Redebeitrag von Christine Buchholz (MdB Die Linke) für den Ostermarsch Fulda am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und –freunde,

 

Wir leben in kriegerischen Zeiten.

Spannungen zwischen den Großmächten, Kriege und Krisen nehmen zu.

Um nur die wichtigsten Punkte zu nennen:

  • Die NATO eskaliert den Konflikt mir Russland.
  • Die USA, Russland und China liefern sich einen neuen, nuklearen Rüstungswettlauf. Sie alle stecken Milliarden in die Modernisierung ihrer Bomberflotte hinein oder beschaffen sich neue Flugzeugträger. Allen vorweg übrigens die USA, deren Rüstungshaushalt allein rund zehnmal so groß wie der Russlands.
  • Und auch in Deutschland wird das Atomwaffenarsenal der US-Streitkräfte in Büchel modernisiert! Diese Waffen machen bringen keine Sicherheit, im Gegenteil, die machen Deutschland zu einem potenziellen Angriffsziel! Büchel muss geschlossen werden, und die US-Atomraketen müssen aus Deutschland verschwinden!
  • Mit Sorge sehen wir nach Ostasien. Die USA haben diese Woche einen Flugzeugträger mitsamt Zerstörern und Fregatten vor der koreanischen Küste aufgefahren und drohen offen mit militärischer Gewalt gegen Nordkorea. Dessen Machthaber lässt demonstrativ Trägerraketen für Atomwaffen testen.
  • Im Südostasiatischen Meer eskaliert der Konflikt zwischen China und den US-Verbündeten um den Anspruch auf die Gewässer.
  • In Syrien und Irak kämpfen mittlerweile die Streitkräfte fast aller Groß- und Regionalmächte.
  • In Süd-Sudan und im Jemen toben blutigen Bürgerkriege, dessen Ausmaß der humanitären Tragödie im Mittleren Osten in nichts nachsteht.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Eines verbindet die Konflikte:

Alle diese Konflikte werden durch militärische Interventionen von außen geschürt oder verschlimmert.

Ich sage: Amerikanische Kriegsschiffe haben nichts vor Korea oder im südostasiatischen Meer zu suchen! Russische Luftangriffe auf syrische Krankenhäuser sind ein Verbrechen - ebenso wie es ein Verbrechen ist, wenn Saudi-Arabien den Jemen bombardieren und eine Hungerblockade gegen das Land verhängt.

Letzteres unterstützt die Bundesregierung auch noch mit dem Export von bewaffneten Patrouillenbooten an das Regime in Riad! Damit muss sofort Schluss sein!

Die Herrschenden sprechen gern von Frieden - so vor ca. einer Woche beim G7 Gipfel in Italien und Voraussichtlich auch auf dem G20 Gipfel im Juli in Hamburg. Aber sie führen Krieg.

Wie kann das sein? Bertolt Brecht erklärte es so, Zitat:

“Die Oberen sagen: Frieden und Krieg sind aus verschiedenem Stoff. Aber ihr Friede und ihr Krieg sind wie Wind und Sturm. Der Krieg wächst aus ihrem Frieden, wie der Sohn aus der Mutter, er trägt ihre schrecklichen Züge. Ihr Krieg tötet, was ihr Frieden übriggelassen hat.”

Ich sage: Wer auf die Mächtigen der Welt hofft, um die Kriege zu beenden, der macht den Bock zum Gärtner.

Es ist eben kein Zufall, dass viele Millionen mit Waffenexporten nach Saudi-Arabien verdient werden, die den Jemen bombardieren. Aber das zur gleichen Zeit die UN berichten, dass viel zu wenig Geld eingeht, wenn es um die Bekämpfung der Hungersnot geht, eine der Folgen eben das Krieges.

Krieg ist keine Naturkatastrophe, Krieg hat System.

Wirtschaftliche Konkurrenz ist untrennbar mit politischer Rivalität verwoben. Wer Frieden will, muss dem Kapitalismus den Kampf ansagen.

Die Welt ist unberechenbar geworden. Die US-Wahl hat es nicht besser gemacht. Trump ist ein ein Rassist, ein Kriegstreiber. Er will Aufrüstung und den so genannten 'Anti-Terror-Krieg' ausweiten.

Die Bundesregierung sagt unisono, es sei „nachvollziehbar“, als die USA kürzlich Cruise Missiles auf Syrien abwarfen.

Ich sage: nein, das ist es nicht!

Richtig ist: Assad ist ein Diktator, der mit brutaler militärischer Gewalt gegen die Opposition und Zivilisten vorgeht. Ich sage aber auch: das US-Bombardement bringt den Opfern des brutalen Bürgerkriegs nichts, aber droht den Konflikt international zu eskalieren.

Es kann nicht angehen, dass die Bundesregierung mit zweierlei Maß misst. Wenn die russische Luftwaffe Schulen und Krankenhäuser in Aleppo bombardiert, dann wird das zu Recht kritisiert. Aber wenn amerikanische Luftstreitkräfte zivile Ziele treffen, dann wird das gerechtfertigt.

Schlimmer: mit Luftaufklärung und Luftbetankung unterstützt die Bundeswehr noch diesen Krieg.

Erst vor zwei Wochen ist öffentlich geworden, dass die US-geführte Koalition in Al-Mansura in der syrischen Provinz Rakka eine ehemalige Schule bombardiert haben soll, in der sich viele Familien aufgehalten haben. Es ist von mindestens 33 toten Zivilsten die Rede, wahrscheinlich noch viel mehr.

Laut Süddeutscher Zeitung hat die Bundeswehr die Luftbilder für den Angriff geliefert.

Wir fordern dafür internationale Aufklärung – genauso wie für den fürchterlichen Giftgasangriff in Idlib, bei dem über 80 Zivilisten umgekommen sind!

Dies sind keine Einzelfälle. Die Website Airwars.org hat allein für den Monat März 2017 Berichte von rund 90 Luftangriffen der US-geführten Koalition in der syrischen Provinz Rakka zusammengetragen, bei denen Zivilisten verletzt oder getötet worden sind. Die Luftangriffe auf das irakische Mossul haben noch mehr Opfer gefordert.

Wir fordern ein Ende der deutschen Beteiligung am Krieg im Mittleren Osten.

Frieden kann nur aus dem Innern der betroffenen Länder wachsen, er kann nicht von außen herbeigebombt werden. Wir wissen das seit Afghanistan.

Im internationalen Wettlauf um Einfluss, Rohstoffe und Märkte mischen alle Herrschenden der großen und mittleren Nationen mit. Folge ist ein eskalierender Rüstungswettlauf.

Die Bundesregierung hat mit einer Reihe von Entscheidungen den Rüstungswettlauf kräftig mit angeheizt.

So hat Ministerin von der Leyen im letzten Jahr die so genannte Agenda Rüstung vorgelegt. Die sieht rund 1.600 Einzelmaßnahmen für die Beschaffung oder Modernisierung von Waffen und anderen militärischen Gütern vor.

Kostenpunkt: mindestens 130 Milliarden Euro.

Es ist eine Lüge, wenn gesagt wird, das sei notwendig, die Bundeswehr sei kaputt gespart worden.

Fakt ist: Zwischen 1999 und 2014 ist der Militärhaushalt um rund ein Drittel gewachsen. Seit die Große Koalition die Macht ist, wurde dieser Prozess beschleunigt. Im letzten Jahr beschloss die Bundesregierung den größten Militärhaushalt seit dem 2. Weltkrieg.

Nun sagt Außenminister Gabriel, er kritisiere die 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Militär, wie es die Nato fordert. Das klingt ja erstmal gut.

Hört genau zu: Gabriel sagt, das sei „unrealistisch“. Nicht das er es ablehnt. Schließlich war ein sozialdemokratischer Außenminister - Steinmeier - , der das 2-Prozent-Ziel mitgetragen und unterschrieben hat.

Und so müssen wir leider feststellen, hat die SPD jedes einzelne Aufrüstungsprojekt mitgetragen hat,

sei es die Entwicklung der Eurokampfdrohnen,

sei es die Entwicklung des Mehrzweckkampschiffes 180,

sei es die Wiederaufrüstung mit Leopard 2-Panzern, mit Eurofightern, mit dem Militärtransporter A400M, sei es die Aufrüstung mit Militärsatelliten, und und und jedes einzelne dieser Projekte haben beide Parteien der großen Koalition mitgetragen.

Ich freue mich über jeden Sozialdemokraten und jede Sozialdemoktatin, die das nicht richtig findet, und hier gemeinsam protestiert. Aber an den Taten wollen wir die verantwortlichen Politiker in der Regierung messen. Und auch Herr Schulz muss hier Farbe bekennen!

Wir brauchen Abrüstung, nicht Ausrüstung.

Denn die deutsche Aufrüstung heizt die Rüstungsspirale mit an. Und es verschwendet Steuergelder.

Guckt euch die Krankenhäuser und Schulen an - gibt es da nicht reichlich Investitionsbedarf? Was an Rüstungsgüter verschleudert wird, das fehlt uns in der Infrastruktur, das fehlt bei Hungerhilfe und sinnvollen Entwicklungsprojekten.

Und wofür das Ganze? Für immer mehr Auslandseinsätze.

Vor fünfzehn Jahren schickte Rot-Grün die Bundeswehr nach Afghanistan – und sie ist noch immer da. Hat dies das Land entwickelt, oder Frieden gebracht, oder Demokratie gebracht?

In Mali nun wird der Bundeswehreinsatz von Jahr zu Jahr langsam ausgeweitet. doch anstatt das Land zu „stabilisieren“ – wie von Frau von der Leyen und Herr Gabriel monoton und wider bessere Kenntnis wiederholt wird – hat sich die Sicherheitslage im Land immer nur verschlechtert.

Es ist im Übrigen ein Hohn, dass das Land als stabil und friedlich genug erklärt wird, um Mali ein Rückführungsabkommen für Flüchtlingen aufzuzwingen. Aber gleichzeitig die militärische Präsenz ausgeweitet wird mit dem Argument, das Land sei immer noch nicht sicher genug!

Auch hier sehen wir die gleiche Verlogenheit: Geld für den Export und die Entsendung von Truppen und Waffen ist. Geld für die aufnahme von Flüchtlingen, die in Deutschland und der EU fehlt der Wille und ist angeblich kein Geld da.

Wir sagen: Holt die Bundeswehr aus den Auslandeinsätzen zurück!

Und nun hat Ministerin von der Leyen eine weitere Front entdeckt, das Internet.

Gerade letzte Woche wurde mit dem Cyberkommando eine ganze Teilstreitkraft gegründet, die gleichberechtigt neben Marine, Heer und Luftwaffe kämpfen soll.

Dabei wird nicht hinter dem Berg gehalten. Die Bundesregierung sagt von vornherein, dass es um die „Entwicklung offensiver Hochwertfähigkeiten“ geht.

Mit anderen Worten: Angriff heißt die Devise.

Das Internet wird als internationaler Operationsraum definiert. Die Grenze zwischen Äußerem und Innerem verschwimmen.

Das heißt nichts anderes, als dass die Bundeswehr nun militärisch in die Netze und Computer von Staaten, Unternehmen oder Einzelpersonen offensiv eindringen soll.

Ich sage: Für die Sicherheit des Netzes in Deutschland gibt es zivile Institutionen. Wenn es nur um die Sicherheit des Internets in Deutschland ginge, dann bräuchte man nicht Abermillionen in einen Cyberkrieg hineinstecken!

Und dann gibt es ja immer noch diejenigen, die uns die EU als friedliche Alternative zu Nationalismus und Trump verkaufen wollen.

Hier wird uns eine EU vorgespielt, die es nur in Sonntagsreden und auf dem Papier gibt, Fakt ist doch: Deutschland kann seine militaristischen Ziele gar nicht allein erreichen. Die Bundesregierung setzt deshalb bei allen Militäreinsätzen auf Bündnisse, ohne dabei auch nur eine Sekunde die eigenen Interessen aus dem Auge zu verlieren. Die EU spielt dabei eine Rolle, vor allem bei den Rüstungsvorhaben.

Ein Beispiel ist die Entwicklung einer europäischen Drohne. Auch hier geht es darum, im Bündnis mit anderen europäischen Mittelmächten eigene militärische Potenz aufzubauen

Wir wollen ein friedliches Europa. Das kann nur von unten aufgebaut werden. Die EU wie sie heute dasteht, ist ein Instrument des Militarismus.

Wir stehen hier in Solidarität mit Friedensbewegungen und Widerstand weltweit:

Mit der Anti –Trump-Bewegung in den USA, mit den Soldatenmüttern in Russland, mit den Demokratiebewegung im Mittleren Osten, und mit jenen, die sich in der Türkei gegen zunehmend autoritäre Politik und Repression wehren. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für das 'Nein' beim Referendum.

Schließlich möchte ich euch och auf die nächsten beiden Mobilisierungen hinweisen.

Zum einen wird es am 22. April in Köln einen großen Protest gegen die AfD geben. Das sollten wir unterstützen, denn Krieg und Nationalismus gehen überall Hand in Hand.

Und schließlich wird es Anfang Juli in Hamburg einen Gegengipfel und eine Gegendemonstration gegen den G20-Gipfel gebe, zu dem die größten Kriegstreiber anreisen. Lasst uns die Proteste gegen den G20-Gipfel auch zu einer Demonstration gegen die Kriege machen, die sie überall auf der Welt führen!

Wir fordern hier und heute:

Schließt endlich Büchel und zieht die US- Atomwaffen ab!

Wenn ihr gerade dabei seid. Schließt Ramstein! Es kann nicht angehen, dass über Deutschland der US-Drohnenkrieg geführt und weltweit Menschen per Knopfdruck hingerichtet werden!

Wir brauchen keine NATO. Sie macht die Welt unsicherer.

Stoppt die Aufrüstung: Wir brauchen keine Eurodrohne, keine Mehrzweckkampfschiff und andere Milliardengräber. Was wir brauchen ist Abrüstung!

Und wir fordern den Rückzug aus allen Auslandseinsätzen.

Dafür demonstrieren wir hier heute und auf den Ostermärschen in der ganzen Republik.

 

Christine Buchholz ist Abgeordnete des Deutschen Bundestages für die Partei die Linke.