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29.03.1999


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zu: Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg

"Die NATO spielt mit dem Feuer"

Friedensaktivistin Schweitzer über die Konflikt-Strategie

Die Nato probt im Kosovo-Konflikt ihre neue Strategie, sich von den Vereinten Nationen unabhängig zu machen und damit Völkerrecht auszuhebeln. Das meint die Friedensaktivistin Christine Schweitzer. Mit der Geschäftsführerin des Bundes für soziale Verteidigung und Mitinitiatorin des Balkan Peace Teams sprach die Bonner FR-Korrespondentin Monika Kappus.

FR: Die Nato ordnet Luftschläge gegen serbische Ziele an. Die Strategien ziviler Konfliktbewältigung sind also gescheitert

Schweitzer: Nein, das kann man so einfach nicht sagen. In der Vergangenheit sind viele Chancen für eine nichtmilitärische Lösung vertan worden. Das ging damit los, daß die internationale Gemeinschaft den gut organisierten gewaltfreien Widerstand der Kosovo-Albaner gegen die Aufhebung der Autonomie nach 1989 nicht ernst genommen hat. Der Kosovo-Konflikt wurde aus dem Friedensvertrag von Dayton ausgeklammert, nach dem Motto: Da wird nicht geschossen, das ist nicht so schlimm. Diese Ignoranz provozierte in gewisser Weise das Eingreifen der Kosovo-Befreiungsarmee UCK. Zuletzt haben die Vermittler in Rambouillet ohne Not darauf bestanden, daß eine Nato-Truppe den Friedensvertrag absichert. Sicher riefen die Kosovo-Albaner nach der Nato, doch hätten sie womöglich auch eine erweiterte OSZE-Beobachtermission akzeptiert.

FR: Aber welche Alternative sehen Sie jetzt noch zu Luftangriffen?

Schweitzer: Es ist nicht legitim, diese Frage so zu stellen, wenn der Karren in den Dreck gefahren ist. Nehmen wir als die OSZE: Sie hätte den politischen Dialog vermitteln, gleichzeitig den Rückzug der Militärs in die Kasernen vorantreiben und längerfristig beim Wiederaufbau ziviler Strukturen mithelfen können. Nichtregierungsorganisationen könnten parallel zur Aussöhnung beitragen, wenn wir etwa, wie in der Vergangenheit, Kontakte zwischen serbischen und albanischen Menschenrechtsaktivisten herstellen. Aber das alles braucht Geld, vor allem, wenn man es in größerem Umfang betreiben will. Da sind wir auf die Regierung angewiesen. Bei zivilen Maßnahmen aber wird gefeilscht. Wenn die Bundeswehr losgeschickt wird, stehen dagegen mit einem Mal Hunderte Millionen Mark bereit. Andersherum gefragt: Was kann denn bei den Luftangriffen herauskommen? Die Nato spielt hier mit dem Feuer. Sie will Belgrad an den Verhandlungstisch notfalls zurückbomben. Was wird, wenn Präsident Milosevic darauf nicht reagiert, weiß keiner. Zudem könnten die Serben Luftangriffe nutzen, erst recht Massaker in Kosovo anzurichten. Den Toten würde ein späterer Friedensvertrag nichts mehr nutzen.

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Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
FR: Und den Überlebenden?

Schweitzer: Ich denke, die Nato kann bestenfalls eine Atempause in dem Konflikt herstellen, ihn aber nicht lösen. Daß sie Milosevic in die Enge zu treiben sucht, wird ihn letztlich stärken. Die Bevölkerung solidarisiert sich mit ihm, er hat einen Vorwand, die innerserbische Opposition mundtot zu machen. Der Schlüssel zur Befriedung der Region liegt doch in Belgrad. Wer es nicht schafft, das dortige Regime zu destabilisieren und demokratische Kräfte zu stärken, der wird auf Dauer keinen Frieden etablieren können.

FR: Welche längerfristigen Folgen hat es, daß die Nato bereit ist, ohne UN-Mandat anzugreifen?

Schweitzer: Die Nato hat ein neues Grundsatzpapier vorbereitet, das im April anläßlich ihres 4Ojährigen Bestehens verabschiedet werden soll. Darin heißt es ausdrücklich, daß die Nato künftig nicht nur weltweit agieren will, sondern wenn nötig auch ohne Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Das bedeutet einen Rückschritt in die Zeit vor Erfindung des modernen Völkerrechts. Die Stoßrichtung der UN ist, Krieg immer weiter einzudämmen oder ihn wenigstens an ein Gewaltmonopol der Völkergemeinschaft zu binden. Die neue Nato-Strategie läuft darauf hinaus, daß es sich eine Staatengruppe mit den militärisch und ökonomisch stärksten Nationen selbst erlaubt einzugreifen, wenn es ihr paßt. Hierfür schafft man in Kosovo einen Präzedenzfall ...

FR: ... und hat sich durch die Selbstmandatierung in Zugzwang gesetzt?

Schweitzer: Ja, so könnte man sagen. Hätte die Nato vor allem bomben wollen, hätte sie das schon früher tun können. Sie wollte aber vor allem den völkerrechtlichen Ausnahmefall proben. Insofern hat man sich in eine ausweglose Lage gebracht, der man nicht mehr ohne Gesichtsverlust ausweichen kann. Die Nato sähe sich sonst wie seinerzeit die UN-Mission in Bosnien als Papiertiger beschimpft.

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Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
FR: Selbst die Mehrheit der Grünen hat den pazifistischen Ansatz begraben und dem Einsatz deutscher Soldaten zugestimmt. Wo hätte Rot-Grün einhaken können?

Schweitzer: Die Bundesregierung hat das Handling des Konfliktes weitgehend den USA überlassen. Sie hätte zum Beispiel viel stärker die traditionell guten Beziehungen zu Rußland ins Spiel bringen und damit Moskaus Draht nach Belgrad nutzbar machen können. Dadurch wären die Aussichten für zivile Lösungen gewachsen.

aus: FR 25.3.99



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