Redebeitrag für die Kundgebung an Urananreicherungsanlage Gronau am 4. August 2019

 

"Kein atomares Wettrüsten – Urananreicherung sofort beenden"

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir erleben gegenwärtig zwei weltweit bedrohliche Krisen, die das Überleben für uns Menschen auf unserem Planeten in Frage stellen:

  • Die Bedrohung durch den Klimawandel und der fehlende politische Wille darauf mit konkreten Schritten und Maßnahmen für eine rasche sozialökologische Transformation zu antworten.
  • Die Absage von jeglicher Rüstungskontrolle durch die Großmächte, sowohl in Bezug auf Atomwaffen und auch konventionelle Waffensysteme.
  • In einer Zeit, wo angesichts der Klimakrise die internationale Zusammenarbeit und das internationales Recht gestärkt werden muss, verfolgen die mächtigsten Staatenführer in denUSA, Russland und China Interessens- und Machtpolitik pur. Atomwaffen werden allerorts von den Atomwaffenstaaten modernisiert, die Rüstungsausgaben und Rüstungsexporte steigen.
  • Atomwaffenmächte wollen uns glauben machen, dass wir die atomare Abschreckung für unsere Sicherheit brauchen. Den Atomkrieg kann die USA gewinnen, sagt Donald Trump beim Besuch des pakistanischen Präsidenten in den USA vor zwei Wochen. Wie? Mit sogenannten kleinen Atomwaffen. Atomkrieg – gewinnbar – mit kleinen smarten Atomwaffen – diese Erzählung wird seit nunmehr 20 Jahren in den Atomwaffenlabors der USA vorangetrieben.
  • Wir, die Friedensbewegung, die Antiatombewegung und die Klimabewegung sagen nein! Ihr lügt! Ein auch nur begrenzter Atomkrieg zwischen zwei Atommächten wie Indien und Pakistan zerstören das Leben von Millionen von Menschen sofort. Ein Atomkrieg führt zu einem plötzlichen Klimasturz, die globale Durchschnittstemperatur würde um 1,25 Grad fallen, das ist das Phänomen des nuklearen Winters, das bedeutet für uns Menschen auf der Nord- und auf der Südhalbkugel Hungersnöte ,Weizen, Reis, und andere Grundnahrungsmittel würden für 10 Jahre oder länger nicht mehr wachsen.

Hier, vor der Urananreicherungsanlage in Gronau, möchte ich Euch ins Gedächtnis rufen, dass Atomenergie, die Atomtechnologie, den Treibstoff für die Atombombe darstellt. Atomkraft begann militärisch – im Manhattan-Projekt in den USA und im Kurschatow-Institut in der Sowjetunion. Die Atombomben – Abwürfe von Hiroshima und Nagasaki während des zweiten Weltkriegs brachten unermessliches Leid und riesige Zerstörung für die japanische Bevölkerung.

Die Urananreicherung wie sie hier in Gronau betrieben wird, stellt, technologisch gesehen, den Schlüssel, die Eintrittspforte für die Atomwaffenindustrie dar. Entscheidend ist am Ende lediglich der Grad der Anreicherung. Der technische Schritt von einem zivilen zu einem militärischen Atomprogramm ist also vor allem eine Frage der Zahl und Leistung der Zentrifugen sowie der Dauer der Anreicherung. Wenn wir uns heute die politisch-strategischen Papiere der Atomwaffenindustrie anschauen – die altbekannte Pro-Atom-Energie - Propaganda und das Renaissance –Geschwafel mal beiseite gelassen- dann finden wir heraus, worum es der Atom(waffen) - Industrie und den Politikern der Atomstaaten wirklich geht: Ohne zivile Atomindustrie sind Atomwaffenprogramme nicht machbar,sagen hohe Militärs, Industrielle und Politiker in allen Atomwaffenstaaten. Oder Zitat: „Das gesamte US-amerikanische Atomunternehmen – Waffen, Bootsantrieb, Nichtverbreitung,Anreicherung, Brennstoffproduktion und Verhandlungen mit internationalen Partnern – hängt von einer robusten zivilen Atomindustrie ab.“

Der internationale Konzern Urenco mit seinen vier Standorten ist ein Paradebeispiel für diesegegenseitigen zivil-militärischen Abhängigkeiten: Der Grad der Anreicherung soll -je nach Bedarf-auf 19,25 % gesteigert werden können. Solch höher angereichertes Uran soll für Atomreaktoren in militärischen U-Booten –Flotten eingesetzt werden, z.B. die OHIO - Unterseeboote, die mit 24 atomaren Interkontinentalraketen oder 154 atomaren Marschflugkörpern bestückt sind und ständig um die ganze Welt kreisen.

Mein Fazit:

Friedensbewegung, Antiatombewegung und Klimabewegung gehören zusammen!

  • Um den Klimawandel einzugrenzen, brauchen wir keine Atomkraft, keine Atomtechnologie.
  • Um den Klimawandel einzugrenzen, brauchen wir als Grundlage eine Friedenspolitik.
  • Um den Klimawandel einzugrenzen, brauchen wir eine Politik, die Energiewende, Verkehrswende,Agrarwende gleichsam vorantreibt für uns alle, sozial gerecht, für die Armen wie die Reichen.

Sicherheitspolitik als Grundlage für den Frieden geht nur ohne Atomwaffen. Die Bundesregierungmuss daher den Vertrag über die Stationierung 20 US Atombomben, die in Büchel stationiert sind,kündigen. Und der Aufrüstungspolitik einen Absage erteilen. Wir wollen, dass die Politik Geld für die notwendigen Maßnahmen für eine sozialökologische Wende zur Eindämmung des Klimawandels beschließt.

 

Dr. med. Angelika Claußen, IPPNW-Vizepräsidentin für Europa.