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Der Nahostkonflikt auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle im Juni 2008 in Bonn
Zwischen den Lügen lesen
vonFür eine internationale Konferenz in Deutschland gibt es wohl kaum einen eindrucksvolleren Tagungsort als den ehemaligen Plenarsaal des deutschen Bundestages in Bonn. Kurz nach dem Ende des Weltklimagipfels der Vereinten Nationen Ende Mai, fand im so genannten „World Conference Centre“ das „Global Media Forum 2008“ zum Thema „Media and Conflict“ statt. Organisiert hatte die Konferenz die Deutsche Welle. Fast 900 Journalisten, Akademiker und Interessierte aus 100 Ländern diskutierten drei Tage in Plenarsitzungen und Workshops über die verschiedensten Aspekte des Themas.
Aus der Masse der vielen Veranstaltungen hob sich vor allem die Podiumsdiskussion über die Nahostberichterstattung mit dem englischen Titel „Reading between the lies“ – aus dem in der deutschen Übersetzung „Durchblick auf die Propaganda“ wurde – deutlich hervor. Die verschiedenen Statements warfen ein neues Licht auf dieses vieldiskutierte Thema. So räumte David Witzthum, Redakteur des Ersten Israelischen Fernsehens offen ein, dass die Aufgabe seiner Anstalt während der Terrorwelle der 2. Intifada nicht die Verbreitung unabhängiger Nachrichten, sondern die Stärkung des emotionalen Zusammenhalts der israelischen Nation gewesen wäre. Er vertrat die Ansicht, dass die Medien untrennbar mit der Ideologie der Gesellschaft in der sie arbeiten verbunden seien und stellte damit klassische journalistische Prinzipien in Frage. Victor Kocher, Auslandskorrespondent der NZZ und Nahostexperte, forderte dagegen vehement ein, in der Berichterstattung akkurat zu bleiben, Quellenvielfalt zu zeigen und Fakten zu kontextualisieren um den Konflikt verständlich zu machen. Er wollt die Schwierigkeit, ausgewogen über den Konflikt zu berichten, nicht teilen, so lange man die von ihm formulierten Prinzipien verfolge und die Dinge beim Namen nenne.
Der arabische Journalist Salameh B. Nematt, langjähriger Büroleiter der arabischen Tageszeitung Al-Hayat in Washington, hob sich wohltuend aus der grassierenden Al-Jazeera Euphorie hervor und kritisierte die politisch motivierte Omnipräsenz der Themen Israelische Besatzung von Palästina und US-Militäroperation im Irak in der Berichterstattung des Senders aus Qatar. Einig war sich das Podium darin, dass die Berichterstattung in der arabischen Welt aufgrund autokratischer Regime und regionaler militärischer Besatzung wie in Palästina erschwerten Bedingungen unterliege.
Ein großer Pluspunkt der Konferenz war sicherlich die hohe Teilnahme von Journalisten und Medienschaffenden aus Ländern des Südens. Meist auf Einladung der Deutschen Welle oder anderer deutscher Institutionen wie beispielsweise dem DAAD konnten sie in Bonn ihre Netzwerke ausbauen und von ihren Erfahrungen in der schwierigen Medien-Arbeit in Krisen- und Konfliktregionen berichten. Natürlich nutzte auch der Hauptsponsor der Konferenz, das deutsche Logistikunternehmen DHL die Konferenz, um großzügig auf das soziale Engagement des Unternehmens hinzuweisen. So pries Vorstandschef Frank Appel im Einführungsvortrag zum Podium „Crouching Tiger – Hidden Dragon“, dass sich mit der Situation in Asien befasste, die Transportkapazitäten des Unternehmens für „Emergency Response“ im Falle humanitärer Katastrophen und konnte so das Unternehmen in der vordersten Reihe privatisierter humanitärer Hilfe positionieren.
Das „Global Media Forum“ war ein guter Start, das Thema Medien und Konflikt auf breiter Basis und in internationaler Besetzung zu diskutieren. Viele Fragen sind jedoch weiterhin offen. Dazu gehört, wie man es schaffen kann, den Mainstream der Journalisten und Medienschaffenden zu erreichen und für das Thema zu sensibilisieren. Auch die Verantwortung deutscher und europäischer Medien in der Krisen- und Konfliktberichterstattung und die Folgen, die dies für Verfestigung von Stereotypen und die verzerrte Wahrnehmung vor allem der Länder des Südens hat, wurde nur am Rande gestreift.