Redebeitrag für den Ostermarsch in Traunstein am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

 

Vor zwanzig Jahren hab ich bei einer Kundgebung in Köln geredet. Damals wollte man den Angriff auf den Irak verhindern, zumindest die Beteiligung der Bundesre­publik. Aber der Angriffskrieg war nicht mehr zu verhindern/ war ja von den USA schon lange geplant. / Die Folgen: eine Million zivile Kriegsopfer und eine halbe Million durch Kriegsfolgen, außerdem ein zerstörtes, verseuchtes Land.

Es geht nicht darum, damit den Angriff Russlands auf die Ukraine zu verharmlosen oder zu rechtfertigen. Aber man muss die Maßstäbe zurechtrücken. Wer den Angriff auf die Ukraine als einmaligen Völkerrechtsbruch anprangert / der reduziert die Verhandlungsbereitschaft. / Die Regeln waren schon lange außer Kraft gesetzt.

Kurz: Der Krieg gegen die Ukraine war nicht der erste völkerrechtswidrige Angriffs­krieg seit 1990. / Was ihn nicht rechtfertigt.

Und anders als quasi amtlich verkündet, behaupte ich: Das war kein unprovozierter Angriffskrieg. / Mehrere Schritte der USA und der NATO ließen ab 1999 bei der politischen Klasse und beim Militär der Russischen Föderation die Alarmglocken schrillen:
Da war die schrittweise Osterweiterung der NATO (1999, 2004, 2009), ergänzt um das Angebot der NATO-Mitgliedschaft an Georgien und die Ukraine in 2008. Mehrere US-Verantwortliche hatten das als rote Linie für Moskau bezeichnet! (Das Abkommen über „Strategische Partnerschaft“ zwischen den USA bzw. der NATO u. der Ukraine in 2021, also kurz vor dem Krieg, war praktisch gleichbedeutend.)
Da war die Kündigung von Abrüstungsverträgen seitens der USA (2002 des ABM-Vertrags, 2018 des INF-Vertrags, dazu die Nichtratifizierung des KSE-Vertrags, 2020 des Open Sky Abkommens).
Da waren die  Großmanöver der NATO im Baltikum und in der W-Ukraine.
Nicht zu vergessen: der Wirtschaftskrieg der westlichen Allianz gegen die Russi­sche Föderation seit 2014! / Inzwischen sind es mehrere tausend Sanktionsmaßnahmen.
Dazu kamen die Entwicklungen innerhalb der Ukraine seit 2014: der Putsch gegen den gewählten Präsidenten (Seine Abwahl hat damals nicht die von der Verfassung vor­geschriebene Mehrheit gefunden.) / der gewachsene Einfluss von Rechtsextremen (Er wurde von der Stiftung Wissenschaft u. Politik des Bundestags bestätigt.) / der jahre­lange Krieg gegen die sog. Separatisten-Gebiete (übrigens gegen die eigene Bevölkerung), die Nichteinlösung der Vereinbarungen von Minsk.

In der Ukraine wird nicht die Demokratie verteidigt. / Und nicht einmal der kleine Maxl glaubt, dass der Russe Europa überrollen wird. / Die massive Militärhilfe mit Waffen, Luftüberwachung und Personal dient nicht der Verteidigung der Demokra­tie. Es geht um die Vormachtstellung der USA, um Rohstofflager, fruchtbare Böden und Absatzmärkte. Man sagt ganz offen: Es geht darum, Russland zu schwächen, ja zu „ruinieren“. / Das erste Opfer ist die Bevölkerung der Ukraine.

Deshalb hat man bisherige Verhandlungschancen nicht genutzt, ja Verhandlungen torpediert / so nachweislich im März letzten Jahres.

Aber es braucht Verhandlungen/ dringend / zuerst einmal einen Waffenstillstand. Die Zerstörung der Ukraine muss ein Ende haben. Die Beeinträchtigung des Welt­handels auf Kosten der ärmeren Länder muss ein Ende haben. Es kann keinen Siegfrieden geben.

Die Frage ist natürlich: Wer sind die Verhandlungspartner in einem solchen Stell­vertreterkrieg? Wer hat die Entscheidungsgewalt?

An unsere Regierung jedenfalls appellieren wir: Macht Schluss mit den Waffenliefe­rungen! Stoppt die Eskalationsspirale!

Schluss auch mit der Diskriminierung derer, die das mit uns fordern! Immerhin 800.000 Bürger und Bürgerinnen haben das Manifest für Frieden unterzeichnet. Und jetzt fordern auch Prominente aus dem sozialdemokratischen Lager eine Friedensinitiative. (Wo hat es das schon gegeben, dass die beschimpft werden, die für Frieden eintreten?)