Redebeitrag von Clemens Ronnefeldt (Versöhnungsbund) für den Ostermarsch Ellwangen am 15. April 2017 und Landshut am 17. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Friedensbewegte,

der Ostermarsch in diesem Jahr fällt in eine besondere Zeit:

Nach der neuerlichen Freisetzung von Giftgas in Syrien gibt es eine westliche und eine syrisch-russische Erklärung, die sich widersprechen.

Der US-amerikanische Politikwechsel in Syrien hin zu einem Angriff mit 59 Marschflugkörpern hat zum vermutlich höchsten Spannungsgrad der us-amerikanisch-russischen Beziehungen seit 1989 geführt.

Dass die Bundesregierung und auch andere europäische Staaten den völkerrechtswidrigen US-Raketenangriff ohne Klarheit bezüglich der Verantwortlichkeiten für den Austritt des Giftgases in Syrien und noch vor Abschluss eines internationalen Untersuchungsberichtes gerechtfertigt haben, ist für mich ein Skandal.

Zwischen Nordkorea und den USA wächst die Eskalationsgefahr, weil Nordkorea sich offenbar auf einen neuen Atomtest vorbereitet und die USA mit einem Flottenverband samt Flugzeugträger Stellung bezogen haben - bereit zum Angriff.

Die größte konventionelle 10-Tonnen-Bombe im US-Arsenal wurde am vergangenen Donnerstag über Afghanistan auf einen Tunnel-Komplex des sogenannten Islamischen Staates abgeworfen.

Am gleichen Tag wurde in den USA die auch für Büchel in der Eifel vorgesehene modernisierte Version der Atombombe B61-12 bei einem Abwurf ohne Sprengkopf getestet.

Während in westlichen Medien wochenlang die zu verurteilende massive Gewalt russischer und syrischer Bomben auf Aleppo gezeigt wurde, erfahren wir von der ebenso zu verurteilenden massiven Gewalt der US-geführten Koalition und deren Bomben auf Mossul relativ wenig.

Terroranschläge in Stockholm mit einem LKW und in Dortmund mit Sprengsätzen verbreiten Angst und Schrecken.

Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen eine Auflistung von Schlagzeilen, die es nicht auf die Titelseiten geschafft haben, z.B.:

  • In Sudan, Somalia und anderen afrikanischen Nachbarstaaten droht rund 20 Millionen Menschen der Hungertod.

  • Bombardierungen vor allem des westlichen Verbündeten Saudi-Arabien in Jemen stürzen mehr als die Hälfte der Bevölkerung Jemens ins Elend.

  • Nato-Partner Türkei bombardiert kurdische Zivilbevölkerung – 500.000 Menschen wurden in der Osttürkei bereits zu Flüchtlingen.

  • Im März 2017 sind in Syrien und Irak 3417 Zivilisten durch US-geführte Militäraktionen getötet worden - doppelt so viele wie im Februar 2017 (vgl. Südd. Zeitung, 15./16./17.4.2017, S. 9).

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

jenseits aller kurzlebiger Schlagzeilen der letzten Wochen möchte ich unseren Blick heute schärfen für das, was an grundlegenden Vorgängen der letzten Jahre hinter diesen aktuellen Ereignissen steckt - und wo es für uns hinzuschauen und anzupacken gilt.

Die westlichen Militärinterventionen seit 2001 in Afghanistan, Irak und Libyen haben mehr als eine Millionen Tote nach sich gezogen, dazu Millionen Verletzte an Leib und Seele, unzählige Flüchtlinge und weithin zerstörte Länder.

Der Plan der Regierung von US-Präsident George W. Bush, auch im Iran, das von ihm zusammen mit Irak und Nordkorea auf der "Achse des Bösen" verortet wurde, einen Regime-Wechsel durchzuführen, scheiterte.

Von rund 17 Billionen Dollar Staatsverschuldung in den USA entfallen rund die Hälfte auf die Kriegskosten seit 2001 in Afghanistan und Irak. Eine neue größere Militärintervention mit US-Bodentruppen z.B. in Syrien wäre für Präsident Obama allein aus Kostengründen nicht infrage gekommen.

In das entstandene Machtvakuum nach dem Abzug eines Großteils der US-Truppen im Mittleren Osten sind nun neue Akteure gestoßen, die um die Vorherrschaft in der Region kämpfen: Allen voran Saudi-Arabien und Iran mit ihren jeweiligen Verbündeten.

Ohne die Schwäche der US-Politik hätte Russland es vermutlich nicht gewagt, in Syrien seine Interessen in dieser massiven Form wahrzunehmen und sich - zuvor von US-Seite als "Regionalmacht" gedemütigt - zum ersten Mal seit 1989 wieder als "Weltmacht" einzumischen.

Bis neue Machtbalancen im Mittleren Osten sich ausgependelt haben, wird es vermutlich noch einige Zeit dauern. Den Preis zahlen derzeit die leidenden Menschen in Syrien, Irak und Jemen, aber auch mehrere Millionen Flüchtlinge im Libanon, in Jordanien, der Türkei und in Europa - so auch bei uns in Deutschland.

Dass es im Jahr 2016 in Deutschland mehr als 1000 Angriffe auf Asylheime gab und das ganze Land nach rechts rückte, ist Besorgnis erregend. Auf der anderen Seite haben sich noch nie so viele Menschen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Sprachkursen oder bei der Beschaffung von Wohnungen und Arbeitsplätzen engagiert.

Der Konflikt um Syrien begann im Frühjahr 2011 als lokaler Kampf der syrischen Bevölkerung um mehr Freiheit angesichts der massiven Unterdrückung durch die Regierung Assad.

Zum regionalen Kampf zwischen dem mehrheitlich schiitischen Iran und dem mehrheitlich sunnitischen Saudi-Arabien kam bald die internationale Dimension hinzu: Zwischen Europa und den USA auf der einen Seite sowie Russland und China auf der anderen Seite.

Wegen der geostrategischen Lage Syriens an der Pforte zu Europa und u.a. auch der Tatsache, dass nahezu alle möglichen Erdgas- oder Erdöl-Pipelines von der arabischen Halbinsel oder Iran nach Europa durch Syrien und die Türkei führen, erhielt der Krieg in Syrien auch noch weltpolitische Dimensionen.

Was bräuchte Syrien vordringlich?

1. Den Stopp aller Waffenlieferungen an die Kriegsakteure in Syrien durch ihre jeweiligen Verbündeten.

2. Die Ausweitung lokaler Waffenstillstände zu einem landesweiten Waffenstillstand.

3. Die Einrichtung von sicheren Korridoren am Boden durch UN-Blauhelme.

4. Der Zugang für Hilfsorganisationen zu den Hungernden und Verwundeten.

5. Die Stabilisierung der Nachbarländer durch Unterstützung der dort lebenden Flüchtlinge.

Unterstützen wir die Petition: „NEIN zum Bundeswehreinsatz in Syrien – JA zu zivilen Lösungen“.

Die Aufklärungs-Tornados der Bundeswehr haben unlängst Bilder geliefert, die bei der nachfolgenden Bombardierung zu zivilen Todesopfern führten.

Fordern wir die Bundestagsabgeordneten auf: Stimmen Sie beim nächsten Mal gegen die Verlängerung des deutschen Bundeswehreinsatzes in Syrien und für die Ausweitung humanitärer Hilfe.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Was mir neben Syrien große Sorge bereitet, ist der wieder entflammte Ost-West-Konflikt.

Trotz gegenteiliger Zusagen der beiden Außenminister James Baker und Hans-Dietrich Genscher 1990 an die russische Seite, dass die Nato keine Osterweiterung vornehmen wird, stehen heute Nato-Panzer im Baltikum an der Grenze zu Russland.

Was haben im Jahre 2017 deutsche Panzer an der Grenze zu Russland verloren - gerade einmal acht Jahrzehnte nach all dem Leid, das der deutsche Nationalsozialismus über Russland gebracht hat?

Mit der Aufnahme von Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien als Vollmitglieder in die Nato ist es einigen US-Strategen gelungen, einen Keil insbesondere zwischen das rohstoffreiche Russland und das wirtschaftlich starke Deutschland zu treiben, wobei die Ukraine in den letzten Jahren als zusätzlicher Spaltpilz diente.

Gegenseitige Spannungen oder gar Sanktionen und daraus resultierende Wirtschaftseinbußen sind weder im Interesse Moskaus noch Berlins.

Im Interesse Washingtons sind sie sehr wohl, weil sie die eurasische Konkurrenz schwächen, den wirtschaftlichen Niedergang der USA abfedern und zusätzlich der US-Rüstungsindustrie neue Aufträge verschaffen.

Nach den verlorenen Kriegen in Afghanistan und Irak "leidet" die US-Rüstungsindustrie an einer Auftragsnachfrage, weil seit dem Abzug eines Großteils des US-Militärs aus diesen beiden Ländern weniger Waffen und Militärgeräte verbraucht werden.

Deutschland gibt derzeit 1,2% seiner Wirtschaftsleistung (BIP) für Rüstung aus, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen möchte der US-Forderung nach einer Erhöhung auf 2% bis zum Jahre 2024 nachkommen. 2017 lag der Rüstungshaushalt bei rund 37 Milliarden Euro, 2024 würde er bei 70,6 Milliarden Euro liegen.

Zum Vergleich: Der Rüstungsetat Russlands lag 2015 umgerechnet bei ca. 66 Milliarden US-Dollar, die US-Rüstungsausgaben bei ca. 596 Milliarden US-Dollar - und sollen nach den Plänen von US-Präsident Trump um weitere 54 Milliarden US-Dollar erhöht werden.

Welchen Grund gäbe es vor dem Hintergrund dieses eklatanten Ost-West-Gefälles für Deutschland, noch weiter aufzurüsten und damit einen neuen Rüstungswettlauf anzutreiben?

Wäre es nicht gerade das Gebot der Stunde, aus der aktuellen Ost-West-Konfrontationsspirale auszusteigen und zur Kooperation durch Dialog, Abrüstung und vertrauensbildende Maßnahmen zurück zu finden?

"Kommt endlich zur Vernunft - Nie wieder Krieg!" lautet der programmatische Buchtitel von Michail Gorbatschow.

Rund 150 Familien - von mehr als 320 Millionen Menschen in den USA - haben rund 5 Milliarden Dollar für die Wahlkämpfe von Hillary Clinton und Donald Trump bereit gestellt.

Herausgekommen ist eine Regierung aus Milliardären und Millionären, die zuvor größtenteils in der Wirtschaft tätig waren - und nun offenabr die Interessen ihrer ehemaligen Konzerne über alle Grenzen des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und der Vernunft hinaus bedienen.

Im Jahre 2016 hatten nach Recherchen der Organisation "Oxfam" acht Einzelpersonen auf dieser einen gemeinsamen Welt soviel Reichtum angehäuft wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit - rund 3,6 Milliarden Menschen.

"Diese Wirtschaft tötet" - dieser Satz von Papst Franziskus trifft m.E. den Kern vieler aktueller Probleme.

Zu Ostern, dem Fest des Lebens über den Tod, passt auch die Formulierung des Papstes, der Rüstungsunternehmen als "Händler des Todes" bezeichnet hat und dieser Branche vorwarf, sie verewige den Krieg, um Gewinn zu machen (1).

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Was machen wir mit all dem Wissen um die drohenden Gefahren?

Keine der großen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht - u.a. Klimawandel, Wasser- und Lebensmittelknappheit, Ressourcenmangel, die Kluft zwischen Arm-Reich, Flüchtlinge - lässt sich militärisch lösen. Im Gegenteil: Militär zählt zu den größten Verbrauchern von fossilen Rohstoffen und verschärfte Krisen, wo immer in den letzten Jahren interveniert wurde.

Notwendig wäre der Ausbau von zivilen Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten, die Stärkung der OSZE und der Vereinten Nationen.

Die Milliardenbeträge, die nun zusätzlich für Kriegsgerät ausgegeben werden sollen, erfreuen die Rüstungsindustrie und deren Lobbyisten, fehlen aber dringend sowohl bei den Sozialausgaben in Deutschland wie auch bei der Mitfinanzierung eines Planes, mit dessen Unterstützung Menschen auf der südlichen Erdhalbkugel zukünftig ihre lebensnotwendigen Grundbedürfnisse sichern könnten.

Vielen Menschen ist bewusst, dass das 2-Grad-Erderwärmungsziel bis zum Jahre 2050 nur eingehalten werden kann, wenn 80 Prozent aller weltweit bekannten Vorräte an Öl, Gas und Kohle in der Erde verbleiben.

Lassen wir nicht zu, dass die großen Energiekonzerne die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien durch Druck auf die Bundesregierung weiter ausbremsen!

Konzepte wie Postwachstums- und Gemeinwohlökonomien, Bioregionalismus und das "Lassen" jener Handlungen, welche die Lebenschancen anderer Menschen und zukünftiger Generationen mindern, sind überzeugend - aber noch wenig umgesetzt.

Einfach leben, damit andere einfach überleben, Teilen statt Töten, den mit Überfluss gefüllten Tisch länger statt Zäune höher machen - diese Botschaften bei immer enger werdenden Spielräumen umzusetzen, wird eine politische und geistige Herausforderung werden.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Welche Friedens-Hoffnungszeichen gibt es derzeit, die uns Mut machen können?

  • Nach Protesten von Friedensbewegten in Köln sagte die Messeleitung Köln die Militär- und Waffentechnik-Messe Itec für das Jahr 2018 ab. Auf der letzten Itec-Messe im Jahre 2014 hatten noch 110 Rüstungsunternehmen ihre todbringenden Produkte ausgestellt (2).

  • Durch massive Proteste aus der Zivilbevölkerung - u.a. von der Kampagne "Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel" - sind bis heute keine neuen Panzer an Saudi-Arabien ausgeliefert worden.

  • Die Europäische Investitionsbank (EIB) erteilte Ende letzten Jahres den Vorschlägen der EU-Kommission zur Finanzierung von EU-Rüstungsprojekten eine Absage. Begründung: Sie müsse sich refinanzieren bei Anlegern, die ganz klar die Finanzierung von Rüstung aus ethischen Gründen ausgeschlossen haben (3).

  • Private und institutionelle Anleger, die sich der globalen Divestment-Bewegung angeschlos-sen haben und aus Investitionen mit Verbindungen zu fossilen Energien aussteigen, verfügen mittlerweile über ein Gesamtvermögen von mehr als 5 Billionen US-Dollar (4).

  • Zweidrittel aller Staaten der Erde haben am 27. März 2017 bei der UN-Vollversammlung die Abschaffung sämtlicher Atomwaffen gefordert - leider ohne Anwesenheit eines Vertreters der Bundesregierung.

 

Liebe Friedensbewegte,

wie könnte unser Friedenshandeln konkret aussehen?

  • Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will in der Türkei eine Panzerfabrik bauen – zur Bewaffnung von Präsident Erdogans Armee. Diese setzt besonders im Osten des Landes Panzer ein, wodurch die kurdische Zivilbevölkerung vertrieben wird. Der Bundestag kann den Panzer-Deal noch stoppen. Die Organisation "Campact" hat zu einer entsprechenden Unterschriften-Kampagne aufgerufen.

  • In der Nähe von Magdeburg engagieren sich Friedensbewegte in der ersten August-Woche, um mit der Kampagne "Krieg beginnt hier" darauf hinzuweisen, dass auf dem nahe gelegenen Gefechts-Übungszentrum Altmark von deutschem Boden aus Kriege eingeübt und vorbereitet werden.

  • In Büchel protestieren 45 verschiedene Gruppen vom 26. März bis 9. August 2017 gegen die Modernisierung und für den Abzug der letzten Atomwaffen auf deutschem Boden.

  • Rund um die Rüstungsregion Bodensee haben Gruppen am 4. März 2017 einen Internationalen Bodensee-Friedensweg gestartet, der am 17. April mit einem Friedenslauf um den Bodensee endet. Statt Rüstungsarbeitsplätze braucht die Region einen umfassenden Konversionplan und einen Rüstungskonversions-Fonds wie in Thüringen, um auf zivile Produktion umzustellen.

 

Liebe Friedensbewegte,

am morgigen Sonntag entscheidet sich in der Türkei, welche Richtung das Land einschlägt: Wird es zur Einführung des Präsidialsystems kommen - oder nicht?

Was wird aus den beiden im Bau befindlichen Atomkraftwerken? Verfolgt die Türkei ausschließlich zivile Atomambitionen - oder gibt es auch ein bisher nicht öffentlich gemachtes Atomwaffenprogramm?

Am 23. April und am 7. Mai 2017 sind Präsidentschaftswahlen in Frankreich - bei denen Marine Le Pen Chancen eingeräumt werden. Sollte sie gewinnen und Frankreich aus der EU führen, würde dieser Schlag die Europäische Union vermutlich noch härter treffen als der Brexit, weil Frankreich gemeinsam mit Deutschland als "Motor" der EU gilt.

Im Juni 2017 jährt sich der 50. Jahrestag der Besatzung des palästinensischen Westjordanlandes und der syrischen Golanhöhen. Menschen im Gazastreifen leiden noch immer unter den letzten israelischen Kriegseinsätzen und werden wegen der Verschlechterung des Trinkwassers dort bald nicht mehr überleben können.

Der ungelöste Nahost-Konflikt steht derzeit im Schatten des Syrien-Krieges. Eine Lösung zwischen Israel und Palästina würde weit in die gesamte Region hinein positiv hineinstrahlen,

ist aber beim geplanten Gipfeltreffen im Sommer 2017 auf Einladung von Präsident Donald Trump nicht zu erwarten.

Am 7. und 8. Juli 2017 findet in Hamburg der G 20-Gipfel statt, zu dem US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin erwartet werden.

Schon jetzt bereiten sich Friedens- und Solidaritätsgruppen aus ganz Europa auf dieses Ereignis vor, auf dem vermutlich Entscheidungen mit globalen Auswirkungen getroffen werden.

Im September 2017 stehen Bundestagswahlen an. Wird unser Land weiter von einer die politische Kultur lähmenden großen Koalition regiert werden - oder wird es einen Wechsel hin zu einer sozialeren Politik geben, die eine Vermögenssteuer einführt, die Agenda 2010 - und auch Auslandseinsätze der Bundeswehr beendet?

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

es braucht den Einsatz vieler Menschen, die sich aktiv für Demokratie, gegen Ungerechtigkeit, weiteren Sozialabbau und für den Erhalt des Friedens einsetzen.

Die Delegitimierung jeder Form von Gewalt, ganz besonders des Krieges, die Verbreitung der Grundsätze gewaltfreien Handels und die Schaffung einer Kultur des Friedens durch konsequente Friedenserziehung stehen als Aufgaben vor uns.

Besonders junge Männer sind gefährdet, dem Mythos, dass Gewalt retten und vom jeweiligen Bösen erlösen könnte, zu erliegen - weil sie ihm ständig und auf allen Kanälen ausgesetzt sind.

Junge Menschen brauchen - gerade auch in Syrien, Irak oder Afghanistan - berufliche und private Perspektiven, wo sie ihre Kraft konstruktiv im Dienst am Leben einsetzen können - statt in Kriege zu ziehen.

Statt einer Personalisierung der Politik und dem Irrglauben, Personen wie die Präsidenten Trump, Putin, Erdogan oder Assad seien allein verantwortlich für Fragen von Krieg und Frieden, scheint mir immer wichtiger, die hinter den Gewalt-Entscheidungen stehenden wirtschaftlichen Strukturen und Rüstungslobby-Tätigkeiten zu delegitimieren, um künftige Kriege zu vermeiden.

Für die große Politik im Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat oder Terroristen wie auch für das Engagement der Friedensbewegung gilt die Warnung des Philosophen Friedrich Nietzsche:

"'Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird".

Carl Gustav Jung schrieb: "Man wird immer zu dem, was man am stärksten bekämpft".

Und Martin Luther King sagte: "Die größte Schwäche der Gewalt ist, dass sie in eine Abwärtsspirale führt, die genau das, was sie zerstören will, erzeugt" (5).

Initiativen zu mehr Gerechtigkeit und Frieden sind noch selten von denen ausgegangen, die von ungerechten Privilegien profitiert habe.

Daher sehe ich es als Aufgabe der Zivilgesellschaft - und damit von uns allen- an, von unten her Unrechtsstrukturen die bisherige Unterstützung zu entziehen und z.B. fossilen Stromanbieter und Rüstung finanzierenden Banken zu kündigen.

Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine jetzt schon gelebte "Kultur des Friedens" mit Mehrgenerationen-Häusern, Repair-Cafes und Treffpunkten zum Feiern mit Menschen,

die vor Gewalt und Krieg zu uns geflohen sind.

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! - der alte Slogan aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg ist wieder höchst aktuell geworden.

Die Zeit drängt zu besonnenem Friedens-Handeln. Wer den gegenwärtigen Entwicklungen passiv zuschaut, bleibt m.E. ein Teil des Problems.

Daher: Lasst uns gemeinsam für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung dieses Planeten eintreten, wo jede einzelne Person an ihrem Platz Einfluss und Gewicht hat.

Danke für ihr und euer Interesse an meiner Rede!

 

Clemens Ronnefeldt ist Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes.

 

Anmerkungen: