Redebeitrag von Heshmat Tavakoli (Linkswärts) für den Ostermarsch Mainz-Wiesbaden am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

G20: Gipfeltreffen der Kriegführenden

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Trump, Erdoğan, Modi, Putin und deren Freunde sind Gast der Bundesregierung. Wir sagen nein, ihr seid nicht willkommen.

Der „G20-Gipfel“ ist kein Treffen, das einen Großteil der Menschheit repräsentieren würde, sondern ein informelles Treffen bürgerlicher Regierungen, autoritärer Regimes, Folterstaaten und Krieg führender Militärblöcke, welche die globale Ausbeutung vorantreiben.

Gastgeber Deutschland ist neben China einer der großen Gewinner der Globalisierung der letzten 25 Jahre. Der G20-Gipfel im Juli 2017 müsste also heißen: “Zu Gast bei Siegern”.

Hamburg und sein Hafen als vermeintliches „Tor zur Welt“ lassen die Blutspuren der internationalen Ausbeutung von ihren Mauern abtropfen.

Dieser Gipfel dient der Aufrechterhaltung einer Weltordnung, die für kriegerische Konflikte, weit verbreitete Armut und über 60 Millionen Menschen auf der Flucht verantwortlich ist, und auch dafür, dass immer mehr Menschen auf ihrer Flucht sterben.

Die Durchsetzung neoliberaler Strategien ist und war in den letzten 25 Jahren von Kriegen geprägt: Die Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawiens, die Destabilisierung der ehemaligen Sowjetunion und verschiedene Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent haben ihre Ursache in der Eroberung und aggressiven Sicherung von Absatzmärkten bzw. der Ausbeutung von Ressourcen. Die Spanne dieser militarisierten Politik reicht von Konflikten über Bürgerkriege bis hin zu offenen militärischen Interventionen.

Allen gemein ist im Ergebnis die Zerstörung alter Systeme von Gesellschaften und Ökonomien, die dem neoliberalen Allmachtsanspruch entgegenstehen. Für die betroffenen Menschen bleibt als Folge dieser Politik häufig nur die Flucht.

Die massenhafte Verarmung und soziale Vereinzelung und Unterdrückung schlagen wie im Arabischen Frühling in regionale Aufstände oder religiös verbrämte Repression der islamistischen Bewegungen um. Die lokal herrschenden Cliquen lassen im Gegenzug nicht nach, verschärfen die Ausbeutung und den polizeistaatlichen Zugriff. Wenn auch das zu keiner Befriedung führt, mündet die Repression in lang anhaltende Bürgerkriege. „Regime Change“ is over – das alte Konzept der G7/G8 ist gescheitert. Der Westen versucht nicht mehr, wie bei den Kriegen in Afghanistan, Irak oder Libyen, Aufstände mit westlichen Militärinterventionen zu ersticken oder unbotmäßige Regime zu beseitigen, um dadurch eine neue Ordnung zu etablieren. Die Konflikte werden regionalen Stellvertretern überlassen – wie der Bürgerkrieg im Jemen einer saudi-arabischen Intervention – und ansonsten, wie in Irak und Syrien mit überwiegend informellen Interventionen eingehegt.

Wir stellen uns gegen die Internationale der Rechtspopulisten: von der xenophoben Abschottungspolitik des ungarischen Orbán-Regimes, dem rassistisch motivierten Brexit, dem rassistischen Weltbild der AfD in Deutschland oder des Front National in Frankreich, dem islamistischen Nationalismus des türkischen AKP-Regimes bis zum Wahlsieg des Chauvinisten Donald Trump.

Der kommende Gipfel in Hamburg steht in seiner ganzen Form symbolisch und praktisch für vieles, was wir fundamental ablehnen. Die Charaktermasken sind austauschbar, aber sie sind real.

Mit den Aktionen in Hamburg wollen wir unmissverständlich klarmachen, dass wir ihre Politik von Krieg, Terror und Ausbeutung bekämpfen! Wir suchen den symbolischen und praktischen Bruch mit der herrschenden Ordnung – gemeinsam mit vielen Aktivist*innen aus ganz Europa.

Schon jetzt ist klar, dass sie zur Verteidigung ihres Spektakels tausendfach Militär, Polizei und Geheimdienste einsetzen werden.

Mit der Arroganz der Macht soll das alles in den belebten Innenstadtquartieren von Hamburg stattfinden

Dies ist eine Einladung an unsere Genoss*innen, Gefährt*innen und Freund*innen von nah und fern:

Kommt Anfang Juli 2017 zu den Protesten gegen den G20-Gipfel nach Hamburg!

Wir bleiben vielfältig, solidarisch und unberechenbar. Unsere sozialen Zentren, gerade am Austragungsort des Gipfels, werden Anlaufpunkte für unseren Austausch und die Formierung des Widerstandes sein.

Im Gegensatz zur bürgerlichen Opposition werden wir den Herrschenden keine Alternativen vorschlagen, um das kapitalistische System am Leben zu erhalten.

Wir sind solidarisch mit allen emanzipatorischen Kräften, die gegen den Gipfel in Hamburg auf die Straße gehen. Und wir werden selbst bestimmen, welche Aktionsformen für uns politisch angemessen und vermittelbar sind.

 

Heshmat Tavakoli ist aktiv bei Linkswärts e.V. und lebt in Mainz.