Redebeitrag für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung in Nottuln am 6. August 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 06.08., Redebeginn: ca. 21.30 Uhr -

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir alle wissen um die Gefahr, die von Atomwaffen ausgeht.

Wir alle wissen, wie schrecklich die Folgen der Atombombenabwürfe sind, wie sie vor 73 Jahren in Hiroshima und Nagasaki geschahen. Wir alle wissen es – auch die Politiker, die Staatenlenker und Waffenexperten dieser Welt. Wir alle wissen es und trotzdem scheint die ungeheuerliche Gefahr, die von diesen absolut tödlichen Waffen ausgeht, bei den neun bekannten Atommächten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea so wenig präsent zu sein, dass sie an ihnen festhalten und weiterentwickeln.

Offenbar werden die USA in Büchel in der Eifel eine völlig neue Generation von Atomwaffen stationieren, die sogenannten B61-12-Atombomben.

Diese Generation bringt fatale neue Fähigkeiten mit sich: Zur flexiblen Einstellung der Sprengkraft kommt eine digitale Lenkbarkeit zur Führung ins Ziel.

Und damit sinkt die Hemmschwelle für einen Einsatz dieser Bomben – eine jede mit einer Sprengkraft von 80 Hiroshima-Bomben.

Es ist nicht auszudenken, was uns – was der Menschheit passiert – wenn sie eingesetzt werden!

Wir, die wir heute Abend hier zusammengekommen sind, mahnen an das Nicht-Vergessen, an das stete Erinnern und rufen das in unser Gedächtnis zurück, was vor 73 Jahren – HEUTE vor 73 Jahren – in Hiroshima geschehen ist.

Damit wir und alle nachfolgenden Generationen NIEMALS vergessen, was sich vor so langer Zeit an Schrecklichem ereignete:

Die bislang einzigen Atombombenabwürfe in einem Krieg.

Und wir fordern eindringlich, dass sich so etwas NIEMALS wiederholen möge!

Wir sind heute hier und erinnern uns an das Ungeheuerliche, – auch deshalb, weil wir wissen, dass der Mensch so schnell vergisst.

Selbst an das, was sich erst vor wenigen Jahren ereignet hat, hat er oft genug kaum noch Erinnerung.

Hiroshima und Nagasaki.

Fragen Sie einmal junge Menschen danach, was dort vor 73 Jahren geschehen ist.

Die meisten von ihnen werden es wahrscheinlich wissen und sie können die Gefahr, die von Atombomben ausgeht, einordnen als

  • schrecklich,
  • todbringend,
  • und als eine Bedrohung, die die Erde – unseren Planeten – unwiderruflich zerstören und unbewohnbar machen wird

Aber 73 Jahre sind eine lange Zeit und die Geschehnisse von damals liegen weit zurück.

Es scheint, als hätten die Zeitläufte dem Schrecken und dem unsagbaren Leid, was die Atombomben über die Menschen brachten, seine Schärfe genommen.

Aber WIR BRAUCHEN diese Schärfe, damit sich die Folgen der beiden Atombombenabwürfe

so nachhaltig einprägen, dass sie den menschlichen Verstand nie wieder verlassen.

Nie wieder und in keiner Generation.

Doch die Welt macht weiter, als sei nichts geschehen.

Wie sonst lässt es sich erklären, dass sich Staaten unserer Erde sich in atomarer Aufrüstung einen Wettkampf liefern?

Wie sonst lässt es sich erklären, dass Diktatoren wie Kim Jong-Un aus Nordkorea das atomare Säbelrasseln nicht sein lassen können?

Wie sonst lässt es sich erklären, dass Atommächte wie die USA neue, noch perfidere Generationen von Atombomben entwickeln?

Wie sonst lässt es sich erklären, dass bei uns in Deutschland Atomsprengköpfe zum Beispiel in Büchel gelagert werden?

Wie sonst lässt es sich erklären, dass bei der Atomwaffen-Konferenz der UN in 2017 in New York zwar 122 Staaten für eine Ächtung von Atomwaffen stimmten, die neun bekannten Atommächte unter ihnen USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich die Verhandlungen boykottierten und auch Deutschland nicht teilnahm?

Wie sonst lässt es sich erklären, dass es weltweit rund 15 000 Atomwaffen gibt, von denen fast 2000 von ihnen in ständiger Alarmbereitschaft sind?

"Hiroshima und Nagasaki stehen nicht für den Anfang eines Atomkriegs, sondern für den Beginn unseres eigenen moralischen Erwachens“, sagt der damalige US-Präsident Barack Obama, als er 2016 – als erster amtierender amerikanischer Präsident – nach Japan reiste.

Wir alle haben eine gemeinsame Verantwortung, der Geschichte ins Auge zu schauen.

Wir alle müssen uns fragen, wie ein solches Leid künftig verhindert werden kann.

Ich möchte meine Rede mit einem Satz von Barack Obama beenden: „Die Staaten mit Atomwaffen müssen den Mut aufbringen, der Logik der Furcht zu entkommen und eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen.“ 

Es liegt in der Verantwortung von uns allen, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen – ganz gleich wie lange es dauert und wie schwer es sein wird.

 

Manuela Mahnke ist Bürgermeisterin der Gemeinde Nottuln (Mayors for Peace).