Farbe bekennen - Grundrechte verteidigen!

Welche Republik?

von Mani Stenner
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Die Republik hat sich er­schreckend verändert. Die Parteien geben den rassistischen Gewalttä­tern und der nationalistischen Stimmung Recht und meinen, ihre Wäh­lerstimmen durch Abschaffung des Asylrechts, Militarisierung der Au­ßenpolitik und Erweiterung der polizeilichen Mittel sichern zu können. Menschen- und Bürgerrechte bleiben auf der Strecke. Für die Probleme des 21. Nachdem die SPD-Führung mit der "Petersberger Wende" ebenfalls die bisherigen Grundsätze über Bord geschmissen hat, rührt sich der Widerstand bei außerparlamenta­rischen Gruppen und an der Parteibasis.

Verfassungsfeindliche Umtriebe

"Die Angriffe der CDU auf das Asyl­grundrecht nehmen immer mehr den Charakter verfassungsfeindlicher Um­triebe an", erklärte Helmut Leuninger, Sprecher der bundesweiten Arbeitsge­meinschaft PRO ASYl. "Die CDU/CSU will offensichtlich eine andere Republik und zieht SPD und FDP hinter sich her!"

PRO ASYl ruft dazu auf, bei Veran­staltungen zum Flüchtlingstag, zur Wo­che der ausländischen Mitbürger, zum 9. November (Pogrom 1938), innerhalb der Friedensdekade (8.-18. November), dem Tag der Menschenrechte am 10. Dezember usw. für den Aufruf "Keine Änderung des Grundrechts auf Asyl" zu werben.

Aus dem AK Asyl in Baden-Würtem­berg kommt die Anregung, öffentlich Kränze an Straßen niederzulegen, die nach ehemaligen SPD-Widerstands­kämpfern benannt sind: "Machen Sie aufmerksam auf die Wende innerhalb der Parteispitze der SPD, die gerade die politisch Verfolgten treffen wird. Was wäre wohl aus Willy Brandt geworden, wenn er nur mit einem gültigen Pass und Einreisevisum Aufnahme in Norwegen gefunden hätte?

Suchen Sie gezielt das Gespräch mit Abgeordneten und anderen Funktions­trägern der Parteien, vor allem der SPD. Schreiben Sie Protestbriefe an den Parteivorsitzenden, die Landesvorsit­zenden und die Abgeordneten Ihres Wahlkreises".

Aktionen zum SPD-Sonderparteitag

Die Petersberger Erklärung hat bei vielen Genossinnen und Genossen, bei Bürger-, Menschenrechts-, Flüchtlings-, Immigranten- und Friedensgruppen, bei Linken, Gewerkschaftern und Christen Empö­rung ausgelöst. Der Widerstand ge­rade auch bei SPD-Mitgliedern regt sich. Schließlich ist die SPD die einzige Partei, die die an­stehenden Änderungen des Grundgeset­zes in seinen Substanz­bereichen verhin­dern kann.

Der Protest muß sich m.E. gegen die ge­samte "Wende" der SPD-Führung rich­ten. Auch die Beschränkung der Bun­deswehr auf Landesverteidigung ist auf­gegeben, Spitzenpolitiker der SPD wol­len Kampfeinsätze der Bundeswehr "out-of-area" und den "großen Lausch­angriff" auf Privatwohnungen. Die ent­scheidenden Lehren aus dem Wider­stand gegen den Nationalsozia­lismus und aus den Weltkriegen werden auf dem Altar des Populismus geopfert. Hier geht die Wirtschaftspolitik, die Ab­schottungspolitik gegenüber Flüchtlin­gen (Festung Europa), die Außen- und Sicherheitspolitik und das Agieren in NATO, WEU, KSZE und UN (Sitz im Sicherheitsrat) Hand in Hand. Sich auf der nationa­listischen Welle mittreiben zu lassen ist nicht Weg, auf dem wir den Trend zu einem Deutschland und einem Europa verhindern können, in dem die Schön­hubers und Haiders, die Le Pens, die Tudjmans und die Milosevics das Sagen haben.

Voraussichtlich wird ein breites Bünd­nis zu einer zentralen Demonstration am Samstag, 14. November 1992 um 12 Uhr und begleitenden Aktivitäten zum Parteitag nach Bonn aufrufen. Peters­berg zu kippen, wird den Delegierten nicht leichtfallen, scheint doch das poli­tische Schicksal des Parteivor­sitzenden und Kanzlerkan­didaten und eines Großteils der Füh­rungsriege mit der Durchsetzung der Wende in der Partei verknüpft.

Aber wo steht geschrie­ben, daß eine Partei nicht regierungsfähig ist, wenn sie "deutsche Verantwortung" so defi­niert, daß sie menschen- und Bürger­rechte schützt, die Fluchtursachen und nicht die Flüchtlinge bekämpft, die Ge­walttätigkeit in der Innen- und der inter­nationalen Politik verbannen will, die Bündnispartner, die KSZE und die UNO zu größten Anstrengungen für Konflikt­vorbeugung und nicht-militärisches Kri­senmanagement drängt und dazu auch eine solidarische Politik gerechter Wirt­schaftsbeziehungen und ökologischen Umbaus glaubwürdig umsetzt?

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