Redebeitrag von Anne Rieger (Bundesschuss Friedensratschlag) für den Bodensee Ostermarsch in Friedrichshafen am 17. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Als ich vergangenen Woche von den Kriegstoten in Syrien hörte, fielen mir sofort meine Deutschlernlinge ein, denen ich ehrenamtlich helfe, unsere Sprache zu erlernen.

Ich sah ihre traurigen Augen vor mir, wenn sie von zu Hause, von ihrer Heimat, vom Vater, der Mutter, den Geschwistern, mit ihren spärlichen Deutschkenntnissen erzählen Manche noch halbe Kinder, geflohen vor dem Krieg, oft auch vor dem Kriegsdienst.

Und sofort kam mir in den Kopf:

Wenn es doch keine Waffen gäbe, keinen beständigen Nachschub an Waffen in Kriegs- und Krisenregionen, dann hätten sei nicht von zu Hause fliehen müssen.

 

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

Wir stehen hier, weil wir die Fluchtursachen bekämpfen wollen

Das heißt auch, die Waffenexporte zu stoppen

Heißt die Rüstungsproduktion umwandeln in Zivile Produktion

Ich fordere: die Waffen nieder.

In Deutschland, wie in der ganzen Welt, ist verpflichtet abzurüsten.

Arbeitsplätze müssen und dürfen dabei nicht verloren gehen.

Deswegen ist es nötig, gemeinsam mit den Beschäftigten in der Rüstungsindustrie darum zu kämpfen,

dass die Gelder, die für Waffen und Kriegsgerät ausgegeben werden, für

sozial und ökologisch nützliche Produkte und Dienstleistungen verwendet werden.

Denn wie mein Kollege vom IG Metall Vorstand gesagt hat:

Hat ein Ingenieur die Wahl zwischen einem Job in einem Autokonzern oder einem Rüstungsbetrieb, entscheidet er sich nicht unbedingt für letzteren“ meinte ein Betriebsrat auf der Tagung Wehrtechnik und Arbeitsplätze der IG Metall 2012.

Aber die RüstungsarbeiterInnen sind in einem Dilemma: Erst kommt das Fressen und dann die Moral“

Die Rüstungsarbeiter sind in erster Linie lohnabhängig Beschäftigte in einer privatkapitalistisch organisierten Produktion – wie Kolleginnen und Kollegen in Betrieben mit ziviler Fertigung

Ihr Bewusstsein und ihr Interesse werden stark durch die Angst um den Arbeitsplatz geprägt. Für die in der Rüstungsindustrie Beschäftigten hat der Erhalt ihres Arbeitsplatzes genau die gleiche Bedeutung wie für die abhängig Beschäftigten in der zivilen Produktion.

Aus diesem Grund ist es verständlich, wenn sich die Rüstungsarbeiter für den Erhalt ihrer Existenzgrundlage – nämlich den Arbeitsplatz – einsetzen.

In der Diskussion um Frieden und Abrüstung wird diese Abhängigkeit meist viel zu wenig berücksichtigt.

Die Aufforderung, Rüstungsarbeit zu verweigern, ignoriert die materielle Abhängigkeit von ihrer einzigen Existenzgrundlage, ihrem Arbeitsplatz.

Die Einbindung in die kapitalistische Macht- und Herrschaftsausübung, die mit der Lohnarbeit einhergeht, kann durch moralische Appelle nicht beseitigt werden.

Es besteht vielmehr die Gefahr, dass die abhängig Beschäftigten in Rüstungsbetrieben diese Appelle als Diffamierung empfinden. Dies kann dann leicht zu einer generellen Ablehnung der gewerkschaftlichen Positionen führe.

Aber unsere Gewerkschaftliche Position ist Arbeitsplätze im Rüstungsbereich durch Umstellen auf Zivilfertigung langfristig zu sichern.

Die Beschäftigten in der Rüstungsindustrie sind hochqualifiziert und durchaus in der Lage, in anderen Bereichen zu arbeiten, wenn es dafür Finanzmittel, einen Fonds für die Umstellung und die Qualifizierung der Beschäftigten zu Verfügung gestellt werden.

Die Sparten liegen auf der Hand:

  • Ökologie,
    • Vernichtung der Umwelt muss gestoppt, vorhandene Schäden repariert werden.
    • Erneuerbare Energie muss sowohl die Verbrennung fossiler Rohstoffe als auch die Atomenergie Ersetzen
    • Energie-effizientere Anlagen, Maschinen und Geräte in
    • Industrie, Öffentlichem Bereich
    • und privaten Haushalte müssen vorhandene ersetzen,
  • Technische Hilfen für unsere alternde Gesellschaft schreien geradezu nach Entwicklung und Produktion
  • zivile Sicherheitstechnologien sind vonnöten.
  • Sanfte Mobilität muss entwickelt und produziert werden
    • wollen wir unseren Planeten nicht umbringen.

Betriebsräte und Kolleginnen und Kollegen aus Rüstungsbetrieben bestätigen, dass sie jetzt schon in der Lage wären, zivile Produkte herzustellen.

Litef

Dafür fordern wir von der Bundesregierung einen Rüstungskonversionsfonds, dabei ein Antragsrecht der IG Metall und der Betriebsräte denn es sind unsere Steuergelder – und wir geben Frau Merkel den Auftrag.

Ein erster Schritt wäre, die Ausgaben des sog. Verteidigungsministeriums sofort einzufrieren und eben nicht um die geplanten zwei Mrd. Euro in 2017 auf 37 Mrd. Euro zu erhöhen.

Der zweite Schritt wäre es,

die geplanten zusätzlichen 130 Mrd. Euro für die nächsten Jahre nicht für Kriegsgerät auszugeben, sondern dem Konversionsfonds durchzuführen

Und gemeinsam mit den Beschäftigten, ihren Betriebsräten und der IG Metall darüber zu beraten, wie die ersten Schritte einer solchen Umstellung erfolgen sollen.

Der dritte Schritt sollte dann die 5 prozentige Kürzung der Verteidigungsausgaben sein.

Die IG Metall ist bereit Schritte in Richtung Umstellung und zivile Ausweitung der Produktpaletten der Betriebe zu gehen, also in Konversion und Diversifikation

Sie hat beschlossen, in Schwerpunktregionen der Rüstungsindustrie auch selber Mittel zur Verfügung zu stellen um die Aktivitäten zum Thema Rüstungskonversion mit Arbeitskreisen vor Ort zu unterstützen. Betriebsräte und Belegschaften der Rüstungsindustrie bei der Suche nach anknüpfungsfähigen Produkten für zivile Märkte zu unterstützen“

Das ist ein wichtiger Schritt, denn nur mit den Beschäftigten kann man das aufgreifen. Wenn man das ohne sie oder gar gegen sie macht, wird es scheitern.

ich weiß dass Kriege geführt werden um Geopolitische Interessen,

Die Kriege von heute sind Teil eines Verteilungskampfes um strategische Positionen zur Sicherung der Rohstoffressourcen, Märkten und billigen arbietskräften.

Aber der Wahnsinn der Militärausgaben muss beendet werden.

Die geplante jährlich Erhöhung des Militärhaushaltes der Bundesregierung beträgt 25 Mrd. Euro.

Dafür kann man entweder gut 1 Mio Sozialwohnungen bauen oder 1.800 Schützenpanzer oder 60 Eurofighter.

Wir brauchen die Sozialwohnungen und keine Panzer oder eurofighter –

Deswegen lasst uns gemeinsam mit beschäftigten. der IG Metall und dem Management nach zivilen alternativen schauen und Druck auf die Regierung entwickeln, damit die Fainanzmittel für den Konversionsfond locker gemacht werden.

 

Anne Rieger ist Co- Sprecherin Bundesausschuss Friedensratschlag und ehem. IG Metall Bevollmächtgte in Waiblingen, Baden-Württemberg.