Journalismus im Krieg:

ZDF stärkt die Heimatfront

von Richard Kelber
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Im Oktober 1999 hat Wolf von Lojewski (ZDF heute-journal) den "Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis" erhalten. Warum, weiß der Henker. Nein, der Kriegsminister.

Am 18.10.99 sitzt WvL mit Ulrich Wickert in einer veritablen Kriegskulisse des WDR-TV. Mann spricht über journalistische Schwierigkeiten im Krieg. Und WvL den formidablen Satz: "Und dann (im Kosovo-Krieg) erwartet die Regierung von Sendungen wie dem heute-journal, dass sie zu Hause den Durchhaltewillen stärken. Das fällt nicht immer leicht." Wickert stutzt kurz, aber da er sich mehr für seine clowneske Wettervorhersage interessiert, fährt er im einvernehmlichen Quakquak fort.

Wenn die Stärkung der Heimatfront "nicht immer" leicht fällt, so doch meistens? Diese Frage stelle ich der Redaktion von WvL.

Antwort: Keine. Einen Monat später schreibe ich der Intendanz: Ob es beim ZDF üblich ist, eine des Fragens würdige Äußerung nicht zu beantworten, ob es dabei an Zeit und Lust mangelt oder dem Sender dies peinlich ist.

Antwort: Keine. Statt dessen schreibt WvL: "Ich habe Ihr Schreiben der Tonart nach dahin gedeutet, dass Sie Ihr Missfallen ausdrücken wollten und habe das so akzeptiert. Was wortwörtlich ich damals gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Mir kam es aber darauf an, im Grunde das gleiche auszudrücken, was Sie bewegt: Dass sich die Aufgabe des Journalisten nicht darin erschöpfen könne, den Durchhaltewillen daheim zu stärken."

Was sagt die Intendanz zu dieser Definition? Sie reagiert wieder nicht. Ebensowenig wie Herr Wickert: Warum hat er sein Stutzen nicht in eine Frage umgesetzt? Denn was WvL in seiner Rechtfertigung (außer dem wortwörtlichen Blackout) zur Kenntnis gegeben hat, war ziemlich genau das Gegenteil von dem, was mich "bewegt": Journalismus im Krieg dürfe sich nicht darin "erschöpfen", die Heimatfront zu stärken, habe also auch noch andere Aufgaben - aber die an der Heimatfront ist die wichtigste.

Der Versuch, den Verwaltungsrat zu befragen, scheiterte an mangelnder Zuständigkeit, die aber erst gar nicht mitgeteilt wurde. Dem zuständigen Fernsehrat wollte die für derart dumme und unwichtige Fragen noch zuständigere Sekretärin die Angelegenheit schon gar nicht vortragen: "Wir (!) finden die Antwort des Herrn WvL ausreichend."
 

Die Intendanz, über den Verlauf der Dinge informiert, lässt mitteilen: "WvL hat Ihnen geantwortet und, wie ich meine, klar zum Ausdruck gebracht, dass er ihre Kritik akzeptiert und Ihre Auffassung teilt. Insofern bedarf dieses Thema keiner erneuten Würdigung."

Will sagen: Die Heimatfront ist gesichert. Danke, ZDF, sagt Fischerscharpingschröder.

Beim ZDF wird, wie ich erfahren durfte, das Wort nicht auf die Goldwaage gelegt. Wenn es darauf ankommt, wird es gemartert, gevierteilt und gelyncht. Die Heimatfront trägt ihren Namen zu Recht.

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