Erklärung des Weltsozialforums in Brasilien

Wir zahlen nicht für Eure Krise!

von Redaktion FriedensForum

Rund 2000 Workshops, Seminare und Diskussionen kennzeichneten die Tage des jüngsten Weltsozialforums, das vom 27. Januar bis 1. Februar in Brasilien stattfand. Die Weltsozialforen, die seit 2001 jedes Jahr zumeist in Brasilien stattfinden, verstehen sich als ein Raum der Diskussion der weltweiten globalisierungskritischen oder globalen Gerechtigkeitsbewegung. Sie treffen sich stets zu der Zeit, zu der die Regierungschefs der reichen Länder das Weltwirtschaftsforum in Davos abhalten. Zu den Organisatoren der Foren, einem Rat von 129 Organisationen, gehört u a. ATTAC.  Die TeilnehmerInnenschaft ist in diesen Jahren von anfänglich rund 12,000 auf über 150,000 angestiegen. Die Weltsozialforen sind durch eine große Pluralität an Meinungen und politischen Orientierungen gekennzeichnet. Oftmals wird ihnen vorgeworfen, dass zwar viel diskutiert wird, aber wenig konkrete Aktion sich daraus ergibt. Wir möchten hier in Auszügen die Erklärung der Versammlung der Sozialen Bewegungen des diesjährigen Weltsozialforums veröffentlichen. Sie beginnt mit dem oben stehenden Titel und dem Satz „Wir brauchen anti-imperialistische, anti-kapitalistische, feministische, ökologische und sozialistische Alternativen.“

„Wir, die sozialen Bewegungen aus aller Welt sind hier anlässlich des 8. Weltsozialforums in Belém, Amazonien, zusammengekommen, wo die Menschen den Versuchen Widerstand leisten, die Natur, ihr Land und ihre Kulturen zu usurpieren. Wir sind hier in Lateinamerika, wo in den letzten zehn Jahren die sozialen Bewegungen und die Bewegungen der eingeborenen Völker sich zusammengetan haben und das kapitalistische System aus ihrer Weltsicht her radikal in Frage stellen. In den letzten Jahren haben in Lateinamerika radikale soziale Kämpfe zu dem Sturz neoliberaler Regierungen und der Stärkung von Regierungen geführt, die viele positive Reformen wie die Verstaatlichung von Kernsektoren der Wirtschaft und demokratischer Verfassungsreformen durchgeführt haben. …

Wir sehen uns einer globalen Krise gegenüber, die eine direkte Folge des kapitalistischen Systems ist und deshalb keine Lösung innerhalb des Systems finden kann. Alle Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden, um die Krise zu überwinden, zielen allein darauf, die Verluste zu sozialisieren, um das Überleben eines Systems zu sichern, das auf der Privatisierung ökonomischer Sektoren, öffentlicher Dienste, natürlicher und Energieressourcen beruht und darauf, dass das Leben zu einer Sache wird, Arbeit und Natur ausgebeutet werden und Ressourcen von der Peripherie ins Zentrum und Arbeiter in die kapitalistische Klasse transferiert werden. ...

Um die Krise zu überwinden, müssen wir uns mit der Wurzel des Problems auseinandersetzen und so schnell wie möglich zu der Entwicklung der radikalen Alternative kommen, die das kapitalistische System und patriarchale Herrschaft beseitigen würde. Wir müssen für eine Gesellschaft arbeiten, die die sozialen Bedürfnisse befriedigt, die Rechte der Natur respektiert und demokratische Teilhabe im Kontext vollständiger politischer Freiheit unterstützt. Wir müssen dafür sorgen, dass alle internationalen Verträge über unsere unteilbaren bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, sowohl die individuellen wie die kollektiven, umgesetzt werden.

Unter dieser Perspektive müssen wir zu der größtmöglichen öffentlichen Mobilisierung beitragen, um eine Reihe wichtiger Maßnahmen durchzusetzen, wie:

  • Verstaatlichung des Bankensektors ohne Kompensationen und mit voller sozialer Überwachung
  • Arbeitszeitreduzierung ohne Lohneinschnitte
  • Maßnahmen zur Sicherung der Kontrolle über Lebensmittel und Energie
  • Kriege stoppen, Besatzungstruppen abziehen und ausländische Militärbasen auflösen
  • Die Souveränität und Autonomie der Völker anerkennen, die ihr Recht auf Selbstbestimmung sichert
  • Den Zugang zu Kommunikationsmitteln und Wissen demokratisieren.

Wir, die sozialen Bewegungen, sehen uns einer historischen Chance gegenüber, emanzipatorische Initiativen auf einer globalen Ebene zu entwickeln. Nur durch den sozialen Kampf der Massen können Bevölkerungen die Krise überwinden. Um diesen Kampf zu fördern, ist es wesentlich, Bewusstseinsbildung und Mobilisierung von unten her zu betreiben. …

Wir verpflichten uns daher:

  • Eine ‚Globale Aktionswoche gegen Kapitalismus und Krieg’ vom 28. März bis 4. April 2008 durchzuführen …
  • Möglichkeiten für Mobilisierungen im ganzen Jahr zu vergrößern: der Internationale Frauentag am 8. März, der Internationale Tag für Nahrungsmittelsouveränität am 17. April, der Internationale Tag der Arbeit am 1. Mai, die Globale Mobilisierung des Kampfes für Mutter Erde … am 12. Oktober.
  • Einen Plan für Widerstandsaktionen gegen den G8-Gipfel auf Sardinien, den Klimagipfel in Kopenhagen, den Amerikagipfel in Trinidad und Tobago, usw. zu entwickeln.

Durch solche Forderungen und Initiativen antworten wir auf die Krise mit radikalen und emanzipatorischen Lösungen.“

Quelle
http://www.fsm2009amazonia.org.br/

Übersetzung: Redaktion

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Rubrik

Friedensbewegung international