Redebeitrag von Sabine Berninger (MdL Die Linke, Thüringen) für die Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 9. August 2017 in Erfurt

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

„Wenn ich mir etwas wünschen darf, würde ich mir den Weltfrieden wünschen, Essen für alle Kinder und Menschen, weniger böse Menschen auf dieser Welt.“ (Sara, 11 Jahre)

Das ist der Beitrag der elfjährigen Sara aus Weimar für Kreativwettbewerb, den die Linksfraktion im Thüringer Landtag im Frühjahr für Kinder und Jugendliche ausgeschrieben hatte. „Wenn ich einen Wunsch frei hätte …“ hieß der Wettbewerb.

Der Wunsch nach Frieden, nach einer friedlichen Welt ohne Krieg eint uns heute hier,

 

liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren.

Und sicherlich eint uns auch große Sorge, gerade wenn wir aktuell die politischen Entwicklungen verfolgen.

Wenn wir kritisieren, dass sich die Bundesrepublik nicht an den Verhandlungen für ein Verbot von Atomwaffen beteiligt hat, die auf Beschluss der UN-Generalversammlung im März und Juli in New York stattfanden. Oder wenn wir kritisieren, dass diese Verhandlungen ebenso wie die Weigerung der Bundesregierung im Schatten des G20-Gipfels in den Meldungen der großen Medien kaum Erwähnung fanden.

Uns eint die Sorge, wenn wir in den Meldungen der letzten Tage zur Kenntnis nehmen müssen, dass zwei offenbar in ihrer Geltungsbedürftigkeit alles andere vergessende,

selbstsüchtige Egozentriker eine Kriegsrhetorik verwenden, die mit Worten kaum noch zu steigern ist. Ungeachtet der humanitären Katastrophe, die sie anrichten könnten, setzten sie ihre Drohungen um.

Saras Wunsch nach „weniger bösen Menschen auf dieser Welt“ meint genau solche, die das Leben anderer Menschen aufs Spiel setzen.

Am 6. und 9. August gedenken wir der Opfer der Atombombenabwürfe über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki vor 72 Jahren.

Um 8:16 Uhr detonierte die „Little Boy“ genannte Uranbombe in 580 Metern Höhe über der Stadt Hiroshima. 43 Sekunden später hatte die Druckwelle fast die gesamte Innenstadt dem Erdboden gleich gemacht. Ein Feuerball mit einer Innentemperatur von über einer Million Grad Celsius ließ noch in über zehn Kilometer Entfernung Bäume in Flammen aufgehen.

Die Bombe, die am 9. August um 11:02 Uhr über der Stadt Nagasaki abgeworfen wurde, „Fat Man“ genannt, sollte eigentlich den Mitsubishi-Konzern treffen, verfehlte ihr Ziel aber um 2 Kilometer. Sie zerstörte fast das halbe Stadtgebiet. Die Explosion in etwa 470 Metern Höhe über dem Boden vernichtete im Umkreis von einem Kilometer 80 Prozent aller Gebäude und setzte über eine Entfernung von vier Kilometern Objekte in Brand. Der Atompilz erhob sich 18 Kilometer in die Atmosphäre.

Im Innenstadtbereich starben sofort etwa 22.000 Menschen, mehr als 74.000 Menschen wurden verletzt; weitere Zehntausende, die Schätzungen gehen bis zu 70-80.000 Menschen, starben innerhalb der nächsten vier Monate.

Bis heute sterben Menschen an den Folgen der Bomben, an Krebserkrankungen als Langzeitfolge der Strahlung. Insgesamt ist von über 240.000 verstorbenen Menschen die Rede.

Am 24. Januar 1946 - fordert die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer ersten Resolution die vollständige Abschaffung von Nuklearwaffen. Diese Forderung ist bis heute nicht umgesetzt. Aber es gibt Hoffnung:

Am 07. Juli verabschiedeten knapp 130 Staaten in New York ein Abkommen zum Verbot von Atomwaffen. Damit werden erstmals in einem Vertrag die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen aufgegriffen.

Damit ist allerdings der Slogan „Atomwaffenfrei. Jetzt.“ noch längst nicht erfüllt.

Unter anderem die Bundesregierung hatte die Beteiligung an den auf Beschluss der UN-Generalversammlung einberufenen Verhandlungen verweigert. Einerseits mit Verweis auf die Ablehnung von Verhandlungen durch die fünf offiziellen Atomwaffenmächte (von denen China schlussendlich dann doch teilgenommen hatte), andererseits mit der absurden Behauptung, der Atomwaffensperrvertrag würde dadurch geschwächt.

Der nun beschlossene Vertrag zum Verbot von Atomwaffen untersagt die Herstellung, Weitergabe und Stationierung von Atomwaffen. Außerdem verbietet er deren Einsatz und auch die Androhung eines Nuklearschlags.

„Atomwaffenfrei. jetzt.“ Das ist unsere Forderung am

heutigen Hiroshima-Nagasaki-Gedenktag. Und es muss unsere Losung darüber hinaus sein. Wenn nämlich am 20. September das Abkommen zur Unterzeichnung freigegeben wird und es 50 Staaten braucht, die ihn ratifizieren, damit er in Kraft treten kann.

Die Puhdys haben den Songtext „Hiroshima“ der amerikanischen Band Wishful Thinking vor einigen Jahren neu interpretiert und singen

Doch den keiner kennt in Hiroshima
Wurde Stein der schrie.
Und er schrie "Erinnert Euch gut
Sonst holt euch die Glut wie hier."

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir müssen erinnern. Nicht nur uns, sondern andere. Die “international campaign to abolish nuclear weapons” hat eine Kampagne gestartet, zu deren Beteiligung wir aufrufen möchten: schreibt Briefe, Postkarten und Mails an den Bundesaußenminister. Beteiligt Euch an der nächste Woche beginnenden Mailaktion, in der alle für den 19. Deutschen Bundestag Kandidierenden zu dem Thema angeschrieben und befragt werden sollen. Unterstützt die Kampagne auf facebook unter dem Hashtag #icanchange.

Erinnert an Hiroshima und Nagasaki. Und daran, was Kriege anrichten!

Zum Abschluss möchte ich noch einen Wunsch des „Wenn ich einen Wunsch frei hätte“ Wettbewerbs vor tragen, den von Simeon, 9 Jahre alt:

„Wenn ich groß bin, möchte ich Astronaut werden. Wenn ich dann einen Wunsch frei hätte, würde ich mir einen bunten Planeten suchen.

Auf diesem Planeten können alle Kinder glücklich in die Schule gehen und richtig lernen und es gibt keine Arbeitslosen mehr. Jedes Kind bekommt gute Eltern, die mit ihm spielen, Hausaufgaben machen, ihm zu Essen geben und ihm Liebe schenken. Für alle Menschen gibt es bunte Häuser und nichts Trauriges mehr. Menschen aus aller Welt sind bei mir willkommen.

Alles Böse (Traurigkeit, Ärger und Streit, Krieg) bleibt auf der Erde. Haben sich die Menschen auf der Erde beruhigt, können Sie auf meinen glücklichen Planeten kommen. Mein Planet heißt ‚Glücksstern‘.“ (Simeon, 9 Jahre)

Das Gedenken zum Hiroshima-Nagasaki-Tag soll für uns alle Ansporn sein, Kindern wie Simeon die Erde zum Glücksstern zu machen. Ohne Not und Elend. Ohne Rassismus und Ausgrenzung. Ohne Atomwaffen und ohne Krieg.

Danke, dass Ihr heute hier seid.