Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2022 in Karlsruhe

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner,
Anwesende,

seit 1945 gab es praktisch kein Jahr ohne Krieg irgendwo auf der Welt, fast immer waren die stärksten Militärmächte und ihre Bündnisse beteiligt. Über all die Jahrzehnte musste sich die Friedensbewegung von unten organisieren, gegen die Kriegslogik der herrschenden Regierungen und des Militärbündnis NATO. Dabei blies ihr stets der Wind entgegen vonseiten der Kriegsführenden, Aufrüstenden und der sie Unterstützenden in Gesellschaft und Medien. Der Krieg in der Ukraine stellt uns schon wieder vor Herausforderungen. Wir bleiben auf unserem grundsätzlichen Standpunkt gegen jeden Krieg, wir wechseln unsere Überzeugung nicht einfach wie manch Gewendete jetzt in Machtpositionen. Als Teil der Zivilgesellschaft dieses Landes, das Bestandteil des Westens ist, richten wir auf dieses und seine Bündnisse unser kritisches Augenmerk. Wir sind entsetzt über die Kriegsrhetorik der Regierung und vieler, auch seriöser Medien. Wir verstehen so aber leider, wie sich 1914 ein Hurrapatriotismus breitmachte, als es hieß „Serbien muss sterben“, „Jeder Schuss ein Russ“. Der seit über 60 Jahren öffentlich veranstaltete Antikriegstag gründet auf den furchtbaren Erfahrungen zweier Weltkriege und der Ablehnung eines drohenden Atomkrieges.

So wie wir gestern die „Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch“ (Verteidigungsminister Struck) abgelehnt haben, so heute den Kriegskurs und Aufrüstung im Namen einer „wertebasierten Außenpolitik“. Wir stehen nicht für diese Werte von Staaten der NATO- oder EU, die auf einer kapitalbasierten Interessenpolitik gründen, die weltweit Ausbeutung von Menschen und der Natur, krasse soziale Ungleichheit, Flüchtlingsabwehr, extralegale Tötungen, Folter, Hegemonie sowie Bomben und Krieg bedeuten.

Der Krieg in der Ukraine ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg Russlands, er wird unter Missachtung menschlicher Werte barbarisch geführt, von Russland, das ist klar und hören wir täglich, jedoch auch von der Ukraine und der sie hochrüstenden und mit Aufklärungsdaten versehenden NATO, das hören wir nicht. Auch Angreifer und Verteidiger ist komplizierter als wir seit Kriegsbeginn hören. Gräueltaten werden mit Sicherheit begangen, von beiden Seiten ‒ das gehört zum Wesen eines Krieges. Der einzige Weg sie zu verhindern ist, alles zu tun, um die Kampfhandlungen so schnell wie möglich zu stoppen.

Der Krieg in der Ukraine ist auch zum Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland geworden. Daneben wird von den NATO-Staaten, der EU und ihren Verbündeten ein Wirtschaftskrieg geführt. Der wird bei weitem nicht von der Mehrheit der Länder geschweige denn der Menschen dieser Erde unterstützt. Diese Sanktionen haben bislang keine Änderung der russischen Kriegsführung gebracht, feuern hierzulande eine Inflationsspirale an und treffen die Menschen im globalen Süden noch viel schlimmer.

Die USA mit und ohne NATO, der sogenannte freie Westen, hat menschenverachtende Kriege geführt in Vietnam, in Afghanistan, im Irak, in Jugoslawien, in Libyen – rücksichtslos wie Russland im jetzigen Ukraine-Krieg. Kriege bringen unermessliches Leid hervor. Deshalb lehnen wir vom Friedensbündnis Kriege und ihre Propaganda dafür grundsätzlich ab.

Aufrüstung und Kriegsunterstützung gehen zu Lasten von Sozialpolitik und verstärken die weltweite soziale Ungleichheit.

Die Lieferung von immer mehr und schweren Waffen in die Ukraine verlängert den Krieg und kostet immer mehr Menschenleben, zerstört immer mehr von dem, was angeblich geschützt werden soll, führt zur Verrohung und weiteren Militarisierung.

Der deutsche Rüstungshaushalt wurde seit 2012 bis jetzt 2022 von fast 32 Milliarden Euro auf über 50 Milliarden gesteigert – ein Plus von 58%. Mit dem so genannten 2-Prozent BIP-Ziel werden es über 70 Milliarden, Deutschland dann der Staat mit dem weltweit drittgrößten Rüstungshaushalt hinter den USA und China. Plus 100 Milliarden Sondervermögen Bundeswehr für Aufrüstung beenden keinen Krieg, liefern aber die Rüstung für die kommenden Kriege des Westens. Mehr Waffen bedeuten mehr Krieg, mehr Konflikte und mehr menschliches Leid. In der Aufrüstungsspirale gibt es nur Verlierer, mit Ausnahme der Rüstungsindustrie, dort gehen Renditen und Dividenden durch die Decke. Von den 2.000 Milliarden Dollar Rüstung weltweit 2021 gehen über zwei Drittel auf das Konto des Westens. Das ist nicht die gerne argumentierte Notwendigkeit zur Aufrüstung, das ist Hegemonie.

Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto mehr wächst die Gefahr einer Ausweitung des Krieges zur unkontrollierten Eskalation. Die USA richten ihren Blick einerlei unter welchem Präsidenten schon seit längerem auf den Pazifikraum und gegen China. Im Windschatten des Ukraine-Krieges hat sie auch NATO-Länder, darunter Deutschland dazu gebracht, Militärpräsenz und Manöverteilnahme zu zeigen. Es wird bewusst auf das Risiko militärischer Konfrontation gesetzt.

Die geostrategische Konfrontation entlang des Westblocks, gegen Russland und China bedroht das Leben aller Menschen dieser Welt, führt zur Verarmung und zur Zerstörung des Planeten. Es braucht eine stärkere Bewegung gegen Aufrüstung und Krieg, gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf unseren Rücken. Fallen wir den Kriegsbefürwortern, egal wo, in den Arm.

  • Der Krieg in der Ukraine ist sofort zu stoppen.
  • Die NATO ist kein Friedensbündnis: Austreten, Auflösen, Abschaffen!
  • Nein zu Atomwaffen! Nein zu allen Kriegen!
  • Für Abrüstung! Wir stehen immer noch dazu: Frieden schaffen ohne Waffen.

Vielen Dank.

 

Hans-Jürgen Schuhladen-Krämer ist aktive beim Karlsruher Friedensbündnis.