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12.05.1999


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 8.5.1999
 Berlin


zu: Kosov@: Reden gegen den Krieg

Käthe Reichel

Abschlußkundgebung Berlin 8. Mai 1999

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Frage ist: Wer ist Milosevic in Jugoslawien? Und wer oder was ist Amerika, das als schwarzer Engel aus dem finstersten Stockwerk der Hölle sich Tag und Nacht nieder auf Jugoslawien stürzt?

Welche Rolle spielten beide in der Welt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs? Jugoslawien hat in dieser Zeit im Unterschied zu allen anderen Ostblockstaaten einen vom ganzen Volk getragenen siegreichen Kampf gegen den Stalinismus geführt. Andere Kämpfe hat es nicht geführt, auch nicht unterstützt, auch nicht angestachelt.

Für Amerika ist es eine leicht zu belegende Tatsache, daß die USA seit dem Zweiten Weltkrieg der führende terroristische Staat der Welt gewesen sind. Die USA unterstützten grausame Militärdiktaturen in Griechenland und Korea und finanzierten den französischen Indochinakrieg, sie machten im Koreakrieg weite Teile des Landes dem Erdboden gleich und stürzten demokratische Regierungen im Iran und Guatemala, sie entsandten Aufstandsbekämpfungsspezialisten auf die Philippinen und nach Malaya und drängten - unter Kennedy - den lateinamerikanischen Militärs die "Doktrin der Nationalen Sicherheit" auf, was zu einer Serie blutiger Militärdiktaturen führte; sie hielten die Terrorregimes in Guatemala (150.000 Tote) und El Salvador (75.000 Tote) an der Macht. Sie hätschelten bekennende Terroristen in Angola und Mozambicque (1,5 Millionen Tote), kultivierten die auf Putsch sinnenden Militärs in Indonesien (700.000 Tote nach dem Putsch von 1965), versorgten sie mit Todeslisten zu eliminierender politischer- und Gewerkschaftsführer und lieferten die Waffen für die Invasion Osttimors (200.000 Tote) destabilisierten demokratisch gewählte Regierungen in Chile, Australien, Jamaika und Nicaragua und unterstützten Diktatoren, wie den Schah von Persien, und Anastasio Somoza in Nicaragua bis zum blutigen Ende. Bis 1990 war Saddam Hussein ihr Freund (ebenso wie der der Bundesrepublik); jetzt ist der Syrer Hafez al-Assad, der 1982 bei der Niederschlagung eines Aufstandes 30.000 Menschen liquidierte, an seine Stelle getreten.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Wie ist es möglich, daß ein Staat mit einer derartigen Bilanz als Führer des weltweiten Kampfs für Demokratie und Menschenrechte auftreten kann? Wie kann es sein, daß die anderen industriellen Demokratien, die diese Politik entweder unkritisch hinnehmen oder selbst für ähnliches verantwortlich oder mitverantwortlich sind (wie die BRD in Indoniesien und der Türkei) als Garanten des internationalen Rechts auftreten?

Erst langsam dämmert es der Bevölkerung: Die hohe Schule der Politik und der Medien in den jetzigen Demokratien sind Hochschulen, in denen als Pflichtfach jeden Tag ein hochgesattelter Esel geritten werden muß für hohe und höchste Volksverblödung. Und damit meine ich nicht nur den Sattel auf dem Fahrrad des Kriegsministers.

Jüngstes Beispiel für eine Demonstration der "Garanten des Rechts". Als Jelzin die tschetschenische Hauptstadt Grosny dem Erdboden gleichmachte, wurde der amerikanische Präsident Clinton wegen dieser Ungeheuerlichkeit von Journalisten nach seiner Meinung befragt. Seine wörtliche Antwort: Jelzin tut in Tschetschenien das, was wir im Bürgerkrieg auch getan haben: das Land zusammenhalten!"

Herr Clinton! Herr Präsident! Das, genau das hat Milosevic von Ihnen gelernt. Eben d a s versucht Milosevic seit zehn Jahren in Jugoslawien: das Land zusammenhalten!

Aber Sie wissen: Deutschlands verbrecherische Politik zerriß es unheilbar. Zerriß es als erstes Land Europas gegen den Willen der UNO durch die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens.

Darum muß dieser neue "Garant des internationalen Rechts", muß Deutschland, nachdem es noch emsig geholfen hat;das Land in die Steinzeit zu katapultieren; geholfen hat, viele Menschen zu töten, viele Zivilisten, jede Nacht weiterhilft, sie unter ihren Häusern ins Grab zu befördern - seit diesen neuerlichen Verbrechen Deutschlands in Jugoslawien, m u ß es diesen Bürgerkrieg einen Völkermord nennen, damit es in Unschuld zum dritten Mal in diesem Jahrhundert seine Hände in Blut waschen kann.

Das Feuer der NATO ist kein Feuer des Bürgerkriegs. Das ist richtig. Das Feuer, das die NATO seit fünfzig Tagen und Nächten rund um die Uhr vom Himmel nieder auf Zivilisten, auf die Bewohner der Städte wirft, i s t Völkermord; ist gegen das internationale Völkerrecht. Die Zerstörung des Rechts, Zerstörung von Menschen, Städten und Arbeitsplätzen, Zerstörung der Infrastruktur des Landes ist "nötig" für die "Garanten des Rechts", damit die Garanten in diesen Trümmerstädten wieder Aufträge garantieren und verteilen können an ihre hungernden Unternehmer. Große Aufträge, die nach dem ersten Januar 2000 du und ich in Deutschland bezahlen; damit das Öl aus dem Kaukasus durch die Türkei endlich weiter, endlich auch durch Jugoslawien in die Industriestaaten fließen kann, die Industriestaaten Europas. Aus diesem Krieg Kapital zu schlagen ist das eifrige Ziel der "Garanten des internationalen Rechts". Weil aber die Bewohner der jugoslawischen Städte das wissen, weil sie nicht vollkommende Idioten sind, und darum gegen die NATO-Verbrechen in Europa jetzt ein internationales Gericht fordern, schallt ein Gelächter über den Atlantik von Bonn bis Washington, weil das - "bei Gott" - schwören sie mit der Hand auf dem Herzen - "humanistische Bomben" sind, aus humanistischen Demokratien, die diesen Städten einen humanistischen Tod bringen. Und weil die Herren der Welt diesen Millionen Städtebewohnern so zynisch begegnen, sie noch verspotten (das hätten sie nicht gewollt), weil diese demokratischen Humanisten in fünfzig Jahren alle von Hitler gelernt haben und ihr Zynismus ihn noch übertrifft, darum werden diese seine Meisterschüler vor und hinter dem Atlantik verflucht sein von diesen Städten, die vor diesen fünfzig Jahren die Faschisten aus ihrem Land jagten; die die Stalinisten nicht hereinließen; werden verflucht sein von den Christen aus dem christlichen Jugoslawien. Vor drei Tagen; Herr Clinton, haben Sie den Medien in aller Welt gesagt: "lch habe die Berichte der Flüchtlingsfamilien gehört, dabei ist mir das Herz gebrochen". Nun, Herr Präsident. Die Toten in den Kellern Belgrads, auf die Sie ihre Wohnstätten herabstürzen ließen als großen Begräbnisstein, sie konnten nicht fliehen, können Ihnen nichts mehr sagen. Sie haben sie stumm gemacht.

Als Sie das taten, Herr Clinton, als Sie sie nur noch ins Grab fliehen ließen, spätestens da wußten sie, daß ein Herz aus Stein viel heucheln, aber nicht "brechen" kann. Mit diesem Stein unter der Brieftasche im Jackett erschlagen Sie sie in den Kellern Belgrads; Erschlagen sie dort in den Ecken zusammengekauert wie Bündel ohne Fluchtmöglichkeit - mit diesem Stein; Erschlagen sie an ihrem letzten Zufluchtsort; erschlagen die eben geborenen Kinder, die den Himmel nur als ein dichtes, riesiges Gitter weißer Kondensstreifen kennenlernten, bevor "Ihr gebrochenes Herz" sie in den Kellern Belgrads erschlug.

- Es gilt das gesprochen Wort -



Käthe Reichel ist Schauspielerin beim Schauspiel Berlin





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