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Erstellt:
März 1998


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FriedensForum 2/1998


Deutsche Friedensverbände rufen auf:

Kosova darf kein zweites Bosnien werden

Helsinki Citizens Assembly

Gegen die Entrechtung und Unterdrückung durch Politik und Polizei der serbischen Republik haben sich die Kosova-Albaner in bewundernswerter Weise bisher gewaltfrei gewehrt. Ihre Vertreibung aus den Schulen und Universitäten des Landes haben sie mit selbstorganisiertem Unterricht unter schwierigsten Bedingungen beantwortet. Auch im Gesundheitswesen und in der Volkswirtschaft bemühten sie sich um alternative, selbstbestimmte Strukturen. Sie haben eine eigene politische Vertretung aufgebaut, die großes Vertrauen im Lande genießt, auch wenn sie von Serbien nicht anerkannt wird. Mit ihrer gewaltfreien, sozialen Verteidigung haben sie bis jetzt einen neuen Kriegsherd auf dem Balkan verhindert, in dessen Strudel auch Albanien und Mazedonien gerissen werden könnten. Sie haben ein Anrecht auf unsere Unterstützung.

Vorbeugen ist das Gebot der Stunde, und keiner kann sagen, dies nicht gewußt zu haben

Belgrad hat 1989 den Autonomie-Status von Kosova, das die Serben Kosovo nennen, aufgehoben und bisher alle Schritte zur Wiederherstellung eines gleichberechtigten Status der Kosova-Albaner innerhalb der serbischen Republik abgelehnt. Seine Politik erscheint repressiv und wird offenbar durch nationalistische Herrschaftsinteressen bestimmt. Diese unnachgiebige und ungerechte Haltung drängt den Konflikt in Richtung Gewalt. Jetzt werden Stimmen lauter, die einen Befreiungskampf mit Waffen für unvermeidbar halten. Attentate, militant durch Kosova-Albaner oder durch Serben provokativ, werden bereits verübt. Steht ein neuer Krieg wie in Bosnien oder in der Türkei mit Vertreibungen und Tausenden von Flüchtlingen bevor? In dieser Situation sind vorbeugende, den Konflikt deeskalierende Schritte dringend notwendig.

 zum AnfangFrieden und Zusammenarbeit liegen auch im Interesse der serbischen Bevölkerung

Unsere Aufforderung, den weitgehend gewaltfreien Konfliktaustrag der Kosova-Albaner zu stützen, richtet sich nicht gegen das serbische Volk. Im Gegenteil: Ein neuer Krieg auf dem Balkan würde alle, auch das serbische Volk noch tiefer in Armut stürtzen und isolieren. Eine friedliche, gleichberechtigte Kooperation mit allen Völkern in der serbischen Republik könnte jedoch Entwicklung und Wohlstand des Landes fördern und die gegenwärtige Isolierung überwinden helfen. Eine nicht-militärische, zivile Konfliktlösung liegt sowohl im Interesse der Kosova-Albaner, wie der Serben und aller Völker des Balkans und Europas.

Wir bitten, appellieren und fordern

Wir fordern von internationalen und nationalen Institutionen, wie den Vereinten Nationen, der OSZE, dem Europäischen Parlament, von den EU-Außenministern, von den USA, aber auch von den osteuropäischen Staaten, vom russischen Präsidenten und der Regierung in Moskau, den gewaltfreien Kampf der Menschen dort zu würdigen und sogleich mit intensiven Friedensbemühungen zur Wiederherstellung der Rechte der Kosova-Albaner, zur Deeskalation der Konflikte und zur Vertrauensbildung zu beginnen, um nicht später nur noch die Grausamkeiten des Krieges beklagen zu müssen.

Wir appellieren an die serbische Regierung, den Konflikt zu deeskalieren und positive Angebote zur Wiederherstellung und Respektierung der eigenständigen Rechte der Kosova-Albaner zu unterbreiten. Die Kosova-Albaner und ihre Regierung bitten wir ebenfalls alle Möglichkeiten der Deeskalation zu nutzen.

Die deutschen Behörden rufen wir auf, den Flüchtlingen aus Kosova, auch Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren, die im Falle ihrer Abschiebung an Leib und Leben gefährdet sind, in Deutschland Zuflucht zu gewähren, bis dieser Konflikt gelöst ist.

Von den Medien erhoffen wir, daß sie durch ihre Berichterstattung allen Anstrengungen zur vorbeugenden, zivilen Konfliktbearbeitung innerhalb und außerhalb Kosovas eine weite Öffentlichkeit in ganz Europa schaffen und so zu weiteren Bemühungen ermutigen.

Alle gesellschaftlichen, kommunalen und kirchlichen Verbände bitten wir, sich dem Konflikt zuzuwenden und ihre guten Dienste in der humanitären Unterstützung wie in der Förderung und Vermittlung des Dialogs zwischen den Kontrahenten einzubringen.

Wir rufen die sozialen Bewegungen sowie die Bevölkerung Deutschlands und der europäischen Länder auf, in ihren Bereichen über die explosive Lage in Kosova zu unterrichten, auf Politiker und politische Institutionen einzuwirken, Patenschaften für Initiativen hier und dort zu übernehmen und Ansätze zur Deeskalation zu unterstützen.

 zum AnfangEin rechtzeitiger Einsatz für Frieden und Verständigung in Kosova kann den nächsten Balkan-Krieg verhindern.

Auf Einladung der Deutschen Sektion der Helsinki Citizens` Assembly rufen die folgenden deutschen Friedensverbände auf:

Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden; Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung; Bayerischer Flüchtlingsrat; Bund für Soziale Verteidigung; Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in sozialer Verantwortung IPPNW; Forum Ziviler Friedensdienst; Frauennetzwerk für Frieden; Internationaler Versöhnungsbund-Deutscher Zweig; Kölner Flüchtlingsrat; Komitee für Grundrechte und Demokratie; Netzwerk Friedenskooperative AG Ex-Jugoslawien; Ohne Rüstung Leben ORL; Pax Christi; Pro Asyl

11. Februar 1998
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