darauf verständigt, die Weiterentwicklung von Konzepten Sozialer Verteidigung und die Durchsetzung dieser Konzepte zu einem Schwerpunktthema der nächsten Jahre zu machen.
Die politische Plattform und den inhaltlichen Konsens ihrer Arbeit haben die Mitglieder des Bundes in der "Mindener Erklärung" festgelegt. Sie soll von der Mitgliederversammlung weiterentwickelt und fortgeschrieben werden. In der "Mindener Erklärung" heißt es zu den Zielen und Aufgaben des "Bundes":

Ziele und Aufgaben
Der Bund für Soziale Verteidigung setzt sich dafür ein, daß Rüstung und Militär abgeschafft werden. Er will die Methoden des gewaltfreien Widerstandes so entwickeln, daß dieses Ziel durchgesetzt werden kann und gleichzeitig die angestrebte entmilitarisierte Gesellschaft in die Lage versetzt wird, sich ohne Waffen gegen gewaltsame Übergriffe von außen oder innen zu verteidigen. Insbesondere sieht der Bund seine Aufgaben darin, vollständige Abrüstung - auch einseitig - durchzusetzen, aktiv am Abbau von Feindbildern zu arbeiten und sich um realistische Analysen von Gefahren und Bedrohungen zu bemühen.
Er will auf gesellschaftliche Strukturen und das Entwickeln von persönlichen und kollektiven Lebensweisen hinwirken, die eine Gesellschaft verteidigenswert und verteidigungsfähig machen; Daher sieht er in allen Bemühungen für mehr Demokratie und der Bereitschaft, sich für politische Überzeugungen mit gewaltfreien Aktionen einzusetzen, eine Einübung in die Soziale Verteidigung.
Der Bund hält die Entwicklung gewaltfreier Verteidigungsformen u. a. - auch deshalb für dringend geboten, weil die Bemühungen für mehr Demokratie und für einen Wandel der Politik hin zu einer gerechten Verteilung der Güter dieser Erde und eine ökologisch eingepaßte Wirtschaftsweise bedroht werden. Das weitere Anwachsen der Sozialen Bewegungen könnte von bewaffneten Obergriffen unterbrochen werden. Schon heute sind Bestrebungen zu beobachten, die Sozialen Bewegungen und gewaltfreie Aktionsformen durch immer neue "Sicherheitsgesetze" und restriktive Maßnahmen einzuschränken und zu kriminalisieren. Dagegen gilt es sich zu wehren.
Der Bund für Soziale Verteidigung setzt sich dafür ein, daß von der Bundesrepublik Deutschland keine militärischen Interventionen in andere Länder ausgehen und auch die Mithilfe bei solchen Interventionen verhindert wird. Er ist sich bewußt, daß auch andere Methoden gewaltsamer Durchsetzung eingesetzt werden. In allen solchen Fällen wird der Bund versuchen, die Bedrohten mit gewaltfreiem Widerstand zu unterstützen.

Grundlagen und Arbeitsweise

  • Der Bund ist parteipolitisch und weltanschaulich unabhängig, in der politischen Auseinandersetzung aber nicht neutral. Er wird sich einmischen und an gewaltfreien Aktionen teilnehmen, um seine Ziele zu realisieren.
  • Im Bund arbeiten unterschiedliche Kräfte und Strömungen zusammen. Die verschiedenen Auffassungen über Soziale Verteidigung werden diskutiert und weiterentwickelt.
  • Der Bund fördert die Vernetzung regional arbeitender Gruppen und sucht die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Bewegungen und Organisationen, auch in anderen Ländern.
  • Der Bund bietet allen interessierten Parteien, Verbänden und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen Gespräche über die jeweils vorhandenen Möglichkeiten zur Sozialen Verteidigung an.
  • Der Bund sieht eine wesentliche Aufgabe in der Bildung und Unterstützung von Arbeitsgruppen und der öffentlichen Vermittlung ihrer Ergebnisse. Die Arbeitsgruppen befassen sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Sozialen Verteidigung. Sie arbeiten z. B. zu folgenden Themen:
  • Die Rolle der Sozialen Verteidigung in der Kommunalen Friedensarbeit
  • öffentliche Verwaltung und Soziale Verteidigung
  • Frauen und Soziale Verteidigung
  • Das Verhältnis der Sozialen Verteidigung zu militärischen Defensivkonzepten
  • Soziale Verteidigung und Konversion
  • Vermittlung Sozialer Verteidigung
  • Bewußtseinsentwicklung und Soziale Verteidigung
  • Erforschung und Motivation von Zielgruppen der Sozialen Verteidigung "' Internationale Chancen der Sozialen Verteidigung
  • Low Intensity Warfare/Low Intensity Conflicts
  • BRD ohne Armee 2000
  • Aktionsgruppe Soziale Verteidigung Der Bund lädt dazu ein, folgende Erklärung zu unterzeichnen: "Ich will mich für gewaltfreie Formen der Konfliktlösung einsetzen, mich an keiner Form der Kriegsvorbereitung beteiligen und bin bereit, ohne Militär und Rüstung zu leben. Deshalb setze ich mich für die gewaltfreie Soziale Verteidigung ein:"

Neben den Arbeitsgruppen sind die Mitgliederversammlung, der Bundesausschuß und der. Vorstand weitere Organe des "Bundes". Sie werden in ihrer Arbeit durch eine Geschäftsstelle unterstützt.
Mitglieder des "Bundes" können sowohl Einzelpersonen wie juristische Personen und freie Zusammenschlüsse sein. Die Mitgliederversammlung legt die Grundlagen der Vereinspolitik fest. Zunächst hat sich der "Bund" die Bearbeitung folgender Aufgaben vorgenommene

  • Die Weiterentwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Sozialen Verteidigung; hierzu gehört die Erarbeitung einer realistischen Bedrohungsanalyse ebenso wie die Entwicklung von zielgruppenorientierten Arbeitsmaterialien.
  • Öffentlichkeitsarbeit; durch gewaltfreie und öffentlichkeitswirksame Aktionen wird der "Bund" den Skandal einer weiteren Aufrüstung dramatisieren und in der öffentlichen Auseinandersetzung die Soziale Verteidigung als wirksames Mittel der nichtmilitärischen, gewaltfreien Selbstbehauptung darstellen.
  • Kontakte zu Gruppen der Sozialen Bewegungen, Kirchen, Verbänden, Parteien und staatlichen Organen; der "Bund" sieht eine wesentliche Aufgabe in der Lobbyarbeit für Soziale Verteidigung und der Entwicklung von Durchsetzungsstrategien. Hierzu wird er den direkten Kontakt mit Interessierten suchen sowie Tagungen und Kongresse durchführen.
  • Um die gestellten Aufgaben zu erfüllen, sieht der "Bund" es als notwendig an, in den nächsten Jahren ; eine effektive Organisition aufzubauen, die sowohl die inhaltliche Arbeit an den Konzepten der Sozialen Verteidigung vorantreibt wie auch durch gewaltfreie Aktionen eine Gegenöffentlichkeit zu den herrschenden Militärstrategien herstellen hilft. Hierzu lädt er alle Einzelpersonen und Organisationen, die sich mit seinen Zielen identifizieren, zur Zusammenarbeit ein.

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Kurt Südmersen ist Mitarbeiter des Bundes für Soziale Verteidigung (BSV)