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Erstellt:
01.04.1999


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zu: Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg

Warum der Pazifismus nicht tot ist

Horst-Eberhard Richter, SZ vom 30.03.

Immer wieder rufen Journalisten an: Wo bleibt ihr Pazifisten denn? Wo sind die Massen, die ihr früher auf die Straße gebracht habt? Einige fragen eher beunruhigt, andere eher triumphierend, als sollte man ihnen den verdienten Bankrott der Friedensbewegung eingestehen.

Aber warum sollte man das? Bricht ein Feuer aus weil der Brandschutz ungenügend war, wird man diesen doch schleunigst verstärken müssen. Pazifismus, wie ihn Albert Einstein, Sigmund Freud, Stefan Zweig, Thomas Mann, Romain Rolland, Bertrand Russell gemeint und z.B. 1930 in einem großen Manifest verkündet haben, will wie Brandschutz vorbeugen. Die großen Proteste der 80er Jahre gegen Atomraketen wollten einen Atomkrieg verhüten. Das hatte Sinn. Ist Krieg ausgebrochen, hat der Pazifismus im Moment verloren. Doch nur weil die Anstrengungen zur Verhütung zu schwach oder ungeeignet waren.

Was heißt eigentlich Pazifismus? Im alten Großen Brockhaus, 15. Ausgabe, hieß es: "Pazifismus, Friedensbewegung, die Gesamtheit der Bestrebungen zur Ausschaltung des Krieges aus dem internationalen Leben." Seine praktischen Forderungen sind "militärische Abrüstung, die Lösung internationaler Streitfälle auf dem Wege der Schiedsgerichtsbarkeit und die Schaffung einer die einzelnen Staaten umfassenden Gesamtorganisation." Alle drei Forderungen sind nach fast 70 Jahren so sinnvoll wie eh und je. Ohne florierenden Rüstungshandel wäre Saddam Hussein nicht zu einer internationalen Gefahr geworden, hätte die Gewalt in Kurdistan und im Kosovo nicht ihre bestürzenden Ausmaße annehmen können. Für eine internationale Schiedsgerichtsbarkeit hätten wir die Vereinten Nationen, wenn deren Autorität und Machtmittel nicht systematisch geschwächt worden wären. So konnte sich die NATO, als westliches Militärbündnis zum unparteiischen Schiedsrichter so ungeeignet wie nur denkbar, die Befugnis einer Art Weltpolizei anmaßen. Folge: Dem eigenen Bündnispartner Türkei wird gestattet, die Separationsbestrebungen der Kurden mit Krieg und Folter zu unterdrücken, während die ungeliebten Serben für deren genau gleiches Vorgehen gegen die albanischen Unabhängigkeitskämpfer im Kosovo mit Tonnen von Raketen und Bomben bestraft werden.

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Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
Jahrelang war das Drama im Kosovo vorhersehbar. Jahrelang bestand die Chance, den gemäßigten Albanerführer Rugowa zu unterstützen und dessen Entmachtung durch die UCK zu verhindern. Die Friedensbewegung hat gewarnt und gemahnt. Aber nichts ist geschehen. Die geschwächte UNO war nicht zur Stelle. Der Westen hat sich nicht gerührt, solange noch Aussicht bestand, eine pazifizierende vorbeugende Krisenintervention zu betreiben. Die Forderung der Friedensbewegung nach Einrichtung von unabhängigen Konfliktberatungsgruppen unter UNO-Mandat blieb ohnehin ungehört. Kein Medieninteresse fanden die Vorschläge der Friedensgruppen. Aber jetzt, da die NATO mit ihren Luftschlägen - was zu befürchten war - die Grausamkeiten im Kosovo in unerträglichem Maße verschärft, statt sie zu stoppen, jetzt plötzlich heißt es, wo bleiben denn die Pazifisten?

Natürlich sind die erst mal genauso entsetzt und niedergeschlagen wie alle über die unfaßbaren Greuel und die Gewaltspirale - mehr Bomben, neue Massaker, noch mehr Bomben, noch mehr Haß, und Barbarei. Nun hat sich alles auf ein Entweder-Oder zugespitzt: Entweder weitere Eskalationsstufen der Bombardiererei - mit der Gefahr der grenzenlosen Ausuferung der Destruktivität - oder Mut zu einer Verständigung auch um den Preis, die Niederlage der rein militärischen Straf- und Einschüchterungsstrategie zuzugestehen. Nicht was man noch mehr gegen Milosevic, sondern was man auf der Stelle für die halbe Million in Angst und Elend auf der Flucht tun kann, ist momentan die einzig entscheidende Frage. Wenn es jetzt noch um Sieg geht so nicht mehr um den der NATO, sondern nur noch um den der verfolgten Menschen - auf beiden Seiten.

Beitrag für die Süddeutsche Zeitung am 30.03.99







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