Die britische Friedensbewegung

Widerstand gegen die Ersetzung der Trident

von Angie Zelter

Neun Staaten (1) besitzen zusammen mehr als 15.000 Atomwaffen. Das Vereinigte Königreich hat ungefähr 215 Sprengköpfe – weniger als Russland mit 7.500, die USA mit 7.200, Frankreich mit 300 und China mit 260.

Ungleich dem Rest Europas haben wir keine Atomwaffen mehr auf britischem Boden stationiert, aber wir haben viele Standorte, die mit Trident zusammenhängen, und verschiedene große US-Firmen haben mit der Betreibung dieser Standorte zu tun (2).

Trident ist der Name des britischen Atomwaffensystems. Es besteht aus vier U-Booten, von denen eines stets auf Patrouille ist, und die bis zu 40 Atomsprengköpfen an Bord haben. Jeder dieser Sprengköpfe ist achtmal stärker als die Atombombe von Hiroshima. Die Regierung plant, Trident zu ersetzen, da das System irgendwann zwischen 2025 und 2030 veraltet sein wird. Es soll mit einem gleichen, aber modernisierten U-Boot-basierten System ersetzt werden, das voraussichtlich rund 167 Milliarden Britische Pfund kosten wird. (3) 2010 wurde zwischen den Liberaldemokraten und Konservativen in der damaligen Koalitionsregierung schriftlich vereinbart, dass die 'Entscheidung' über die Ersetzung von Trident nicht vor 2016 getroffen würde. Aber es sind schon zahlreiche Verträge unterzeichnet worden (4), und Baumaßnahmen in Aldermaston und Burghfield finden weiter statt. Es gibt sogar Gerüchte, dass die derzeitige konservative Regierung, die eine überwältigende Mehrheit hat, die Entscheidung nicht einmal dem Parlament vorlegen oder dass sie dies noch vor Weihnachten tun könnte. Wir wissen es einfach nicht. In der Zwischenzeit weiß die britische Friedensbewegung, dass sie sich in den kommenden Monaten sehr anstrengen muss, um die Ersetzung von Trident zu verhindern.

Die Rolle Schottlands und die Labour Partei

Eine gute Nachricht ist, dass 56 der 58 im Mai 2015 gewählten Parlamentsmitglieder aus Schottland von der Schottischen Nationalen Partei (Scottish National Party, SNP) kommen. (5) Das ist wichtig, denn die SNP hat eine sehr klare Linie der Ablehnung von Atomwaffen und will auf keinen Fall solche Waffen in Schottland stationiert sehen. Das verursacht ein schwieriges politisches Problem, denn es gibt keine Tiefwasser-Liegeplätze für Trident oder deren Nachfolger, noch viele geeignete Depots für Atomwaffen in England und Wales. Da gibt es ein klares demokratisches Defizit, wenn die Menschen in Schottland keine Atomwaffen wollen, aber England sie weiter in Schottland stationieren will. Das Problem wird auch in Zukunft politische Auswirkungen auf den Kampf für die schottische Unabhängigkeit haben.

Die andere gute Nachricht ist, dass Jeremy Corbyn, ein langjähriger Aktivist gegen Atomwaffen, vor Kurzem zum Chef der oppositionellen Labour Partei gewählt wurde. Er bemüht sich, die ParlamentarierInnen seiner Partei zu gewinnen, die immer noch in dem 'Abschreckungsdenken' der Zeit des Kalten Krieges gefangen sind, aber die Mehrheit der WählerInnen der Labour Partei scheint ihn sehr zu unterstützen.

Großdemo am 27. Februar und gewaltfreie Aktionen

Dies ist der Kontext, in dem die britische Kampagne gegen die Modernisierung von Trident steht. Es gibt ein Netzwerk 'No Trident Replacement' (Keine Erneuerung von Trident) von rund 20 Gruppen, die zusammenarbeiten und Informationen und Ressourcen austauschen. Es umfasst etablierte und bekannte Organisationen wie die Campaign against Nuclear Weapons (CND), Pax Christi, Nuclear Information Services (NIS), International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN), Acronym und Scientists for Global Responsibility (SGR), die vor allem Forschung und Informationssammlung betreiben, publizieren, Lobby-Arbeit machen und auch einige Demonstrationen und Veranstaltungen organisieren. Zum Beispiel wird es eine Großdemonstration am Samstag, dem 27. Februar 2016, geben, an der viele von uns teilnehmen werden.

Andere Gruppen setzen mehr auf gewaltfreien zivilen Widerstand oder direkte Aktion. Dazu gehören die Friedenscamps, die es weiter in Faslane und Aldermasten gibt, die Action AWE und Trident Ploughshares. In den letzten eineinhalb Jahren hat Trident Ploughshares geholfen, einige wunderbar kreative und effektive Aktionen zu organisieren. U.a. nahmen wir am Stricken eines sieben Meilen langen rosa Schals teil, der zwischen Burghfield und Aldermaston und dann um das Verteidigungsministerium in London gespannt wurde. Im Parlament sangen wir das Oratorium „Trident ist ein Kriegsverbrechen“, es fanden Blockaden in Faslane und Burghfield statt, und natürlich wird es noch mehr gewaltfreie Störungen des „normalen Ablaufs“ an den Atomwaffenbasen geben. (6)

Juristische Kampagne – zur Nachahmung empfohlen

Im letzten Jahr haben rund zehn Gruppen in England und Wales das Verbrechen von Trident bei ihren lokalen Polizeistationen angezeigt. (7) Ihre Versuche, über dieses Verbrechen ermitteln zu lassen, führte zu standardisierten Ablehnungen auf der Basis, dass kein Verbrechen begangen worden sei und deshalb die Polizei nichts zu untersuchen bräuchte!

Trident Ploughshares hat deshalb eine neue Kampagne ins Leben gerufen, die sich „Public Interest Cases Against Trident (PICAT)“ nennt – übersetzt etwa „Ermittlungen im öffentlichen Interesse gegen Trident“. Wir haben ein Infopaket zusammengestellt, um Gruppen vor Ort zu helfen, zu ihren lokalen Gerichten zu gehen und eine Privatklage gegen den Verteidigungsminister wegen Verschwörung zu einem Kriegsverbrechen anzustrengen – denn das ist die Stationierung von Trident. Wir hoffen, dass es zu einem Gerichtsverfahren gegen Trident und die Regierungspolitik zu Atomwaffen vor einem unparteiischen Gericht kommt, sofern genügend Gruppen in ganz England und Wales mitmachen. Es wird viele Hürden geben, z.B. die Erlaubnis des Generalstaatsanwalts, der von der Politik berufen wird. Aber falls wir keinen Erfolg haben, dann werden wir eine juristische Überprüfung der Entscheidungen des Generalstaatsanwalts verlangen und notfalls die Sache vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. Die Aktion wird BürgerInnen vor Ort und lokale Gerichte sensibilisieren und informieren und sie stellt eine Möglichkeit dar, das Thema dezentral anzugehen und Atomwaffen zu delegitimieren. Sie ist eine Vorgehensweise, die auch von anderen europäischen Gruppen übernommen werden könnte, die die US-Atombomben aus ihren Ländern weg haben wollen. Sie müsste aber natürlich an die betreffenden Justizsysteme in jedem Land angepasst werden.

Die britische Regierung ist immer noch in der veralteten atomaren Politik verhaftet, die im Kalten Krieg entwickelt wurde. Sie hört nicht auf die große Mehrheit der Völker und Staaten, die eine vollständige nukleare Abrüstung über eine internationale Übereinkunft suchen. Unsere Aktionen hier in Großbritannien sind nötig, um den Druck gegen die britischen Atomwaffen aufrechtzuerhalten, um atomare Abrüstung auf der politischen Tagesordnung zu halten und um öffentlichen Protest gegen den angedrohten Massenmord und Terrorismus durch die Stationierung von Trident und den Versuch, sie zu modernisieren, auszudrücken.

 

Anmerkungen

1 Die neun atomwaffenbesitzenden Staaten sind China, Frankreich, Indien, Israel, Nord-Korea, Pakistan, Russland, Großbritannien und die USA.

2 Siehe http://www.cnduk.org/images/stories/Sites.pdf für eine komplettere Liste der Standorte.

3 Siehe http://actionawe.org/cost-of-replacing-trident-could-hit-167bn-says-seni...

4 Siehe http://actionawe.org/ministry-of-defence-releases-information-on-success...

5 Insgesamt gibt es 650 Abgeordnete im Parlament.

6 Siehe die Website von Trident Ploughshares website für Fotos und Aktionsberichte, u.a.: http://actionawe.org/faslane-blockade-36-arrests-made-as-hundreds-gather-at-naval-base-to-protest-against-trident-nuclear-missiles/ http://actionawe.org/brief-summary-of-the-3-blockades-at-awe-burghfield-on-2nd-march-2015/

7 Siehe http://actionawe.org/reporting-a-crime-details-of-reading-police-station-visit-thoughts-on-progressing-the-case/ and http://actionawe.org/topics/resources/reporting-a-crime/ )

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Friedensbewegung international