Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2021 in Friedrichshafen

 

- Sperrfrist: 1.9.21, Redebeginn: 16 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Friedenspolitik in den Wahlprogrammen

 

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

deutschland führt Krieg. Wer das ausspricht und sich dagegen stemmt, wird belächelt. Die deutschen Kriegseinsätze werden kleingeredet oder als Hilfe für die dortige Bevölkerung dargestellt. Wie in Afghanistan. Über den damaligen Kriegsgrund sagt Ex-Bundeskanzler Schröder: Zitat „Eine Kraft, die von einem anderen Staat unterstützt wurde, nämlich von den Taliban, hatte unseren Bündnispartner Amerika auf dessen Territorium angegriffen.“ Zitat Ende. Nach den Anschlägen am 11. September in New York war die Solidarität mit den USA groß. Dieser schreckliche Terrorangriff musste aufgeklärt werden, die verbrecherischen Hintermänner gehörten vor Gericht. Aber mit einer Militärintervention in Afghanistan auf Terror reagieren? Das stand nach Ansicht vieler in keinem Verhältnis. Gründe, die Bundeswehr zu schicken waren für die damalige rotgrüne Bundesregierung die „uneingeschränkte Solidarität“ mit den USA und ein Mandat des UN-Sicherheitsrates. Zwei Jahre später gegen den Irak wurde diese Solidarität nicht mehr „uneingeschränkt“ fortgeführt. In Berlin demonstrierten damals über eine halbe Million Menschen gegen einen Irakkrieg. Angeblich sollte Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitzen. Dies erwies sich als Lüge.

Seit den 90er Jahren ist Deutschland an Kriegseinsätzen im Ausland beteiligt. Die Regierung beruft sich auf das Bundesverfassungsgericht. Dieses entschied 1994: Die Bundeswehr darf eingesetzt werden, wenn ein UN-Mandat vorliegt. Allerdings ist dazu die Zustimmung des Parlaments notwendig. Das Grundgesetz, der Artikel 24 Absatz 2 erlaubt schließlich dem Bund, sich in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einzuordnen.

Die Erzählung, mit der die zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr den Bürgerinnen und Bürgern erklärt werden, lautet: Aus der deutschen Wiedervereinigung habe sich eine Neue Verantwortung Deutschlands in der Welt ergeben. Diese drücke sich auch in mehr militärischer Beteiligung aus. So zu hören bei von der Leyen bis Steinmeier. Ein solches Ergebnis aus der Wiedervereinigung teilen wir nicht! -  Deutsche Verantwortung nach zwei Weltkriegen muss sich zivil und friedlich ausdrücken z.B. in mehr Entwicklungszusammenarbeit, Kooperation und Diplomatie. Darum kämpfen auch Menschen innerhalb von Parteien. Teile der Grünen und der SPD konnten Bedenken gegenüber einer weiteren Militarisierung im Parteiprogramm verankern. Und bei der Linken heißt es sogar: „An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, werden wir uns nicht beteiligen.“ Einen Tag bevor die Bundesregierung die Evakuierung aus Kabul einstellte, wurde im Bundestag noch der Kampfeinsatz zur Evakuierung beschlossen, auch mit wenigen Stimmen der Linken. Ist das bereits ein Wink Richtung Regierungsverantwortung? Denn eine Partei, die Kampfeinsätzen nicht zustimmt, soll keine Chance bekommen, an der Regierung beteiligt zu werden. Das haben die Grünen, eine ursprünglich pazifistische Partei, bereits gelernt.  

Die Linke fordert: Truppen, Spezialkräfte und Geheimdienste dauerhaft zurückzuziehen. Aus Mali und aus allen anderen Auslandseinsätzen. Derzeit befinden sich circa 2500 Soldat*innen auf drei Kontinenten mit Mandaten des Deutschen Bundestages im Auslandseinsatz. Ist diese Forderung so unvernünftig, dass eine Partei, die das fordert von der Regierung ausgeschlossen werden muss? Ich finde nicht. Eher sollten sich diejenigen erklären und rechtfertigen müssen, die mehr Aufrüstung und mehr Militär wollen, um zu einer friedlichen Welt beizutragen.

Für meinen Beitrag heute habe ich die Programme der Linken, der Sozialdemokraten, der Grünen, der Liberalen und der Christsozialen angeschaut und bewertet. Nur zwei Parteien bezeichnen sich als „die Friedenspartei“ in Deutschland. Das sind die SPD und die Linke. 

Die Grünen wollen bewaffnete Einsätze der Bundeswehr „in ein politisches Gesamtkonzept“ einbetten, basierend auf dem Grundgesetz und dem Völkerrecht. „Koalitionen der Willigen“ lehnen sie ab. Die Grünen wollen das Konzept der „Schutzverantwortung“ pushen. Dieses sieht zwar Prävention und Wiederaufbau bei Konflikten vor, aber eben auch ein militärisches Eingreifen gegen den Willen der dortigen Regierung vor. So erhofft man Völkermord oder schwere Menschenrechtsverbrechen verhindern zu können. Das Konzept ist heikel, weil es im Konflikt zur UN-Charta steht, nach der die Souveränität von Staaten nicht angetastet werden darf. Wie schnell daraus eine sinnlose Militärintervention wird, hat der Krieg gegen Libyen 2011 gezeigt. Die Bevölkerung sollte durch eine Flugverbotszone, die militärisch durchgesetzt wird, geschützt werden. Doch dieser Krieg führte ins Chaos, in die Herrschaft von Bürgerkriegsmilizen mit Foltergefängnissen für geflüchtete Menschen aus Afrika, die von europäischen Grenzschützern abgewiesen werden. Ein Regime wie in Libyen ist schnell zerschlagen, aber was folgt dann?

FDP und CDU/CSU sind wie die Grünen für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die SPD schreibt dazu zwar nichts im Programm, hat aber de facto den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zugestimmt. Bei der CDUCSU kann man sich sowohl Friedensmissionen als auch Kampfeinsätze, ein sogenanntes „robustes Mandat“, vorstellen. Die EU soll zu einer „Sicherheitsunion“ ausgebaut werden mit EU-Missionen und einem Hauptquartier. Das deckt sich mit der FDP, die eine Verteidigungsunion will. Beide Parteien streben eine europäische Armee an und eine enge zivil-militärische Zusammenarbeit etwa in der Handels- und Außenpolitik.

Eine europäische Armee will auch die SPD. Sie will dies mit einer europäischen Abrüstungsinitiative verbinden, „um frühzeitig auf die Risiken neuer Technologien und gefährliche Entwicklungen im Cyberbereich oder im Weltraum reagieren zu können“. Die Grünen verfolgen ebenfalls eine EU-Sicherheitsunion mit einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Gemeinsame EU-Auslandseinsätze sollten stärker vom Europäischen Parlament begleitet und kontrolliert werden, schreiben sie.

Es ist eine große Enttäuschung, wenn die EU zu einer Verteidigungsunion mit eigenen Militäreinsätzen ausgebaut werden soll, ohne dass nach gemeinsamer Sicherheit und Abrüstung auf dem europäischen Kontinent gesucht wird.

Hoffnung, dass die Weltgemeinschaft doch lernfähig ist, gibt mir die Aussage von US-Präsident Joe Biden von heute. Er erklärte die „Ära militärischer Umgestaltung anderer Länder“ sei für die USA vorbei. - Dies geschieht aber nicht aus Nächstenliebe, sondern weil die USA sich stärker auf China konzentrieren wollen.

Viele Menschen haben Bombardierungen, Besatzung, Gefangennahme, Kriegsverbrechen oder Flucht erlebt. Erinnerungen daran sind im kollektiven Gedächtnis verankert. Im ausdrucksstarken DGB-Aufruf zum heutigen Tag heißt es: „Wenn wir künftig friedlich und sicher zusammenleben wollen, brauchen wir eine Politik, die auf Abrüstung und Entspannung setzt“

In der Zeit nach dem kalten Krieg sanken die Rüstungsausgaben, auch in Deutschland. Dann kam die völkerrechtswidrige Annexion der Krim im Jahr 2014. Seither wird aufgerüstet. Schon beim Nato-Gipfel in Wales 2014 verpflichteten sich die Nato-Mitglieder „bis zum Jahr 2024 eine Trendwende hin zu mehr Ausgaben zu vollziehen“. Zwei Prozent des Bruttosozialprodukts soll für Rüstung ausgegeben werden, was für Deutschland eine 129prozentige Steigerung bedeuten würde. Aber Achtung: Diese Selbstverpflichtung der Nato-Mitgliedsstaaten spricht nur von der „Bemühung“, das Zwei-Prozent-Ziel bis 2024 zu erreichen. Darauf weist eine Kurzinformation der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages hin. Und die wissenschaftlichen Dienste rechneten aus, dass Deutschland dann im Jahr 2024   27 Mrd. Euro mehr ausgeben würde als Frankreich und 30 Mrd. Euro mehr als Großbritannien. „Deutschland hätte dann innerhalb der NATO den zweitgrößten Verteidigungshaushalt nach den USA.“ Schon zuvor waren die wissenschaftlichen Dienste zum Ergebnis gekommen: „Sowohl Politik- als auch Rechtswissenschaftler sind sich einig, dass die Zwei-Prozent-Zielvorgabe keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet, sondern ausschließlich eine politische Willensbekundung darstellt.“

Dieses Aufrüstungsziel 2% findet man aber im CDUCSU Wahlprogramm. Und die FDP will sogar drei Prozent ausgeben, packt aber zu den Verteidigungsausgaben, noch die Entwicklungspolitik und die Diplomatie mit dazu. Die Grünen wollen eine faire Lastenverteilung innerhalb der Nato, die von gemeinsamen Ausgaben ausgeht. Sie lehnen das 2% Ziel ab, weil es nicht „auf Fähigkeiten und Befähigung“ ausgerichtet sei.

Die jetzige Bundesregierung hat den Verteidigungshaushalt auf mittlerweile knapp 50 Milliarden Euro erhöht, so Olaf Scholz am vergangenen Freitag in der Süddeutschen. Ob die SPD weiter solche Steigerungen anpeilt, dazu findet man in ihrem Wahlprogramm nichts.

Die Linke will den Verteidigungshaushalt senken. Sie würde die Bundeswehr verkleinern und auf große Rüstungsprojekte verzichten, wie das Future Combat Air System (FCAS) mit vernetzten großen Killerdrohnen und das Main Ground Combat System (MGCS) zur Entwicklung eines Kampfpanzers.

Zurück zu Kernsätzen in den Parteiprogrammen, wo deren Friedensvorstellungen aufscheinen. Die SPD betont die Gemeinsamkeit über Grenzen: „Aus einer starken europäischen Gemeinschaft ziehen wir die Kraft für eine gemeinsame Friedenspolitik, die Konflikte löst und Menschen über Grenzen zusammenbringt.“ Die CDU grenzt ein: „Unser Ziel heißt: Sicherheit und Frieden, Freiheit und Wohlstand für die Menschen in Deutschland.“ Bei den Grünen steht das Klima im Vordergrund: „Internationale Kooperation für Klimagerechtigkeit …sichert Frieden.“ Die FDP denkt global: „Wir wollen ein Land, das dem Frieden der Welt dient.“ Ebenso die Linke, die auf Gerechtigkeit setzt. „Sicherheit gibt es nur mit konsequenter Friedenspolitik und Förderung globaler Gerechtigkeit statt Standortkonkurrenz.“

Die Linke unterbreitet in ihrem Wahlprogramm einen konkreten Abrüstungsvorschlag: Alle Staaten sollen im kommenden Jahr die Militärausgaben um 10 Prozent senken. Die Linke schreibt: „Wenn alle Staaten das gleichzeitig tun, bleibt die relative Sicherheit für jedes Land gleich – und es würde auf einen Schlag 183 Milliarden Dollar freisetzen, um Soziales …zu finanzieren.“ Solche Abrüstungs-Träume müssen wir uns erhalten und weitererzählen, um den Denkhorizont für Abrüstung offen zu halten.

Als nächstes möchte ich auf die Abrüstung von Atomwaffen zu sprechen kommen und wie das die Parteien sehen. Deutschland ist über die „Nukleare Teilhabe“ an einem Atombomben-Einsatz im Krisen- oder Kriegsfall und am Training für Einsätze beteiligt, derzeit mit “Tornado”-Kampfjets, die bald durch F-18 Bomber ersetzt werden sollen. Die ca. 20 US-Atomwaffen liegen in Büchel in der Eifel. Am kommenden Samstag wird es dort eine Protest-Kundgebung geben, zu der auch Menschen vom Bodensee aus hinfahren.

Die Atomkriegsgefahr ist weiterhin groß. USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea besitzen ca. 14.000 Atomsprengköpfe. Rund 90% der Atombomben gehören den USA und Russland. Nur ein atomarer Abrüstungsvertrag zwischen Russland und den USA ist noch in Kraft. Dazu kommt: Alle Atomwaffenstaaten modernisieren derzeit ihre Nuklearwaffen. Modernisierung bedeutet u. a., dass die Atombomben kleiner und zielgenauer gemacht werden, was ihren möglichen Einsatz erhöhen könnte. Immer wieder haben Nicht-Atomwaffenstaaten Versuche unternommen in Richtung einer atomwaffenfreien Welt. Alle afrikanischen Länder z.B. haben sich 2009 vertraglich zu atomwaffenfreien Staaten verpflichtet.

Mit dem Amtsantritt von Obama hatte sich die Hoffnung auf eine nukleare Abrüstung erhöht. So auch im Bundestag. Dort begrüßten CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP die Absicht der Bundesregierung, sich Zitat „dafür einzusetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden.“ Zitat Ende Das war im März 2010. Im Januar 2021 ist schließlich der Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen in Kraft getreten, nachdem er von 122 Staaten angenommen wurde. Dieser Vertrag, für den die Initiator*innen den Friedensnobelpreis erhielten, wurde bislang von der Bundesregierung ebenso wie von den übrigen Regierungen der Nato-Staaten ignoriert. Was sagen die Wahlprogramme?

Die CDU will die „nukleare Teilhabe innerhalb der NATO“ fortsetzen und die notwendigen Mittel dafür bereitstellen: Zitat „Solange es Staaten mit Atomwaffen gibt, die unsere Wertegemeinschaft aktiv herausfordern, braucht Europa weiterhin den nuklearen Schutzschirm der USA und bleibt die deutsche Beteiligung an der nuklearen Teilhabe im Rahmen der NATO ein wichtiger Bestandteil einer glaubwürdigen Abschreckung im Bündnis“, heißt es im CDU-Programm. Damit erübrigt sich für die CDU auch ein Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag. 

Nukleare Abschreckung heißt, auch nach einem Angriff durch Atomwaffen noch mit einem nuklearen Vernichtungsschlag drohen und den Gegner vernichten zu können. Die FDP schweigt zu den beiden Punkten. Die SPD will Deutschland als Beobachter bei der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags dabeihaben. Zitat: „Auch setzen wir uns ein für den Beginn von Verhandlungen zwischen den USA und Russland zur verifizierbaren, vollständigen Abrüstung im substrategischen Bereich mit dem Ziel, die in Europa und in Deutschland stationierten Atomwaffen endlich abzuziehen und zu vernichten.“ Ähnlich die Grünen, die in einer Beobachterposition einen Zwischenschritt sehen hin zum Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag. Die Grünen wollen folgende Prozesse initiieren: „eine internationale Initiative zur Reduzierung der Zahl von Atomwaffen, einen Verzicht der NATO auf jeden Erstschlag und eine breite öffentliche Debatte über die veralteten Abschreckungsdoktrinen des Kalten Krieges.“ Die Grünen wollen ein Deutschland „frei von Atomwaffen“.

Die Linke lehnt das Konzept der nuklearen Abschreckung ab. Sie will die nukleare Teilhabe beenden: Im Wahlprogramm heißt es: „Die US-Atomwaffen müssen sofort abgezogen und vernichtet werden. Es dürfen keine Atomwaffen in Deutschland stationiert sein und werden. Die Bundesregierung darf keine Trägersysteme und Pilot*innen dafür bereitstellen.“

Zum Verzicht auf die „atomare Teilhabe“ ist also derzeit nur eine Partei explizit bereit. Etwas besser sieht es mit dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag aus. Grüne und SPD sind offen, sich darauf einzulassen.

Das Festhalten an der nuklearen Abschreckung wird im DGB Aufruf zum 1. September kritisiert, weil damit auf Konfrontation statt Entspannung gesetzt werde: „Durch eine Stärkung der nuklearen Abschreckung und durch Pläne für eine stärkere militärische Präsenz im indopazifischen Raum setzt die Nato gezielt auf Konfrontation gegenüber Russland und China.“ Die CDUCSU vermeldet dazu in ihrem Wahlprogramm: mit der Entsendung einer deutschen Fregatte in den asiatisch-pazifischen Raum zeige Deutschland Präsenz und „das richtige Signal in Abstimmung mit unseren Partnern“. Die Linke fordert dagegen, die über 10.000 Bundeswehrsoldat*innen, die ohne Mandat im Ausland aktiv sind, etwa in Litauen, zurückzuholen.

Die Bedrohungen im Innern und Außen nähmen zu, deshalb brauche man einen Nationalen Sicherheitsrat, der Strategien besser koordiniert, fordert die FDP. Auch die CDU verspricht sich von einem Nationalen Sicherheitsrat Verbesserungen. Die äußeren Bedrohungen sehen die meisten Parteien bei China und Russland, während die Zusammenarbeit mit den USA wieder verstärkt werden soll.

„China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale“, schreiben die Grünen : Kooperation mit China dürfe nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen. Die Grünen wollen “an einer engen europäischen und transatlantischen Koordinierung gegenüber China arbeiten.“ Die militärischen und hybriden Mittel, die Russland in seiner Außenpolitk anwende, würden immer offensiver Demokratie, Stabilität und Frieden in der EU und in der gemeinsamen Nachbarschaft gefährden. Sanktionen gegenüber Russland wollen die Grünen gegebenenfalls verschärfen.

Für die CDU geht die größte außen- und sicherheitspolitische Herausforderung heute von der Volksrepublik China aus. Sie sei „Wettbewerber, Kooperationspartner, aber auch systemischer Rivale“.  Wer da von wem abgeschrieben hat, die Grünen von der CDU oder umgekehrt, weiß ich nicht. (Grüne: „China ist Europas Wettbewerber, Partner, systemischer Rivale“),  Die CDU weiter: „China hat den Willen und zusehends auch den Machtanspruch, die internationale Ordnung nach eigenen Vorstellungen zu prägen und zu verändern– und tut dies mit allen Mitteln“ Und zu Russland schreibt die CDU: Zitat „Russland fordert unsere Werte heraus. Wir wollen nicht, dass daraus wieder eine ernsthafte militärische Bedrohung für uns in Europa wird.“ Zitat Ende. Deshalb schlägt die CDU vor, Russland mit glaubhafter Abschreckung zu begegnen und mit Dialogangeboten

Die SPD findet ebenfalls, dass Interessens- und Wertekonflikte mit China zunehmen. Europa müsse den Dialog mit China über Kooperation und Wettbewerb geschlossen, konstruktiv und kritisch führen. Bei der Bewertung der Außenpolitik mit Russland knüpft die SPD an die Entspannungspolitik an: Zitat „Es ist im deutschen und europäischen Interesse, wenn wir mit Russland in Fragen der gemeinsamen Sicherheit, Abrüstung und Rüstungskontrolle wie auch bei Klima, Nachhaltigkeit, Energie und der Bekämpfung von Pandemien gemeinsame Fortschritte erreichen... Frieden in Europa kann es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben.“

Die Linke beobachten eine Konfrontation: Zitat „In Strategiepapieren der NATO und EU werden Russland und China als Feindbilder beschrieben, das lehnen wir ab.“

Einen Koalitionskrach in der jetzigen Legislaturperiode gab es darüber, ob Waffen für Drohnen angeschafft werden sollen. Deshalb möchte ich noch kurz auf diesen Punkt eingehen. Die SPD hatte die Drohnenbewaffnung verhindert. Was sagen die Parteien heute?  

Für die SPD gehört der Einsatz von Drohnen zum bestmöglichen Schutz der Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten. Die Entscheidung, ob deutsche Drohnen bewaffnet werden sollen, macht die SPD von einer "umfassenden politischen und gesellschaftlichen Debatte und der sorgfältigen Würdigung aller Aspekte" abhängig.

Vorsichtig äußern sich auch die Grünen: Zitat „Bewaffnete Drohnen wurden und werden vielfach auch von unseren Bündnispartnern für extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten eingesetzt. Ein solcher Einsatz ist für uns GRÜNE undenkbar und mit dem deutschen Verfassungs- und Wehrrecht nicht vereinbar.“ Es müsse klargemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die bewaffneten Drohnen überhaupt eingesetzt werden sollen, bevor über ihre Beschaffung entschieden werden kann.

Für die CDU ist eine Bewaffnung der Drohnen militärisch selbstverständlich. Eine Lehre aus dem Berg-Karabach Krieg von 2020, den Aserbeidschan durch massiven Drohneneinsatz gewann, ist für sie, die Drohnenabwehr zu verbessern. Die FDP äußert sich nicht.

Die Linke lehnt nicht nur eine Bewaffnung von Drohnen ab, sondern auch den Einsatz und die Steuerung von Kampfdrohnen aus der US-Militärbasis in Ramstein heraus. Die Bewaffnung von Drohnen könne der erste Schritt auf dem Weg zu autonomen Waffensystemen sein. So seien bei dem milliardenschweren Rüstungsprojekt Future Combat Air System (FCAS) durch künstliche Intelligenz gesteuerte Drohnenschwärme geplant.

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

In den Wahlprogrammen habe ich auch einiges gelesen, was eine gute Friedenspolitik ausmacht: die Stärkung der OSZE, eine Rüstungskontrolle für Cyber- und autonome Waffen, die stärkere Einbeziehung von Frauen in Friedensgespräche, Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen oder Menschenrechtsverteidiger*innen zu schützen.

Allen, die sich innerhalb einer Partei für Abrüstung und Entspannung einsetzen, herzlichen Dank. Bleibt dran. Kämpft weiter.

Ich danke den Friedensbewegten in den Initiativen, die den Anti-Kriegstag in Friedrichshafen vorbereitet haben. Danke für euer Engagement.

Verabschieden möchte ich mich mit Worten von Papst Franziskus

Ich will mir den Schrei zu eigen machen, der mit wachsender Sorge aus jedem Teil der Erde, aus jedem Volk, aus dem Herzen eines jeden aufsteigt, aus der ganzen Menschheitsfamilie: Das ist der Schrei nach Frieden!

Der Einsatz von Gewalt führt niemals zum Frieden. Krieg bringt Krieg hervor, Gewalt bringt Gewalt hervor!

Wir wollen eine Welt des Friedens, wir wollen Menschen des Friedens sein, wir wollen, dass in dieser unserer Gesellschaft, die von Spaltungen und Konflikten durchzogen wird, der Friede ausbreche! Nie wieder Krieg! Nie wieder Krieg!"

Vielen Dank!

 

Wiltrud Rösch-Metzler, pax christi Diözesanvorsitzende der Diözes Rottenburg-Stuttgart.