Redebeitrag von Ute Hinkeldein für den Ostermarsch Thüringen in Jena am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn ca. 11 Uhr –

 

Liebe Friedensfreunde,
liebe Jenaer,

Die Welt war nicht in Ordnung, als vor fast 60 Jahren ein Protestmarsch von London nach Aldermaston zog. Der Ostermarsch war geboren. Warum Ostern? Wir feiern das größte Fest der Christenheit, das Fest der Auferstehung und Erneuerung. In Goethes Osterspaziergang heißt es ganz frei nacherzählt: „Denn wir sind selber auferstanden, aus der Lebensenge und aus der Kirche ehrwürdiger Nacht haben wir alles ans Licht gebracht.“

Haben wir das wirklich?

Der diesjährige Ostermarsch trägt das Motto: „Friedenspolitik beginnt vor der eigenen Haustür.“ Das bezieht sich auf die Militärstandorte und die Rüstungs-unternehmen in Thüringen. Aber wir müssen auch den Blick auf die größte Gefahr für das menschliche Leben richten, die Atomwaffen. Jedes Jahr rufen wir in Thüringen zu einem Gedenken an den Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki auf. Das ist verbunden mit einer Aktion gegen den Atomwaffen-Stützpunkt Büchel. Der Ort liegt in der Vulkaneiffel, wenige Kilometer von Cochem an der Mosel, einem Ferienort. Dort üben im Rahmen der „Nuklearen Teilhabe“ deutsche Soldaten die Atombomben ins Zielgebiet zu transportieren und abzuwerfen. Diese Atombomben will die US-Regierung ab 2020 durch neue, zielgenauere Atombomben ersetzen. Außerdem soll deren Sprengkraft variabel einstellbar sein. Das ist gefährliche Aufrüstung.

Vergegenwärtigen wir uns, dass ein Atomkrieg unvorstellbare Folgen für die gesamte Bevölkerung auf der Erde hätte. Deshalb unterstützt die Thüringer Friedensbewegung die Friedensaktionen in Büchel durch Unterschriftensammlungen zu „Abrüstung jetzt“ durch Solidaritätsaktionen in mehreren Orten Thüringens und die Teilnahme vor Ort. Die Aktionspräsenz vor dem Standort Büchel beträgt 2017 wieder 20 Wochen. Die internationale Organisation „Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges“ hat auch Vertreter bei uns in Thüringen, die allein und in Initiativen aktiv werden. Zu ihnen gehört die Gruppe „Welt ohne Waffen“, in Weimar. Sie plant in der Weimarer Bahnhofsvorhalle im Mai eine Ausstellung über das Leben und Wirken der Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner zu eröffnen. In diesem Zusammenhang wird die von Professor Olaf Weber angeregte Broschüre „Abrüstung jetzt“ vorgestellt. Wir sagen:

Büchel ist überall - atomwaffenfrei jetzt!

Wir haben in Thüringen in diesem Jahr fünf Ostermärsche. In den Vorbereitungstreffen gab es viele Ideen. So wird vor dem Bundeswehr-Logistikzentrum in der Erfurter Zeppelinstraße vom CVJM ein großes Schachspiel mit einem Transparent „Wir bieten dem Militär Schach“ aufgestellt.

Wer weiß schon, was dieses Logistikzentrum für Aufgaben hat? Um es ganz kurz zu sagen: Es stellt Waffen und Mittel für Einsätze und Übungen der Bundeswehr zur Verfügung. So wird die Bundeswehr in Syrien von Erfurt aus logistisch versorgt.

Wir schließen uns deshalb dem Protest des Bundesausschuss Friedensratschlag an und verurteilen den Marschflugkörper-Angriff der USA auf den syrischen Flugplatz al-Schairat. Er stellt einen Bruch des Völkerrechts dar und erhöht die Spannungen in Syrien und zwischen den USA und Russland. Die Begründung des US-Präsidenten Donald Trump ist nur eine Behauptung.

Schon einmal gab es eine falsche Vorverurteilung von Seiten der USA. Später kam heraus, dass am 21.08.2013 die Türkei Sarin für den verheerenden Giftgasangriff auf das Syrische Ghuta eingesetzt hatte. Auch bei diesem neuen entsetzlichen Anschlag in Chan Scheichun ist die US-Regierung, unterstützt von der Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit schnellen Schuldzuweisungen an die syrische Regierung zur Stelle. Und dies, ohne dass irgendein Untersuchungsergebnis, z.B. zur Zusammensetzung des Kampfmittels und seiner Herkunft beweiskräftig vorliegt.

Ein weiterer Einsatzraum ist das Baltikum. Hier stehen insgesamt 3.000 NATO-Soldaten, davon 1.290 deutsche Soldaten, an der Grenze zu Russland. Das schafft angespannte Situationen. Aber Russland ist nicht unser Feind. Deshalb protestieren wir vor den Toren des Logistikzentrums in Erfurt und fordern:

„Macht endlich Frieden.“

Das wird deutlich durch das Transparent mit dem Spruch von Wolfgang Borchert:

„Krieg, dann gibt es nur eins, Sag NEIN!“

Panzer und Drohnen aus Styropor stehen auf dem Truppen-übungsplatz Ohrdruf als Mahnung gegen die Aufrüstung.Da die Aktion zeitgleich mit dem Jenaer Ostermarsch ist, rufe ich:

Jena grüßt Ohrdruf!“

Vom Standortübungsplatz Ohrdruf, in den acht Millionen Euro investiert werden sollen, werden logistische Maßnahmen der Bundeswehr unterstützt. Von hier aus nehmen Truppen an Auslandseinsätzen in Afghanistan und Mali teil.

Nicht zu unterschätzen sind die Gesellschaftsoffensiven der Bundeswehrt. Zum „Tag der Bundeswehr 2016 auf dem Erfurter Domplatz durften Kindergarten- und Schulkinder Panzer und Kriegsgerät erkunden. Jugendoffiziere üben mit Schulkindern lustige Militärspiele und werben für den besten aller Berufsausbilder für die Bundeswehr. Wir sagen:

„Schulfrei für die Bundeswehr!“

und weg mit den riesigen Werbeplakaten der Bundeswehr an Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden und Straßenbahnen.

Das Militär bindet Gelder, die wir dringender im Kultur- und Sozialbereich bräuchten. In den vergangenen fünf Jahren stiegen die Kosten für Militärausgaben weltweit auf 48 Milliarden Euro. Die USA und die NATO haben in den letzten 10 Jahren die meisten Kriege vom Zaun gebrochen. Dadurch entstanden Flüchtlingsströme und viel Elend. Vor allem Frauen und Kinder waren davon besonders schwer betroffen. Es ist notwendig, dass wir uns alle für ein friedliches Leben einsetzen. Es müssen die Gründe für die Flucht und nicht die Flüchtlinge bekämpft werden.

Ich erwähnte bereits die neuen Standorte von NATO und Bundeswehr im Baltikum. Auch im Nachbarland Polen werden 1.000 NATO-Soldaten, davon 430 deutsche stationiert. Thüringer Unternehmen sind an deren Aufrüstung beteiligt. So rüstet Jenoptik die Leopard-2-Panzer für das Polnische Militär nach. Es geht um 10 elektrische Waffennachführanlagen, die die Hydraulischen Systeme ersetzen. Aber dadurch erhöht sich die Kriegsgefahr in Osteuropa. Wir haben schon Krisen und Kriegsherde an mehreren Stellen in der Welt. Das muss sich ändern.

Jena ist zum Glück auch der Ort der interessanten Initiative „Rüstungskonversionsfonds.“ Er führt uns einen Schritt näher an die Hoffnung des Osterspazierganges, damit wir sagen dürfen:

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich`s sein!“

Danke fürs Zuhören.

 

Ute Hinkeldein ist aktiv bei der Thüringer Friedenskoordination und lebt in Erfurt.