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Erstellt:
21.04.1999


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zu: Stop! - Zeitung gegen den Krieg - Inhalt

Aufnahme der Flüchtlinge

Gebot der Menschlichkeit und eine Verpflichtung der Politik

Heiko Kauffmann

Jahrelang bekamen Flüchtlinge aus Kosovo von der Politik, vom Bundesamt, von den deutschen Behörden und Gerichten zu hören, daß ihr Flüchtlingsschicksal nicht ausreiche, daß der Verfolgungsdruck nicht groß genug sei, um in Deutschland Asyl und Abschiebungsschutz zu erhalten. Zynisch wurden die Menschen auf eine angebliche inländische Fluchtalternative verwiesen. Über Jahre war Milosevic den deutschen Behörden wichtiger Gesprächs- und Verhandlungspartner, etwa in Sachen "Rückführungsabkommen". Er wurde noch bis vor kurzem als rechtsstaatlicher Empfänger abgeschobener Flüchtlinge aus Deutschland akzeptiert. Noch am 18. November 1998 kam das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht zu der Einschätzung: "Die Wahrscheinlichkeit, daß Kosovo-Albaner im Falle ihrer Rückkehr in ihrer Heimat massiven staatlichen Repressionen ausgesetzt sind, ist insgesamt als gering einzustufen."

Seit 31. März 1999 wird nun zurückgerudert. Unter dem Eindruck der forcierten Vertreibung der albanischen Bevölkerung teilt das Auswärtige Amt in seiner Presseerklärung 1023/99 mit: "Nach Ausbruch der Kämpfe in Kosovo im März 1999 wurde von den Sicherheitskräften eine gezielte Vertreibungsstrategie, eine Politik der verbrannten Erde betrieben: Nicht nur der UCK, sondern auch der Zivilbevölkerung sollte ein Verbleib in den Häusern und Dörfern unmöglich gemacht werden."

Die schwerwiegenden Folgen der in der Vergangenheit mangels oder wider besseren Wissens beschönigenden Lageberichte des Auswärtigen Amtes verdeutlicht ein Urteil des 7. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 1999 zur Verfolgungsgefahr zurückkehrender abgewiesener Flüchtlinge aus dem Kosovo.

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Stop! - Zeitung gegen den Krieg - Inhalt
Angesichts der erfaßten Zahl von Menschenrechtsverletzungen ergeben sich "für jeden albanischen Volkszugehörigen im Kosovo lediglich eine statistische Wahrscheinlichkeit von knapp 1,7 Prozent pro Jahr, von einem asylrelevanten Verfolgungsschlag getroffen zu werden", hieß es dort. "Von Belang" sei zudem, daß Übergriffe serbischer Sicherheitskräfte "nur relativ selten tödlich enden oder Folter im Rechtssinne darstellen".

Angesichts der Dimension der Vertreibung, der hoffnungslos überfüllten Flüchtlingslager vor Ort und der Überforderung der Anrainerstaaten muß die deutsche Ratspräsidentschaft sich energisch für die großzügige Aufnahme weiterer Flüchtlinge in den EU-Staaten einsetzen und selbst die Bereitschaft zur Aufnahme eines größeren Kontingents erklären.Es ist völlig unakzeptabel, daß selbst in Fällen, in denen in Deutschland lebende Verwandte sich bereiterklären, für die Kosten des Aufenthalts der Betroffenen in Deutschland aufzukommen, ein Visum nicht erteilt wird.

Die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL appelliert an die Bundesregierung, den in Deutschland lebenden Verwandten von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien durch eine großzügige und unbürokratische Regelung der Visa-Erteilung die Aufnahme ihrer aus dem Kosovo vertriebenen Angehörigen zu ermöglichen. Drei Wochen nach Beginn dieses Krieges wird deutlich, daß die verstümmelte Anwendung des 32a Ausländergesetz mit einer Aufenthaltsbefugnis von drei Monaten für diese Menschen völlig unzureichend ist. Sie stehen unter dem Schock schlimmster Vertreibungs- und Verfolgungsmaßnahmen; sie haben als Volk und als einzelne Gewalt und systematische Menschenrechtsverletzungen am eigenen Leibe erfahren. Sie haben daher auch Anspruch auf politisches Asyl.

Die Hilfsbereitschaft und das solidarische Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger muß jetzt durch eine humanitäre Bringpflicht der Politik im gesetzlichen und behördlichen Umgang mit Flüchtlingen ergänzt werden.

Heiko Kauffmann, Sprecher von PRO ASYL



E-Mail:   proasyl@proasyl.de
Internet: http://www.proasyl.de





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